Innovation & Forschung

US-Kreationisten starten "Wissenschafts-Magazin"

Um die Weltöffentlichkeit zu unterrichten, wie Wissenschaft und Gott miteinander in Verbindung stehen, hat der Museumsgründer Ken Ham nun ein "Wissenschaftsmagazin" unter dem Titel "Answers Research Journal" (ARJ) herausgebracht, berichtet Nature in seiner Online-Ausgabe.

22.02.2008

Ähnlich wie die renommierten Wissenschaftsmagazine will Ham auch hier Veröffentlichungen einem Peer-Review unterziehen. Anders als bei den meisten Journalen wird der Online-Zugang zu allen ARJ-Artikeln kostenlos sein. Ham geriet im Vorjahr für die Gründung seines 27 Mio. Dollar teuren Creation-Museums in Kentucky in die Schlagzeilen der Weltöffentlichkeit. Nach einer Meinungsumfrage glaubt mehr als die Hälfte der US-Amerikaner, dass "Gott den Menschen in seiner heutigen Gestalt irgendwann in den vergangenen 10.000 Jahren erschaffen hat." Die Vertreter dieser Lehre verlangen immer häufiger eine Änderung der Biologiebücher nach ihrem Glauben. US-Gerichte haben allerdings entschieden, dass im Sinne der Trennung zwischen Kirche und Staat diese zu unterbleiben habe. Kreationismus sei eine religiöse Überzeugung und diese dürfe in der Schule nicht gelehrt werden.

Was viele Wissenschaftler an der neuen Online-Plattform bitter aufstößt ist der Ansatzpunkt, die von Charles Darwin begründete Evolutionslehre mit und in jedem Artikel ad absurdum zu führen. "Wenn man mich fragen sollte, was ich davon halte, würde ich mit dem schönen deutschen Wort 'Stuss' antworten", meint Ernst Peter Fischer, Professor für Wissenschaftsgeschichte und Diplomphysiker von der Universität Konstanz im Gespräch. Der Hinweis der "Recent Creation" (also der erst kürzlich erfolgten Erschaffung) stört Fischer allerdings noch mehr. "Ist der Herr wirklich seit ewigen Zeiten 24 Stunden am Tag so sehr mit dem Schöpfen beschäftigt, dass ihm die Zeit fehlt, uns einen Hinweis darauf zu geben? Und reicht es ihm zudem, so billig für so viel gelobt zu werden?" Das Ganze klinge wie eine billige Ausrede von Politikern, dass sie zwar alles richtig machen würden, allerdings keine Zeit dafür hätten, es dem Volk auch zu erklären.

Fischer sieht in der Diskussion zwischen Kreationismus und Wissenschaft ein wesentliches Problem. "Man bekommt den Eindruck, dass die Kreationisten glauben, dass Wissenschaftler Religion oder gar die Existenz von Gott leugnen und beweisen wollen, dass es keinen Gott gibt", so der Forscher. "Religion und Naturwissenschaft schließen sich aber nicht aus, wie manche heutzutage glauben oder fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander", zitiert Fischer den Forscher Max Planck. Eine Verträglichkeit der beiden habe Planck in der Religiosität von großen Naturforschern wie Kepler, Newton oder Leibniz gesehen.

Ein wesentlicher Fehler in der Wissenschaftstheorie sei es die Verursacher in der Natur zu personifizieren, meint Fischer. "Die westliche Welt tendiert dazu, den Anfang erklären zu wollen, und zwar genau. Und vorher soll Nichts gewesen sein." Das erlaube die Wissenschaft gar nicht. "Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet werden kann." Das bedeute, dass die Energie eines abgeschlossenen Systems unverändert bleibt. "Verschiedene Energieformen können sich demnach ineinander umwandeln, aber Energie kann weder aus dem Nichts entstehen noch dorthin wieder verschwinden", erklärt Fischer. "Sie muss also immer schon da gewesen sein, anders können wir nicht denken. Wer an dieser Stelle jetzt erneut mit dem lieben Gott ankommt, versucht nur, ihn zu einem billigen Lückenbüßer zu machen". Im übrigen gilt: "Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln", so Fischer abschließend im Interview.
Quelle: pte
 
Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche