Der Fingerabdruck von Kunststoffen
Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München haben neue Wege für das Recyceln von Kunststoffen entwickelt. Mithilfe ihres Verfahrens können unterschiedliche Polymere automatisch sortiert und dadurch besser wiederverwertet werden.
04.09.2014
LMU-Forscher um Professor Heinz Langhals vom Department Chemie sind der Lösung des Müll-Problems einen Schritt näher gekommen. Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem Plastik effizienter maschinell sortiert werden und dadurch besser wiederverwertet werden kann. Dabei nutzen sie die fluoreszierenden Eigenschaften von Plastik. „Kunststoffe leuchten nach einem Lichtimpuls in einem genau bestimmbaren Zeitverlauf. Ihre Fluoreszenzabklingzeiten sind sehr charakteristisch, wie ein Fingerabdruck“, sagt Langhals. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher aktuell in der Fachzeitschrift Green and Sustainable Chemistry.
Bei der neuen Methode, die inzwischen zum Patent eingereicht ist, werden die kleinen Plastikpartikel kurz angeblitzt. Sensoren messen im Anschluss, wie lange und mit welcher Intensität das Material nach dem Lichtimpuls leuchtet. Unterschiedliche Polymermaterialien können so anhand ihrer spezifischen Fluoreszenzabklingzeiten identifiziert werden. „Bei diesem Verfahren können Messfehler fast ausgeschlossen werden, da immer dieselbe Zeitkonstante erfasst wird, wie zum Beispiel auch beim radioaktiven Zerfall“, erklärt Langhals.
Eine Funktionsjacke aus PET-Flaschen
Im Gegensatz zur Wiederverwertung von Metallen, deren Materialqualität beim Recyceln oftmals sinkt, können Kunststoffe effizient aufbereitet werden. „Polymere bilden eine interessante Basis für einen technologischen Stoffkreislauf. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist ein sortenreines
Material. Dann lassen sich zum Beispiel PET-Trinkflaschen relativ einfach sogar zu einer Funktionsjacke recyceln“, sagt Langhals.
Technische Polymere werden zu einem überwiegenden Teil als Thermoplasten, das heißt durch Aufschmelzen und Formen im Spritzgießverfahren, gebildet. Beim erneuten Einschmelzen der Kunststoffe verschlechtern sich jedoch die Materialeigenschaften erheblich, wenn nicht sortenrein sortiert wurde. Bereits bei fünf Prozent Fremdmaterial sinkt die Qualität des recycelten Kunststoffs. Grund für das „Downcycling“ ist, dass sich Polymere in der Regel nicht mischen lassen und eine hohe Unverträglichkeit mit anderen Kunststoffen aufweisen. Das Vermischen unterschiedlicher Sorten beim Einschmelzen führt daher oft zu einer Kornbildung und damit zu einer schlechteren Qualität des recycelten Produkts. Hochwertige Kunststoffe werden aus diesem Grund ausschließlich bei der Herstellung – und nicht beim Recycling – gewonnen.
Das könnte sich mit der neuen Methode der LMU-Forscher ändern. „Die Lösung des Müllproblems ist nur auf chemischem Weg möglich. Unser Verfahren kann in erheblichen Maß zum Umweltschutz beitragen, da es ein automatisches Sortieren ermöglicht“, sagt Langhals. Im Extremfall könnten über die Messung der Fluoreszenzabklingzeiten je Sortierlinie bis zu 1,5 Tonnen Plastik pro Stunde identifiziert und sortiert werden. Mit diesen Mengen erfülle das Verfahren bereits die Erfordernisse der Großindustrie.