Innovation & Forschung

Evonik revolutioniert Akku-Batterien - und vielleicht bald Solar- und Autobranche

Man kennt sie vom Handy, dem Laptop oder dem Akku-Bohrer: Lithium-Ionen Batterien sind beliebte Energie-Speicher. Der Haken: Die Batterien sind empfindlich und gelten als nicht sicher. Eine Innovation von Evonik könnte diesen Mangel jetzt beheben. Die Potenziale, die sich daraus gerade für die erneuerbaren Energien- und Autobranchen ergeben, sind gewaltig.

13.12.2007

Eine gesicherte Energieversorgung ist elementare Grundlage unserer industrialisierten Gesellschaft. Gerade im mobilen Bereich gibt es zu Batterien kaum eine Alternative. Vor allem Lithium-Ionen-Akkus sind als wahre Kraftbündel bekannt, haben sie doch die höchste Energiedichte. Bei den meisten mobilen Geräten wie Handys, Notebooks und Camcordern kommen sie daher zum Einsatz.

In anderen Einsatzbereichen wie etwa der Automobilindustrie und zum Speichern von erneuerbaren Energien werden sich allerdings noch wenig genutzt, weil die Akkus selbst dafür noch immer zu geringe Speicherkapazität besitzen und vor allem, weil Sicherheitsbedenken dem entgegen stehen. So machten etwa einige Fälle von explodierenden Akkus im letzten Jahr Schlagzeilen. Vor allem Sony war davon betroffen und startete eine spektakuläre Rückrufaktion für 8 Mio. Laptop-Akkus. „Gängige Lithium-Ionen Batterien sind nicht 100% sicher“, bestätigte auch Evonik-Vorstandsmitglied Dr. Alfred Oberholz auf der Jahrestagung von econsense, Deutschlands Nachhaltigkeitsinitiative der Wirtschaft. Die beiden Komponenten Anionen und Kathoden dürfen nämlich nicht zusammenkommen, denn sonst entsteht ein sogenannter "thermal runaway" mit Temperaturen von über 500 Grad Celsius. Durch einen Sturz oder Aufprall könnte jedoch genau diese explosive Reaktion leicht auslöst werden.

Nagelprobe Sicherheit

Damit dies nicht eintritt, bauen die Hersteller als Trennschicht „Separatoren“ ein. Die Entwicklung hin zu immer flacheren und leichteren Lithium-Ionen-Batterien hat allerdings dazu geführt, dass auch die Trennschicht dazwischen fragiler wurde. Eine Lösung verspricht nun Evonik Industries (ehemals RAG und Degussa), die einen revolutionären, neuen Separator entwickelt haben: Das Keramik-ummantelte Material ist dünn und formbar wie Papier und doch absolut reißfest. „Da kriegen sie keinen Nagel durch!“ erzählt Oberholz stolz. Und Konzernchef Dr. Werner Müller ergänzt: „Die von uns entwickelte faltbare Keramik, die in der Batterie Anode und Kathode trennt, bedeutet einen Quantensprung in der Forschung.“ Das fand auch die Jury des Deutschen Zukunftspreises und nominierte im Dezember 2007 Evonik für den diesjährigen Forschungspreis.
Spannend ist die Innovation von Evonik aber nicht alleine unter Sicherheitsaspekten: Vielmehr lautet die einfache Geschäftsformel „Mehr Sicherheit = Mehr Marktpotenziale“. Dazu Evonik-Vorstand Werner Müller: „Diese hohe Sicherheit eröffnet erstmals das hochattraktive Anwendungsfeld mobiler und stationärer Großbatterien.“ Prognosen zufolge wird der Markt für Lithium-Ionen-Batteriematerialien bis 2015 von derzeit etwa 1,4 Milliarden Euro auf dann 4 Milliarden Euro anwachsen. Das entspräche mehr als zehn Prozent prognostiziertem Wachstum für dieses noch junge Marktsegment. Der Markt für Batterien selbst soll im nächsten Jahrzehnt sogar über 10 Milliarden Euro umfassen. Bisher profitieren davon vor allem die zumeist asiatischen Hersteller der Akkus. Eine neue Initiative deutscher Unternehmen und des Bundesforschungsministeriums (BMBF) will den Markt jetzt aber aufmischen: Ein Industriekonsortium von BASF, Bosch, Volkswagen sowie Evonik und ihrer Tochtergesellschaft LiTec investiert dafür in den nächsten drei Jahren rund 360 Millionen Euro in die weitere Erforschung und Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie. Das Bundesforschungsministerium sekundiert mit weiteren 60 Millionen Euro. Ziel ist es, die Speicherkapazität der Akkus um den Faktor 5 bis 10 zu steigern, erläutert Thomas Reichel, Staatssekretär im BMBF. Gelingt dies in den nächsten Jahren, dann hätte Deutschland eine Hochtechnologie der Zukunft besetzt, gibt sich Reichel zuversichtlich.

Wind im Tank

Eine solche Leistungsfähigkeit würde vor allem bei Erneuerbaren Energien völlig neue Einsatzfelder ermöglichen: Derzeit können sie nur dann Strom einspeisen, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht und die Netze die Energien auch aufnehmen. Bei Spitzenauslastungen kann die Energie nicht zwischengespeichert werden, sondern geht verloren. In 2006 konnten so rund 15 Prozent der Windenergie nicht eingespeist werden. Eine pure Vergeudung natürlicher Energien. Sollte die Bundesregierung an ihrem Plan festhalten, bis 2020 den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent zu erhöhen, so wird es bei derzeitiger Netzstruktur zu immer höheren Einspeiseverlusten kommen, außer stationäre Großbatterien werden als leistungsfähige Speicher zwischengeschaltet.

Auch die Automobilbranche beobachtet die Arbeit des Industriekonsortiums und hier vor allem von Evonik sehr aufmerksam: Alle künftigen Antriebstechnologien - ob Hybridfahrzeug,  Elektroauto oder Brennstoffzellen-Mobile - benötigen als Basis ein Energiespeichermedium, das sicher, effizient und kostengünstig ist. "In Zukunft wird es den parallelen Einsatz von verschiedenen Fahrzeugantrieben bis hin zum reinen Elektroantrieb geben", versicherte jüngst Jürgen Leohold, Leiter Konzernforschung bei der Volkswagen AG, in der Presse.

Noch sind beide Bereiche Zukunftsmusik, doch Evonik hat jetzt für die Automobilbranche bereits erste konkrete Schritte unternommen. Da der von ihnen entwickelte neue Separator mit etwa 30 Mikrometern doppelt so dick ist wie die derzeit verwendeten Separatoren, sollen sie vor allem die Batterien von Hybridautos antreiben. Mit der Beteiligung an Li-Tec startet Evonik daher nun die Massenproduktion dieser Batteriekomponenten. Die jährliche Produktionskapazität der Anlage entspricht dem Bedarf von rund 30.000 Batterien für Hybridfahrzeuge.
Quelle: UD
 
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