incampus in Ingolstadt eröffnet: neuer Boden für Ideen
Nach sieben Jahren aufwendiger Bodensanierung und Bauzeit ist es so weit: In Anwesenheit des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder und des Oberbürgermeisters von Ingolstadt, Dr. Christian Scharpf, wurde der Technologiepark incampus offiziell eingeweiht. Auf dem ehemaligen Raffineriegelände arbeitet Audi gemeinsam mit Partnern an der Zukunft der Mobilität.
20.11.2023
Bereits jetzt befinden sich auf dem incampus unter anderem das neue Fahrzeugsicherheitszentrum und ein Rechenzentrum von Audi sowie der größte Tech Hub von CARIAD, dem Softwareunternehmen im Volkswagen Konzern.
Die IN-Campus GmbH ist ein Joint Venture der Stadt Ingolstadt durch ihr Beteiligungsunternehmen IFG AöR und der AUDI AG. Sie hat einen Technologiepark geschaffen, der unter anderem bereits von der VW-Softwareschmiede Cariad und der Technischen Hochschule Ingolstadt genutzt wird. Audi selbst feiert mit der offiziellen Eröffnung des incampus auch die Einweihung seines neuen Fahrzeugsicherheitszentrums auf dem Gelände. Ein neues Rechenzentrum des Unternehmens hat am incampus bereits 2022 seinen Betrieb aufgenommen. Raum für weitere Unternehmen und Institutionen wird in folgenden Bauabschnitten entstehen.
Bei der Einweihungszeremonie haben der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Ingolstadts Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf gemeinsam mit Audi CEO Gernot Döllner und Cariad CEO Peter Bosch den Technologiepark offiziell eröffnet. „Mit der Eröffnung des incampus in Ingolstadt ist auf einer ehemaligen Alt-Raffinerie ein modernes Innovations- und Technologiezentrum für Mobilität entstanden. Wissenschaft, Forschung, Innovation und Ökologie kommen hier zusammen“, so Ministerpräsident Söder.
„Am incampus zeigt sich der stete Wandel in unserer Stadt: Auf dem einstigen Raffinerieareal entstehen Innovation und Zukunft. Und damit neue innovative Arbeitsplätze. Es freut mich auch, dass wir nach der Sanierung erhebliche Flächen der Natur zurückgeben können. Die erfolgreiche Kooperation zwischen Wirtschaft und Kommune bei Sanierung und Entwicklung des Areals ist beispielgebend – der incampus ist ein großer Gewinn für Ingolstadt“, sagt Oberbürgermeister Dr. Scharpf. Auch für Audi hat die Zusammenarbeit mit der Stadt Vorbildcharakter für andere Regionen. Gernot Döllner betont: „Um die Zukunft der Mobilität zu gestalten, braucht Audi starke Partner und die Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft. Mit dem incampus schaffen wir die Voraussetzung, die regionale Wertschöpfung zu stärken und gemeinsam mit Partnern wie Cariad an konkreten Lösungen für unsere Vision der Zukunft der Mobilität zu arbeiten.“ Zudem gestalte Audi moderne Arbeitsplätze, zum Beispiel im neuen Fahrzeugsicherheitszentrum.
Das Fahrzeugsicherheitszentrum
Das größte Gebäude auf dem incampus-Gelände ist das neue Fahrzeugsicherheitszentrum. Es misst mit Anlaufbahnen 130 mal 260 Meter. Bei der Konzeption der Anlage wurde insbesondere darauf geachtet, Möglichkeiten für zukünftige Entwicklungen bereitzuhalten. So besteht die integrierte Crasharena aus einem stützenfreien Bereich von 50 mal 50 Metern. Die sich darin kreuzenden Anlaufbahnen ermöglichen Versuchskonfigurationen wie Fahrzeug-Fahrzeug-Kollisionen. Die längste Anlaufbahn ist 250 Meter lang und erlaubt auch Versuche zu Crash-Situationen mit vorangehenden Bremseingriffen.
Ein fester sowie ein mobiler, drehbarer Crashblock mit vier Anprallseiten ermöglichen einen effizienten Betrieb. So können pro Jahr noch wesentlich mehr Gesamtfahrzeug-Crashtests durchgeführt werden als in der bisher genutzten Crashhalle auf dem Werkgelände von Audi in Ingolstadt. Zudem bietet das neue Fahrzeugsicherheitszentrum den rund 100 Mitarbeitenden vor Ort verschiedene weitere Prüfeinrichtungen für System-, Karosserie- und Bauteilprüfungen.
Mehr Informationen zum neuen Fahrzeugsicherheitszentrum finden sich hier.
Das Rechenzentrum
In Nachbarschaft zum Fahrzeugsicherheitszentrum ist ein neues Rechenzentrum von Audi entstanden. Auf einer Geschossfläche von fast 10.000 Quadratmetern unterstützt es die Zukunftsprojekte der Audi AG mit modernster Hard- und Software. Etwa 800 Server- und Datenschränke sind dort auf einer IT-Fläche von 2.400 Quadratmetern verfügbar. Die mögliche Leistung beträgt in der ersten Ausbaustufe rund 2 Megawatt und kann auf bis zu 4,4 Megawatt angehoben werden. Im Technikkonzept des Rechenzentrums stehen maximale Verfügbarkeit, höchste Ausfallsicherheit sowie Energieeffizienz an erster Stelle. So fließt die Abwärme der Server dank eines neuartigen Konzepts in das Gesamtenergieversorgungsnetz des incampus ein und kann andernorts auf dem Areal zum Heizen abgerufen werden. Damit wird das Rechenzentrum vom Verbraucher zum Energieerzeuger.
Softwarekompetenz und Digitalisierung am incampus
Ein prägendes Gebäude am incampus ist das sogenannte Projekthaus: ein Komplex aus vier Baukörpern, die im Nordwesten des Geländes zu finden sind. Die insgesamt 42.000 Quadratmeter große Büro- und Werkstattfläche ist komplett bezogen.
Cariad ist auf dem Campus seit Ende 2020 mit einem Tech Hub angesiedelt. Am incampus befindet sich der größte Standort des Softwareunternehmens: Mehr als 2.000 Caridians arbeiten dort an Tech-Stacks für alle Marken des Volkswagen Konzerns, dazu gehört unter anderem die Entwicklung des digitalen Fahrerlebnisses, des automatisierten Fahrens und der Tech-Plattformen und Clouddienste.
Ein Schwerpunkt am incampus: Cariad entwickelt hier die Premium-Software und Elektronikarchitektur für die Audi und Porsche Modelle, die auf der neuen Premium Platform Electric (PPE) basieren werden. „Am incampus arbeiten Cariad und Audi gemeinsam an Software, die einen Wettbewerbsvorteil für den Konzern darstellen wird“, sagt Peter Bosch, CEO von Cariad. „Gemeinsam mit Audi und Porsche entwickeln wir hier mit der 1.2-Elektronikarchitektur die für die nächsten Jahre wichtigste Softwarearchitektur des Volkswagen Konzerns. Wir führen moderne Arbeitsprozesse und Tools ein für enge Kooperation und höhere Geschwindigkeit.“
Auch die Automated Driving Alliance, in der Cariad und das Partnerunternehmen Bosch gemeinsam Funktionen für das automatisierte Fahren entwickeln, ist dort angesiedelt.
Die modernen Büros verfügen über flexibel wählbare Arbeitsplätze und sind so gestaltet, dass sie insbesondere das agile Arbeiten und den Austausch der Teams fördern. In den weitläufigen Werkstätten und Laboren arbeiten die Cariad-Entwickler:innen daran, die Integration der Software in die Fahrzeuge von Audi und der anderen Konzernmarken voranzubringen.
Im Nordosten des incampus ist ein zweigeschossiges Funktionsgebäude angesiedelt. Dort hat die Technische Hochschule Ingolstadt ihren Leitstand für das Projekt IN2Lab installiert, ein digitales Testfeld für automatisiertes und vernetztes Fahren, an dem sich Audi als Projektpartner beteiligt. Im Funktionsgebäude sind außerdem Schulungsräume, eine incampus-eigene Feuerwache und der Objektschutz untergebracht. Der incampus hat eine direkte Anbindung an die Autobahn A 9. Bereits seit Jahren dient ein Abschnitt der Autobahn als digitales Testfeld für die Entwicklung des automatisierten Fahrens. Dieses Testfeld wurde über die Auwaldseestraße bis zum incampus erweitert.
Das innovative Energieversorgungskonzept
Der incampus ist für bestmögliche Energieeffizienz ausgelegt und soll zum Nullenergie-Campus werden. Während der Technologiepark aktuell noch Ökostrom von außen bezieht, wird das Areal in Zukunft genauso viel erneuerbare Energie erzeugen, wie es verbraucht. Maßnahmen hierfür sind unter anderem Abwärmenutzung, Energiespeicherung sowie intelligente Reglungssysteme. Das modular aufgebaute Energiekonzept des incampus basiert auf drei Grundbausteinen: einem wasserbasierten Rohrleitungssystem, reversiblen Wärmepumpen und einem Cross Energy Concept. Über das Rohrleitungsnetzwerk und die reversiblen Wärmepumpen werden Gebäude auf dem incampus mit der Abwärme anderer Gebäude, etwa aus dem Rechenzentrum, beheizt. So wird Energie eingespart und Energie, die andernfalls ungenutzt verpuffen würde, wird upgecycelt.
Auch die Abstromsicherung zur Reinigung des Grundwassers auf dem incampus-Gelände wird thermisch genutzt: Die elektrischen Pumpen der zehn Brunnen auf dem Areal fördern Wasser aus den Tiefen. Doch bevor es nach der Aufbereitung an anderer Stelle wieder versickert, wird dieses Wasser ebenfalls ins Rohrleitungssystem eingespeist und mittels Wärmetauscher zum Kühlen oder Heizen der Gebäude verwendet.
Überschüssige Wärme- und Kälteenergie wird in drei thermische Energiespeicher in der Energiezentrale geleitet – sie fassen insgesamt 3.000 Kubikmeter. Als zusätzlicher, fast 29.000 Kubikmeter großer saisonaler Wärmespeicher dient in den nächsten Jahren das ehemalige Feuerlöschbecken, das während der Sanierung die Funktion eines Pufferbeckens hatte. Die gespeicherte Wärme oder Kälte sorgt für eine gleichmäßige Energieversorgung über das ganze Jahr.
Ein smartes Cross Energy Concept managt das Zusammenspiel aller technischen Komponenten, steuert Energieerzeuger und -verbraucher, speichert und wandelt überschüssige Energien um, dämpft Verbrauchsspitzen und verschiebt Lasten. Weitere Innovationsbausteine werden nach und nach in das modulare Energiesystem integriert. Eine erste Photovoltaikanlage auf dem begrünten Dach der Energiezentrale sorgt bereits für grünen Strom.
Die Sanierung des Geländes: eine Mammutaufgabe
900 Tonnen Schweröl, 200 Tonnen Leichtbenzin sowie giftige Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS) vom Löschschaum der einstigen Betriebsfeuerwehr – diese Bodenbelastung war die Bilanz der schwerindustriellen Nutzung nach der Raffinerie-Schließung 2008. Im Herbst 2015 erwarb die IN-Campus GmbH, ein Joint Venture der AUDI AG und der Stadt Ingolstadt, das 75 Hektar große Gelände und unterzeichnete wenige Monate später einen öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrag.
Die erforderliche Sanierung von Boden und Grundwasser begann im Herbst 2016 – ausgeführt von der ARGE IN-Campus GbR, einer Arbeitsgemeinschaft aus drei Fachfirmen. Zu den eingesetzten Methoden gehörte unter anderem das sogenannte Air-Sparging, bei dem giftige Stoffe durch Bodenluftabsaugung aus dem Erdreich gelöst werden, sowie der Wabenaushub mit nachgeschalteter Bodenwäsche. Seit Ende 2021 sind die aktiven Sanierungsarbeiten abgeschlossen. 15 Hektar des umfangreich aufbereiteten Geländes sind für die Umwelt reserviert: Hier entsteht ein naturnaher Auwald mit arttypischen Pflanzen als Ausgleichsfläche.
Noch bis 2028 wird die sogenannte Abstromsicherung auf dem Gelände des incampus weitergeführt, bei der aus zehn Brunnen am Rand des Areals das Grundwasser aus dem Boden gepumpt wird. Eine Aufbereitungsanlage reinigt das Wasser zu über 99,9 Prozent von noch vorhandenen Schadstoffen. Die Sanierung des incampus-Geländes ist eines der größten Bodensanierungsprojekte in Deutschland und die erste vollumfängliche Sanierung eines Raffineriegeländes in Bayern.
Ein Ziel beim Aufbau des Hightech-Quartiers war es, den incampus zum integralen Bestandteil der Stadt Ingolstadt zu machen. Beispielhaft steht dafür die rund 50 Meter breite Campus-Ader – eine etwa einen Kilometer lange Allee mit Grünanlagen, die inmitten des Areals Kommunikations- und Begegnungsräume für die Beschäftigten und für Besucher_innen schafft. Zugleich ermöglicht der incampus dank des neu entstehenden Auwald-Biotops auf der 15 Hektar großen Ausgleichsfläche einen Übergang zur Ruhe und Natur des Donauufers.