Innovation & Forschung

Holz wird neuer Erdgas-Lieferant

Die Gewinnung von Erdgas aus Holz ist Forschern aus der Schweiz und aus Österreich erstmals in einem Versuchsprojekt gelungen. Wissenschaftler des Paul Scherrer Instituts (PSI) erzeugten in der Kooperation mit der TU Wien und zwei Industriepartnern Methan durch eine katalytischen Weiterverarbeitung von aus Holz gewonnenen Gasgemischen.

12.01.2009

Das Endprodukt erlaubt eine problemlose Einspeisung in öffentliche Gasleitungen und kann für die Stromerzeugung in Gaskraftwerken sowie auch für den Privatanwender im Haushalt oder für den Fahrzeugantrieb ohne Zusatzaufwand eingesetzt werden. Das im Dezember im österreichischen Güssing erfolgreich getestete Verfahren wurde jetzt vom Schweizer Bundesamt für Energie mit dem Watt d'Or-Preis in der Kategorie "Energietechnologien" ausgezeichnet.

"Charme besitzt die Technik der Methanierung vor allem durch die örtliche Entkoppelung der Energiebereitstellung von der Nutzung der Energie beim Verbraucher", betont PSI-Projektsinitiator Serge Biollaz im Interview. Dies sei ein Vorteil, da die Energiekosten besonders vom regional unterschiedlichen Preis der Biomasse bestimmt werden. "Es ist damit durchaus denkbar, dass in Zukunft neben dem heimischen Holz auch die bisher ungenutzten Wälder der russischen Taiga zu Energielieferanten werden. Die dafür benötigten Gaspipelines gibt es ja bereits", so Biollaz. Die Wirtschaft sei in verschiedenster Weise von einem möglichen Ausbau des synthetischen Erdgases betroffen. "Eine Verteuerung des derzeit billigen Rohstoffes Holz betrifft vor allem die Papierindustrie. Doch die Vorteile überwiegen und machen die Strom- und Gasindustrie zunehmend auf die technische Weiterentwicklung aufmerksam. Denn obwohl das Prinzip der Biomasse dem der fossilen Energieträgern ähnelt, sind diese nicht regenerierbar, während der Wald nachwächst", so Biollaz.

Die derzeitigen Tests in Güssing sind die Ergebnisse eines mehrjährigen Upscaling-Prozess. Harald Tremmel, technischer Entwickler der Güssinger Firma Repotec, bezeichnet im Interview die Methanierungsanlage als Pilotanlage im Maßstab zwischen einer Technikums- und einer Großanlage. In der Anlage sei im Dezember erfolgreich die Methanierung des aus Holz erzeugten Gasgemisches versucht worden. "Die Tests verliefen sehr zufriedenstellend, die Qualität des Gases ist sehr hoch", so der Verfahrenstechniker. Dabei wurde ein Holzgasgemisch im schon seit 2001 in Betrieb befindlichen Biomasse-Kraftwerk durch Entschwefelung für den Katalysator nutzbar gemacht und im nächsten Schritt zu Methan umgewandelt. Das entstehende Gas wird durch weitere Nachreinigungsschritte Pipeline-tauglich gemacht. Der Wirkungsgrad der gesamten Kette vom Holz bis zum fertigen Gas liegt bei etwa 60 Prozent, berücksichtigt man nur die Brennstoff-Wärmeleistung. "Es wird jedoch auch die entstehende Abwärme als Fernwärme nutzbar gemacht", betont Tremmel.

Das in Österreich erprobte Verfahren soll in den nächsten Jahren in einem schwedischen Biomassekraftwerk erstmals in größerem Maßstab für kommerzielle Zwecke umgesetzt werden. Ein vollständiger Ersatz für die derzeit benötigten großen Erdgasmengen kann aus Holz zwar nicht erreicht werden, sind sich die Experten einig. "Eine Verwendung für Erdgasautos scheint jedoch bereits jetzt sinnvoll. Die erreichte Qualität ist der des natürlichen Erdgases mindestens ebenbürtig", betont Tremmel. Biollaz hält einen Anteil von "zehn bis 20 Prozent" des aus den verschiedenen Formen der Biomasse erzeugten Energiemix in Zukunft für möglich. Vor der flächendeckenden Umsetzung sei jedoch ein Umdenkprozess in Richtung einer Verbrauchsreduktion notwendig. "Bei drei Liter-Fahrzeugen würde der Treibstoffpreis nur mehr eine geringe Rolle spielen", so Biollaz abschließend. (pte)
Quelle: UD
 
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