Strom aus Industrie-Abwärme
Die wirtschaftliche Erzeugung von Strom aus der Wärme Thermischer Abluftreinigungsanlagen ist Thema eines Forschungsprojekts an der Technischen Hochschule Mittelhessen. Projektleiter am Gießener Institut für Thermodynamik, Energieverfahrenstechnik und Systemanalyse ist Prof. Reinhold Altensen. Kooperationspartner sind die Wetzlarer Firma WK Anlagenbau und das Ingenieurbüro Richarts & Schlitt aus Kirtorf. Das Land Hessen fördert das Vorhaben mit 436.000 Euro.
04.09.2015
In vielen industriellen Prozessen entsteht schadstoffbelastete Abluft. Sie wird in Thermischen Abluftreinigungsanlagen mit Erdgas oder Heizöl angereichert und verbrannt. Die Schadstoffe werden so mit einem energieintensiven Verfahren in unschädliche Verbrennungsprodukte umgewandelt. Die Abluft wird aktuell nicht effektiv genutzt, weil in der Regel kein entsprechender Wärmebedarf vorhanden ist. Konventionelle Verfahren zur Stromerzeugung aus der Abwärme erfordern hohe Investitionskosten bei einem geringen Wirkungsgrad und sind deshalb nicht wirtschaftlich.
Im aktuellen Projekt soll eine Mikrogasturbine für die Stromerzeugung eingesetzt werden. In diesem Prozess erfolgt die Wärmezufuhr üblicherweise nach der Verdichtung des Arbeitsgases. Aus verschiedenen – vorwiegend sicherheitstechnischen Gründen – ist dies bei Thermischen Abluftreinigungsanlagen nicht möglich. Die Wissenschaftler wollen deshalb den Strom ohne Überdruck erzeugen. In diesem „atmosphärischen Gasturbinenprozess“ kommt unter anderem ein preisgünstiger Turbolader aus der Fahrzeugtechnik zum Einsatz. Mit einer Versuchsanlage sollen Auslegungs- und Betriebserfahrungen gesammelt werden.
Prototyp
„Unsere Versuchsanlage wird ein Prototyp sein, mit der wir klären wollen, wie marktfähige Ausführungen aussehen können“, sagt der Wissenschaftliche Mitarbeiter Johannes Lang, der das Projekt koordiniert. So gehe es neben einer optimalen Auslegung zum Beispiel auch darum herauszufinden, in welchen Fällen schädliche Substanzen im Abgas das entwickelte Verfahren nicht zuließen.
Reinhold Altensen sieht sehr gute Vermarktungschancen für die neue Technik. „Hohe Wirkungsgrade, eine einfache Gestaltung und der Einsatz von Standardprodukten aus dem Automotivebereich der Industrie bedeuten geringe Investitionskosten und eine schnelle Amortisation.“ Immer höhere Anforderungen an die Reinheit von Industrieabluft hätten zu einer sprunghaften Zunahme Thermischer Abluftreinigungsanlagen geführt. Dieser Trend setze sich fort, sodass der Projektleiter in den nächsten 30 Jahren allein in Deutschland ein Umsatzpotential von mindestens 50 Millionen Euro sieht.
Das Vorhaben am Fachbereich Maschinenbau und Energietechnik hat ein Gesamtvolumen von mehr als 800.000 Euro und läuft bis Mitte 2017. Es wird im Rahmen der Förderlinie 3 der hessischen „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (LOEWE) unterstützt. Damit bezuschusst die Landesregierung Projekte, bei denen Hochschulen mit kleinen und mittleren hessischen Unternehmen zusammenarbeiten.