Mehr Ertrag pro Tropfen Wasser
Die Menschheit muss ihre Nahrungsproduktion steigern bei begrenzter Wasserverfügbarkeit. Bereits heute ist die Wassernutzung nicht nachhaltig. Da Pflanzen bei der Photosynthese viel Wasser verlieren, ist dies weltweit der größte begrenzende Faktor für bessere Ernten. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben einen Lösungsansatz: Sie konnten Pflanzen dazu bringen, Wasser effizienter zu nutzen ohne ihr Wachstum zu reduzieren. Zu Hilfe kam ein Sparmodus, der es Pflanzen ermöglicht, Kohlendioxid mit weniger Wasserverlust aufzunehmen.
28.07.2016
Dieser Wassersparmodus wird von Pflanzen bei Wassermangel aktiviert. TUM-Wissenschaftler konnten nun das aktivierende Signal dafür identifizieren und den Sparmodus permanent einschalten, was sie in der aktuellen Ausgabe von PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA) vorstellen. Ein möglicher Lösungsansatz für das Problem, dass weltweit etwa 70 Prozent des genutzten Wassers im Agrarsektor verbraucht werden.
Aufgrund nicht nachhaltiger Wasserentnahme, vor allem für die Landwirtschaft, sinken die Grundwasserspiegel der Kontinente. Pro Jahr werden netto etwa 200 Kubikkilometer Wasser – das entspricht 65 mal der Wassermenge des Starnberger Sees – vom Land in die Meere verlagert und tragen damit zu etwa 30 Prozent zum Anstieg der Meeresspiegel bei. Laut Weltagrarbericht ist der Wasserbedarf heute dreimal so hoch wie noch vor 50 Jahren. Die Zukunftsaussichten: Bis zum Jahr 2050 soll der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft nochmals um ein weiteres Fünftel steigen.
Rund 80 Prozent des von den Landmassen in die Atmosphäre abgegebenen Wassers verdunsten nicht direkt, sondern das Wasser wird durch Pflanzen über ihre Wurzelaufnahme und Blatttranspiration mobilisiert. Es ist deshalb ein zentrales Ziel, Kulturpflanzen mit verbesserter Wassernutzung zu finden, um den hohen Wasserverbrauch der Landwirtschaft zu drosseln und die zukünftige Nahrungssicherheit zu gewährleisten.
Wie die Pflanzen den Gasaustausch regulieren
Über die Spaltöffnungen des Blattes können Pflanzen den Gasaustausch von Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf steuern. Ein Schließen der Spaltöffnungen verringert den Wasserverlust, behindert aber auch die CO2 Aufnahme. Je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit kostet die Aufnahme eines CO2-Moleküls die Pflanze etwa 500 bis 1.000 Moleküle Wasser. Pflanzen vermögen jedoch unter Wassermangel die interne CO2-Konzentration zu verringern und dadurch den CO2-Einstrom in die Blätter wirkungsvoller zu machen.
„Die Wasserkosten der CO2-Aufnahme können Pflanzen halbieren“, sagt Professor Erwin Grill vom Lehrstuhl für Botanik der TUM – „jedoch schalten Pflanzen nur bei Wasserknappheit in diesen Wassersparmodus“. In Feldkulturen würden Pflanzen mit einem ständig aktivierten Wassersparmodus dem Boden Feuchtigkeit bewahren, die später bei Trockenheit für Wachstum und Überleben der Kulturen zur Verfügung stünde.
Pflanzenhormon aktiviert den Wassersparmodus
Wie das Team der Wissenschaftler herausfand, ist das Pflanzenhormon namens Abscisinsäure verantwortlich für das Umschalten in den Wassersparmodus. Das Pflanzenhormon wird bei Wassermangel vermehrt gebildet. Es gibt in der Modellpflanze Arabidopsis, auch Ackerschmalwand genannt, 14 für dieses Hormonsignal zuständige Pflanzenrezeptoren. Die Münchner Forscher konnten zeigen, dass eine vermehrte Bildung mancher dieser Rezeptoren, die Pflanzen schon bei guter Wasserversorgung in den Wassersparmodus wechseln lässt. Drei dieser Rezeptoren beeinträchtigten das Pflanzenwachstum nicht. Bis zu 40 Prozent des zuvor benötigten Wassers konnte bei unveränderter Wuchsleistung der Pflanzen eingespart werden.
Erste Versuche belegen Wasserspareffekte auch unter simulierten Feldbedingungen
„Im weiteren Schritt gilt es nun zu klären, ob unter Feldbedingungen diese Einspareffekte auch zu beobachten sind“, sagt Professor Hans Schnyder vom Lehrstuhl für Grünlandlehre der TUM und Mitautor der Studie. Erste Simulationsversuche in Klimakammern des Helmhotz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, unterstützen diese Annahme.
„Ob auch die für die Ernährung wichtigen Pflanzen wie Weizen, Mais und Reis mehr Biomasse bei der gleichen Wassermenge mit diesem Mechanismus erzeugen können, bleibt zu zeigen“, sagt Professor Grill. „Wir sind aber zuversichtlich, denn die beteiligten Mechanismen sind in allen Pflanzen zu finden. Sollte der Transfer von der Modellpflanze Arabidopsis in diese Kulturpflanzen gelingen, wäre ein wichtiger Schritt zur zukünftigen Sicherung der Ernährung getan.“