Besserer Schutz des Seeufers
Unter dem Titel „Seeufer: Wellen – Erosion – Schutz – Renaturierung“ hat das an der Universität Konstanz koordinierte Forschungsprojekt „HyMoBioStrategie“ Handlungsempfehlungen für den Gewässerschutz an Seeufern veröffentlicht. Die intensiven Forschungsarbeiten am nördlichen Bodenseeufer wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.
04.12.2019
Natürlich erhaltene Seeufer sind in Alpenseen Mangelware und verdienen es daher, vor weiteren Uferverbauungen und Nutzungen geschützt zu werden. „Das gilt insbesondere am Bodensee“, betonen Dr. Hilmar Hofmann und Dr. Wolfgang Ostendorp von der Universität Konstanz, die zusammen mit weiteren Fachleuten Handlungsempfehlungen für den Gewässerschutz an Seeufern herausgegeben haben. Der 155 Seiten starke Band ist das Ergebnis des dreijährigen Forschungsprojektes „HyMoBioStrategie“, das von 2015 bis 2018 am Limnologischen Institut der Universität Konstanz koordiniert wurde.
Unter dem Titel „Seeufer: Wellen – Erosion – Schutz – Renaturierung“ werden in zehn Einzelbeiträgen die Ergebnisse des Forschungsprojektes „HyMoBioStrategie“ zusammengefasst. Die intensiven Forschungsarbeiten am nördlichen Bodenseeufer wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. „Mit den thematisch breit gefächerten Handlungsempfehlungen wollen wir über den aktuellen Wissensstand hinaus allen Akteuren Anregungen für die Praxis und Denkanstöße für die zukünftige Arbeit geben, denen das nachhaltige Management der Seeuferzone am Herzen liegt“, sagt Hilmar Hofmann, Seenphysiker am Limnologischen Institut der Universität Konstanz.
Die Mitwirkenden des Forschungsprojekts „HyMoBioStrategie“
Neben den Arbeitsgruppen Umweltphysik und Aquatische Ökologie der Universität Konstanz waren das das Landesamts für Denkmalpflege in Hemmenhofen, das Büro lanaplan und das Regierungspräsidiums Tübingen sowie weitere assoziierte Partner an dem Forschungsprojekt „HyMoBioStrategie“ beteiligt.
Forschungsschwerpunkte und Handelsempfehlungen
Einen Schwerpunkt des Projektes bildete die Entwicklung neuer Messsysteme und hydrodynamischer Modelle, die grundlegende Daten und Ergebnisse zu den Eigenschaften und der Dynamik von Wellen, Strömungen, zum Sedimenttransport und zu der Ufererosion liefern. Das autonom arbeitende Messfahrzeug „Hydrocrawler“, das vom Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik entwickelt wurde, kann zum Beispiel den Seeboden vermessen oder fotografieren und mit physikalischen Methoden die Schichtabfolge im Sediment untersuchen. Ergänzt wird diese Messeinrichtung durch ein Unterwasser-Georadar zur Erforschung der tieferen Sedimentschichten, das gemeinsam von der Technischen Universität Darmstadt und dem Institut für Seenforschung in Langenargen der Landesanstalt für Umwelt erprobt wurde.
Das Landesamt für Denkmalpflege in Hemmenhofen erforschte den Sedimenttransports und die Erosion von Unterwasser-Denkmälern des Bodensees, von denen einige, wie die Pfahlbauten nahe der Bodenseegemeinde Unteruhldingen, als UNESCO-Welterbe ausgewiesen sind. Ziel ist, ein langfristiges Monitoringprogramm umzusetzen, mit dem die Pfahlbaureste in der Flachwasserzone dauerhaft vor Umweltbelastungen geschützt werden können.
Mit dem durch die Arbeitsgruppe Umweltphysik der Universität Konstanz neu entwickelten Sedimenttransportmodell für den Bodensee konnte am Beispiel der in den 1970er Jahren vorgenommenen Hafenerweiterung in Unteruhldingen gezeigt werden, wie diese im Speziellen und Uferverbauungen im Allgemeinen zur Erosion archäologischer Fundstätten beitragen.
Einen weiteren Schwerpunkt der Handlungsempfehlungen bilden die Auswirkungen der Fahrgastschifffahrt auf das Wellenfeld, auf Strömungen und die Sedimentverfrachtung im Uferbereich. Als besonders kritisch stellte sich die Umgebung der Schiffsanleger heraus, an denen es, wie am Beispiel des Anlegers in Kressbronn gezeigt wurde, zu massiver Sedimenterosion kommt. Vorgeschlagen werden in den Handlungsempfehlungen kurzfristige und langfristige Gegenmaßnahmen, wie beispielsweise den Mindestabstand der Schiffe vom Ufer zu erweitern beziehungsweise die Schiffsrümpfe zu modifizieren. Hilmar Hofmann plädiert für einen „Runden Tisch Schifffahrt“, der alle Akteure und Experten zusammenbringt.
Weitere Themen der Handlungsempfehlungen behandeln die Auswirkungen der Ufermauern auf die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Kartierung und ökologische Bewertung der Ufernutzungen vor dem Hintergrund der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Die praktische Vorgehensweise bei der Planung und Durchführung von Uferrenaturierungen wird in einem Beitrag des Regierungspräsidiums Tübingen aufgezeigt.
Die Autorinnen und Autoren erhoffen sich, dass die Ergebnisse und die Forschungsansätze von den Gewässerschutzbehörden am Bodensee in die tägliche Praxis integriert werden. Damit könnten die Kulturdenkmäler in der Flachwasserzone besser geschützt und die biologische Vielfalt der Uferzone, zum Beispiel durch Uferrenaturierungen, langfristig erhalten werden.