Innovation & Forschung

CO2: Vom schädlichen Abfall zum nützlichen Rohstoff

Das Treibhausgas CO2 gilt als größter Verursacher der globalen Erwärmung und ist deshalb als überflüssiger und klimaschädigender Abfall bekannt. Zahlreiche Methoden sollen den weltweiten CO2-Ausstoß senken beziehungsweise vermeiden. Auf ganz anderem Wege nähert sich Bayer der Problematik: Im Rahmen des Projekts „Dream Production“ erforscht das Unternehmen die Nutzung von CO2 zur Produktion von Kunststoff. Aus nachhaltiger Sicht könnte so doppelter Nutzen erzielt werden: Zum einen würde weniger CO2 in die Atmosphäre gelangen, und zum anderen könnte das Treibhausgas das für die Kunststoffproduktion nötige Erdöl ersetzen.

13.12.2011

Dr. Christoph Gürtler, Projektleiter von „Dream-Production" hält CO2-basiertem Schaumstoff in den Händen. Foto: Bayer
Dr. Christoph Gürtler, Projektleiter von „Dream-Production" hält CO2-basiertem Schaumstoff in den Händen. Foto: Bayer

Ziel des im vergangenen Jahr gestarteten Projekts „Dream Production“ ist es, 2015 erste Produkte auf den Markt zu bringen, bei deren Herstellung das Treibhausgas CO2 verwendet wird. Projektpartner auf dem Weg dorthin sind der Energieversorger RWE, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) sowie die von Hochschule und Bayer gemeinsam betriebene Forschungseinrichtung „CAT Catalytic Center“. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Wiederverwendung von CO2 nehmen die Projektpartner jeweilige Stationen ein und fördern an diesen Stellen das Projekt mit ihrem speziellen Wissen.

Industrie zeigt Interesse an CO2-Kunststoff

Ausgangspunkt ist das Braunkohlekraftwerk von RWE Power in Niederaußem, wo im Zuge der Energieerzeugung CO2 anfällt. Dieses wird aus dem Rauchgasstrom des Kraftwerks abgetrennt und in einer CO2-Verflüssigungs- und Abfüllanlage verfügbar gemacht. Das so verwendbare CO2 wird dann an eine eigens für das Projekt errichtete Pilotanlage im Chempark Leverkusen geleitet. Hier wird in einem chemischen Prozess, unter Verwendung des Treibhausgases, eine Substanz namens „Polyether-Polycarbonat-Polyol“ hergestellt. Diese Substanz ist eine der Komponenten zur Produktion des Kunststoffes Polyurethan. Bayer testet die Verwendung des auf diesem Weg hergestellten Kunststoffs für verschiedene Produkte. Er kann zum Beispiel für die Gebäudedämmung, für Leichtbauteile in der Automobilindustrie, für Matratzen, Polstermöbel oder auch für Skischuhe genutzt werden. Nach Auskunft von Bayer besteht „in weiten Teilen der Industrie deutliches Interesse an dem neuartigen Material“.

Das CAT Catalytic Center ist für die Prüfung des CO2 auf seine Kompatibilität mit den notwendigen sogenannten „Katalysatoren“ zuständig. Diese Katalysatoren sind in der Chemie Stoffe, die die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion beschleunigen. Nach einem geeigneten Katalysator für das reaktionsträge CO2 wurde laut Bayer seit vier Jahrzehnten von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt gesucht. Erst als Bayer-Forscher den passenden Katalysator fanden und mit dem CAT Catalytic Center weiterentwickelten, wurde das Verfahren zur Herstellung von Polyether-Polycarbonat-Polyol aus CO2 bei Bayer ermöglicht. Die Entwicklung dieses Katalysators geschah im Rahmen des Vorläuferprojekts „Dream Reactions“. Ebenfalls an der Erforschung des Katalysatorensystems ist die RWTH Aachen beteiligt. Sie ist aber vor allem für die Erarbeitung einer „Life-Cycle-Analyse“ zuständig, mit der die Effizienz und das CO2-Reduktionspotenzial des Gesamtprozesses zur Herstellung von Kunststoff aus CO2 überprüft werden kann.

CO2 statt Erdöl für die Kunststoffherstellung

Pilotanlage im Chempark Leverkusen. Foto: Bayer
Pilotanlage im Chempark Leverkusen. Foto: Bayer

Patrick Thomas, Vorstandsvorsitzender des Konzernteilbereichs Bayer MaterialScience und federführend im Rahmen des Projekts tätig, ist überzeugt, dass „Dream Production das Potenzial hat, einen bedeutenden Wandel der Rohstoffbasis in der Chemieindustrie einzuleiten.“ Zu verdanken sei das dem beispielhaften Zusammenspiel aus unternehmensübergreifender Kooperation und anwendungsnaher Wissenschaft.

Funktioniert das Konzept von „Dream Production“ wie vorgesehen, soll das Verfahren einen mehrfachen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. So könnte das in großen Mengen zur Verfügung stehende Kohlendioxid einen Teil des knappen Erdöls ersetzen. Etwa fünf Prozent der jährlichen Ölfördermenge werden bisher für die Kunststoffherstellung verwendet. CO2 könnte hier statt des Öls verwendet werden, da es wie Öl den für die chemische Industrie wichtigen Baustein Kohlenstoff enthält. Damit würde außerdem das CO2 eingespart, das bei der energieintensiven Verarbeitung von Öl zu chemischen Vorprodukten entsteht. So würde auch schon durch die CO2 Abtrennung im Kohlekraftwerk und die Verwendung des Treibhausgases für die Kunststoffproduktion vermieden, das CO2 in die Atmosphäre gelangt oder aufwändig unterirdisch gelagert werden muss.

Bei der Verleihung des deutschen Nachhaltigkeitspreises sicherte sich Bayer mit dieser Forschungsinitiative den dritten Platz in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Initiativen“. Im Rahmen der Verleihung würdigte die Jury das Engagement des Unternehmens für eine energieeffiziente, ressourcen- und umweltschonende Nutzung von CO2 zur Herstellung chemischer Produkte.

Der Gesamtetat von „Dream Production“ umfasst neun Mio. Euro, Bayer beteiligt sich mit einem Anteil von drei Mio. Euro.

„CO2RRECT“ - CO2 Nutzung mittels erneuerbaren Energien

Mit einer weiteren Möglichkeit zur Nutzung von CO2 beschäftigt sich das Projekt „CO2RRECT“ (CO2-Reaction using Regenerative Energies and Catalytic Technologies). Hierbei handelt es sich um eine Gemeinschaftsinitiative von Bayer Technology Services (BTS), Bayer MaterialScience, RWE und Siemens sowie zusätzlichen zehn Partnern aus Hochschule und Wissenschaft. Im Rahmen von CO2RRECT werden Wege erforscht, um die Nutzung von CO2 mit erneuerbaren Energien zu verbinden. Dabei knüpft das Vorhaben an die Problematik an, dass die chemische Produktion auf ein konstantes Energieangebot ausgerichtet ist, aber beispielsweise Strom aus Windkraft nicht gleichmäßig zur Verfügung steht. So wird oft mehr Energie als nötig erzeugt, die bisher jedoch nicht gespeichert und später verbraucht werden kann. Hier setzt CO2RRECT an: Ziel des Projekts ist es, das Überangebot an erneuerbaren Energien nutzbar zu machen. Es soll verwendet werden, um aus Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren und so eine chemische Energiespeicherung zu ermöglichen. Die Elektrolyse ist ein Prozess, in dem elektrische Energie in chemische Energie umgewandelt wird. Auf diese Weise werden wichtige Basischemikalien wir Kohlenmonoxid und Ameisensäure gewonnen. Kohlenmonoxid kann dann wiederum zur Herstellung von Polyurethan - also für Kunststoffprodukte wie Haushaltsartikel oder CDs - verwendet werden. Hierfür werden neue Modelle für die Zusammenarbeit von Energiewirtschaft und Chemieindustrie entwickelt.

CO2RRECT wurde Ende des vergangenen Jahres ins Leben gerufen. Mit ersten Ergebnissen ist nicht vor 2020 zu rechnen. Das Gesamtbudget des von Bayer Technology Services gesteuerten Projekts liegt bei 18 Mio. Euro. Das Unternehmen fördert das Forschungsvorhaben mit über drei Mio. Euro, weitere elf Mio. Euro steuert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre hinzu.

Quelle: UD
 

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