Nahrungsvielfalt bekämpft Mangelernährung
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist die Mangel- und Fehlernährung der ländlichen Bevölkerung in Entwicklungsländern. Die zunehmende Urbanisierung, die auch in diesen Ländern zu beobachten ist, wird das Problem auf dem Land noch verschärfen. Lange Zeit zielten forschungs- und entwicklungspolitische Strategien zur Ernährungssicherung in Entwicklungsländern auf die zur Verfügung stehende Nahrungsmenge ab. Die Nahrungsmittelqualität und -vielfalt hatte in diesem Kontext oftmals einen geringen Stellenwert. Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) koordiniert ein Forschungsprojekt zur Ernährungssicherung in Tansania, mit dem das Thema angegangen wird.
27.01.2016
Chronische Mangelernährung spielt in Tansania eine große Rolle, insbesondere bei Kindern und Frauen. So leiden mehr als 40 Prozent der tansanischen Kinder unter fünf Jahren an „Stunting“: Das Körperwachstum dieser Kinder ist für ihr Alter zu gering, eine eingeschränkte körperliche und geistige Entwicklung ist die Folge. Die Ursache dafür liegt unter Anderem in einer Unterversorgung mit essenziellen Mikronährstoffen.
Diese geht einerseits auf eine eingeschränkte Nahrungsvielfalt durch Verknappung ländlicher Nutzflächen, ineffiziente Produktionssysteme und fehlende Märkte zurück. Andererseits ist auch die Nahrungsqualität einschränkt durch Verluste bei der Zubereitung und Lagerung und ein zu geringes Ernährungswissen. Eine Verbesserung der Situation wird dadurch erschwert, dass traditionell Frauen hauptverantwortlich für die Versorgung der Familie sind, die Entscheidungen zur Nutzung der Flächen sowie die Ausgaben des erwirtschafteten Gelds aber Männern vorbehalten sind.
Ernährungsqualiatät verbessern
Das Ernährungssicherungsprojekt „Scaling-up Nutrition:Anwendungsmöglichkeiten einer ernährungssensitiven und diversifizierten Landwirtschaft für eine verbesserte Ernährungssicherung“ (Scale-N) wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. Es zielt auf eine qualitativ verbesserte Ernährung mittels diversifizierter Landwirtschaft im ländlichen Tansania ab. Das Projekt setzt an verschiedenen Problempunkten an.
So werden gezielt nährstoffreiche (pflanzliche) Lebensmittel untersucht, die in den Regionen vorkommen, und zwar unter Berücksichtigung eines effizienten Umgangs mit Ressourcen in effizienten Produktionsverfahren. Vielversprechende Anbauverfahren nährstoffreicher Lebensmittel werden gemeinsam mit den Menschen vor Ort optimiert, ebenso die Lebensmittellagerung und verarbeitung. Innovationen wie die so genannten Küchengärten werden erprobt und schließlich das Wissen auf lokaler Ebene (mit Ernährungsschulungen) und auch auf regionaler und nationaler Ebene verbreitet.
Küchengärten
Küchengärten stellen eine vielversprechende ernährungssensitive Innovation dar, die bereits im Trans-SEC Projekt in einzelnen tansanischen Haushalten eingeführt wurde. Der Begriff „Küchengarten“ beschreibt eine Vielzahl kleiner Anbauflächen für Obst und Gemüse, die sich in direkter Nähe zu den jeweiligen Haushalten befinden. Je nach zur Verfügung stehender Fläche, Bodenbeschaffenheit und Wasserverfügbarkeit können Küchengärten in verschiedenen Formen angelegt sein.
Küchengärten als traditionelles Landnutzungssystem nahe der Heimstätte bietet den Haushalten eine Möglichkeit, ganzjährig nährstoffreiches Obst und Gemüse anzubauen, welches hauptsächlich für den Eigenverzehr in den Familien vorgesehen ist. Bei der Planung und Implementierung von Küchengärten zielt Scale-N auf einen partizipativen Ansatz ab.
Abhängig von gegebenen finanziellen und natürlichen Ressourcen wird die geeignete Form des Küchengartens gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung in Workshops erarbeitet. Diese bieten eine Plattform zum Erfahrungsaustausch der lokalen Bevölkerung mit Stakeholdern und Wissenschaftlern, um Vor- und Nachteile der Anbaumethoden zu evaluieren und gemeinsam Optimierungsstrategien zu entwickeln.