Enzyme von Evonik sollen Erdöl Konkurrenz machen
Forscher des Spezialchemieunternehmens Evonik Industries haben in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Graz einen biokatalytischen Zugang zu 1-Alkenen wie Propen und 1-Buten gefunden. Solche Kohlenwasserstoff-Verbindungen gelten als Schlüsselsubstanzen, aus denen die chemische Industrie in ihrer ausgeklügelten Verbundproduktion hochwertige Produkte gewinnt. Evonik nutzt beispielsweise Propen für die Herstellung von Superabsorbern oder Methionin, 1-Buten dient als Baustein für viele Polyethylentypen und kann als Rohstoff für die Herstellung von Weichmachern genutzt werden.
31.12.2015
Bislang werden solche Ausgangsstoffe kaum mit Hilfe der Biokatalyse hergestellt; führende Wissenschaftler bezeichnen die Ausdehnung biotechnologischer Prozesse auf Basis-, Bulk- und zahlreiche Spezialchemikalien als eine bis heute noch weitgehend ungelöste Herausforderung. Dr. Thomas Haas, Leiter des Bereichs Science & Technology bei Creavis, der strategischen Innovationseinheit von Evonik, sagt: „Wenn es uns gelingt, hier technisch und wirtschaftlich machbare Lösungen zu entwickeln, könnten wir biotechnologische und petrochemische Prozesse in der chemischen Industrie effizient und wertschöpfend zu einem Verbund verknüpfen“.
Eine erste Tür auf diesem Weg haben die Forscher aus Industrie und Universität Graz um Professor Kurt Faber nun aufgestoßen: Als Ausgangsstoff für die 1-Alkene dienen in der Natur vorkommende kurzkettige Alkansäuren – also gesättigte Fettsäuren, die von Bakterien produziert werden. Haas sagt: „Das Team hat ein Jahr lang nach einem Enzymsystem gesucht, das die Umwandlung der gesättigten Fettsäuren in 1-Alkene bestmöglich katalysiert – mit Erfolg.“
Ein etabliertes Enzymsystem, die P450-Monooxygenase OleT, katalysiert diese chemische Reaktion – die oxidative Decarboxylierung von Alkansäuren zu 1-Alkenen – sehr effizient und substratspezifisch. Die benötigten Elektronen für die Oxidation werden vom Sauerstoff der Luft aufgenommen – hierfür sorgt eine Kaskade aus zwei weiteren Enzymsystemen. Haas beschreibt die nächsten Schritte: „Wir arbeiten jetzt daran, unsere Enzymkombination in lebende Zellen zu transferieren. Bis zu einer späteren großtechnischen Produktion haben wir jedoch noch einen sehr weiten Weg vor uns.“
Haas und sein Team arbeiten beharrlich an dem Ziel, nachwachsende Rohstoffe mit Hilfe biotechnologischer Prozesse für die chemische Industrie nutzbar zu machen. Haas erläutert: „Nur wenn biotechnologische Prozesse in die chemische Verbundproduktion integriert werden können, lassen sich fossile und biogene Rohstoffströme gleichsam nutzen. So wollen wir die etablierten, effizienten Wertschöpfungsketten der Industrie erhalten und ausbauen.“