Innovation & Forschung

SCHOTT produziert erstmals optisches Glas mit 100 Prozent Wasserstoff

Nach erfolgreichen Wannenversuchen testet SCHOTT nun die Eignung von Wasserstoff für die Herstellung von optischen Gläsern. Das Ziel: eine klimaneutrale Produktion bis 2030. Doch grüner Wasserstoff ist knapp. Werden die Tests zeigen, dass Wasserstoff fossile Energieträger ersetzen kann? Das Unternehmen setzt bei dieser Herausforderung auf institutionelle Unterstützung.

03.06.2024

SCHOTT produziert erstmals optisches Glas mit 100 Prozent Wasserstoff

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion ist getan: Nachdem SCHOTT bereits im Frühjahr die Herstellung von optischem Glas mit 100 Prozent Wasserstoff im Labormaßstab erfolgreich getestet hat, ist nun die Umsetzung in den industriellen Maßstab gelungen. Drei Tage lang schmolz der Spezialglashersteller in einer Schmelzwanne in Mainz erstmals optisches Glas ohne den Einsatz von Erdgas. Obwohl bisher grauer Wasserstoff verwendet wurde, da grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien noch nicht ausreichend zur Verfügung steht, brachte der großtechnische Versuch hervorragende Ergebnisse. Die Qualität des Glases wird nun intensiv untersucht. „Der Test mit 100 Prozent Wasserstoff im Bereich Advanced Optics ist Pionierarbeit für die Spezialglasindustrie. Wenn die Tests ergeben, dass auch die Qualität des Glases stimmt und die Glaseigenschaften unverändert bleiben, wäre Wasserstoff tatsächlich eine geeignete Technologieoption“, erklärt SCHOTT Projektleiterin Dr. Lenka Deneke.

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Die Versuchsleiterin betont, dass die Erkenntnisse aus den früheren Wannenversuchen mit bis zu 35 Volumenprozent Wasserstoff die aktuellen Fortschritte maßgeblich beeinflusst haben. Gleichzeitig räumt sie ein, dass es noch viele offene Fragen gibt. Zum Beispiel: Wie beeinflusst der Einsatz von Wasserstoff die komplexen Schmelzprozesse und die Produktqualität? Und wie kann Wasserstoff anstelle von Erdgas effizient eingesetzt werden und welche infrastrukturellen Anpassungen sind notwendig?

Um diese Fragen zu beantworten, wählte SCHOTT als erstes Testprodukt optisches Glas. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass die Gläser höchste Homogenität und Transmissionseigenschaften aufweisen müssen. Dies gilt auch für die frisch geschmolzenen Gläser, die einer strengen Qualitätskontrolle unterzogen werden.

Erfüllt es die hohen Produktansprüche, geht es an die Kunden. „Wir hätten dann die Bestätigung, dass der Einsatz von 100 Prozent Wasserstoff statt fossiler Energie unter industriellen Bedingungen die gleiche Qualität liefert“, so Deneke. Um eine langfristige Umstellung zu gewährleisten, sind weitere Langzeittests und eine kontinuierliche Versorgung mit Wasserstoff über eine Pipeline notwendig. Erst dann wäre das Unternehmen dem strategischen Ziel einer klimaneutralen Glasproduktion bis 2030 einen weiteren wichtigen Schritt näher gekommen. Klimaneutral bedeutet in diesem Zusammenhang, dass keine Scope 1 und 2 Emissionen gemäß Greenhouse Gas Protocol“ entstehen. SCHOTT verfolgt dieses Ziel durch Maßnahmen in vier Handlungsfeldern: Technologiewandel (zum Beispiel Umstellung auf Ökostrom und Wasserstoff), Steigerung der Energieeffizienz, Umstellung auf 100 Prozent Ökostrom und schließlich Kompensation der verbleibenden Emissionen durch Engagement in Klimaschutzprojekten.

Das Unternehmen hat bereits erfolgreich auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt und arbeitet kontinuierlich an der Steigerung der Energieeffizienz. Im Zuge des Technologiewandels liegt der Fokus auf der Substitution von Erdgas für den Betrieb der Schmelzwannen. Dabei wird entweder eine Elektrifizierung mit grünem Strom oder zukünftig der Einsatz von grünem Wasserstoff angestrebt. Ende 2022 hat SCHOTT bereits erste großtechnische Versuche mit einer Beimischung von 35 Prozent Wasserstoff zu Erdgas in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern durchgeführt. Im Frühjahr 2023 folgten Labortests mit 100 Prozent Wasserstoff und ebneten den Weg für den großindustriellen Einsatz.

Herausforderungen in der Infrastruktur: grüner Wasserstoff ist Mangelware

Um den groß angelegten Wannenversuch mit 100 Prozent Wasserstoffbeheizung durchzuführen, wurde der Wasserstofftank bei SCHOTT in Mainz dreimal komplett befüllt. Allerdings handelte es sich dabei um grauen Wasserstoff, der nicht aus erneuerbaren Energien, sondern konventionellen Quellen stammt. Die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, der klimaneutral hergestellt wird, ist derzeit noch begrenzt. „Wir haben uns bewusst für den Einsatz entschieden, um beim Testen der technischen Machbarkeit keine Zeit zu verlieren. Für unsere Versuche ist das ausreichend, aber für den Klimaschutz brauchen wir dringend grüne Energie“, sagt Dr. Frank Heinricht, Vorstandsvorsitzender bei SCHOTT und verantwortlich für die Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns. Der Appell an die Politik: „Unternehmen aus energieintensiven Branchen brauchen Weichenstellungen für den möglichst raschen Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur für Grünstrom und grünen Wasserstoff in Deutschland. Dann lohnt sich unser Engagement, für das Klima und für die Wettbewerbskraft unserer Industrie in Deutschland.“

SCHOTT erhält neben den eigenen Investitionen auch finanzielle Unterstützung von verschiedenen Institutionen für seine Entwicklungsarbeiten im Bereich Wasserstoff. Die Tests wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger DLR im Rahmen des Projekts Maga unterstützt und von der Europäischen Union-NextGenerationEU finanziert. Das Projekt „H2-Industrie – Einsatz von Wasserstoff in industriellen Verbrennungsprozessen“ in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz wurde von der Europäischen Union aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert. Das Kopernikus-Projekt „Power-to-X“ erhielt Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Quelle: UD/cp
 

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