Evonik entwickelt spritsparende Reifen

Ob das Fahrzeug gefahren wird oder nicht, monatlich verliert ein Reifen etwa 0,1 bar Luft. Werden die Reifen nicht regelmäßig aufgepumpt, hat das einen stärkeren Rollwiderstand zur Folge und somit auch erhöhten Kraftstoffverbrauch. Um rund sechs Prozent steigt dieser, liegt der Reifendruck nur 0,5 bar unter dem optimalen Wert. Das bedeutet, dass jede fünfte Tankfüllung eines PKWs nur wegen mangelndem Reifendruck anfällt. Neben einer zusätzlichen Umweltbelastung bedeutet ein zu geringer Reifendruck zudem eine Gefahr für den Fahrer: Meist unbewusst verändert sich das Fahrverhalten, was zum Beispiel bei Ausweichmanövern zu einem schnellerem Kontrollverlust führen kann. Außerdem ist der Verschleiß eines schlecht aufgepumpten Reifens höher. Damit steigt das Risiko, dass der Reifen beim Fahren mit hoher Geschwindigkeit platzt. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes sind jedes Jahr rund 1.400 schwere Verkehrsunfälle auf Fehler an der Bereifung zurückzuführen. Trotzdem kontrollieren Autofahrer ihren Reifendruck zu selten. Eine Studie mit 20.300 Fahrzeugen ergab, dass nur sieben Prozent von ihnen mit Reifen ausgestattet waren, die alle einen korrekten Druck aufwiesen.

In zwei Jahren sind daher spritsparende Reifen und bessere Sicherheitsausstattung EU-weit bei Neuwagen Pflicht. Das Europaparlament räumt der Automobilindustrie eine Übergangszeit von sieben Jahren ein, um sich an die neue Verordnung anzupassen. Industriekommissar Günter Verheugen sprach von einem „Meilenstein für die Umweltverträglichkeit und Verkehrssicherheit“.

Luftdruck länger auf optimalem Level

Regelmäßige Kontrollen durch den Fahrzeughalter werden sich auch mit der Einführung von „Luftdruckkontrollsystemen“ nicht vermeiden lassen. Evonik hat jedoch eine Möglichkeit gefunden, den Reifenluftdruck bis zu 50 Prozent länger auf dem optimalen Level zu halten. Ihr Konzept basiert auf der Entwicklung einer speziellen Rußsorte, der ECORAX S 206. Industrie-Ruß wird zu über 90 Prozent als Füllstoff in der Gummiindustrie verwendet, hauptsächlich für Autoreifen. Evonik entwickelte diese neue Rußsorte für die Herstellung der Innerliner von Reifen, auch Innenseele genannt. Diese ersetzt den Schlauch und besteht hauptsächlich aus Butylkautschuk, der eine sehr geringe Luftdurchlässigkeit besitzt. Um das Austreten der Luft weiter zu mindern, wurden dem Kautschuk bereits andere Rußsorten beigemischt. ECORAX S 206 bewirkt jedoch im Vergleich zu ihnen eine Minderung von zusätzlichen 25 Prozent. Auch das Eindringen von Feuchtigkeit wird so weiter reduziert, das bewirkt eine Schonung des Materials und eine längere Lebensdauer. Weiterhin sind mit deren Verwendung Materialeinsparungen des kostspieligen Butylkautschuks möglich.

Preis für neue Entwicklung

Für die Entwicklung von ECORAX S 206 erhielt das „Rubber-Black-Entwicklerteam“ den hausinternen Innovationspreis 2008 in der Kategorie „Neue Produkte“. Den mit 40.000 Euro dotierten Preis verleiht Evonik Industries einmal im Jahr, um Mitarbeiter des Geschäftsbereichs Chemie für herausragende Forschungsarbeiten zu belohnen. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Entwicklungen neu und marktreif sind beziehungsweise bereits am Markt eingeführt wurden. Im Falle der neuen Rußsorte waren Mitte 2008 die ersten 1.000 Tonnen an LKW-Reifenhersteller verkauft. Der Einsatz von ECORAX S 206 in Autoreifen ist in der Erprobung. „Da aufgrund unserer Technologie und Inhaltsstoffe die Umwelt deutlich entlastet wird“, bezeichnet Dr. Manfred Spindler die Reifen auch als „Grüne Reifen“. Spindler war bis Ende 2007 Geschäftsführer der Evonik Degussa GmbH.