Neu entdeckte Mikroorganismen mit hoher CO2-Verwertung
Spezialisierte und hierfür eigens entwickelte Mikroorganismen können CO2-haltige Rauchgase aus Braunkohlenkraftwerken direkt als „Futter“ verwerten und selbst bei einer Temperatur von 60 Grad Celsius wachsen. Das ist das vielversprechende Zwischenergebnis der Forschungskooperation zwischen der RWE Power und der BRAIN AG.
30.01.2012
Vor genau zwei Jahren haben der Stromproduzent und das Biotechnologieunternehmen im Kraftwerk Niederaußem ihre Zusammenarbeit begonnen. Deren Ziel ist, Kohlendioxid mit Mikroorganismen in Biomasse oder direkt zu Wertstoffen umzuwandeln. Dabei sollen Mikroorganismen gezüchtet und mit ihnen innovative CO2-Umwandlungs- und Synthesewege erforscht werden. So entstehen Biomasse und industriell nutzbare Produkte wie neue Biomaterialien, Bio-Kunststoffe und chemische Zwischenprodukte. Für die werden Anwendungsmöglichkeiten zum Beispiel als Bau- und Dämmstoff sowie zur Herstellung von Fein- und Spezialchemikalien wie möglicherweise auch Massenchemikalien untersucht.
BRAIN, ein führendes Unternehmen der Weißen Biotechnologie, hat sowohl im eigenen BioArchiv als auch bei Probennahmen direkt im Rauchgas-Kanal des BoA-Kraftwerks in Niederaußem nach Mikroorganismen gesucht, die unter den Bedingungen im Rauchgas und unter Verwendung des CO2 wachsen können. Insgesamt wurden mehr als 3.000 Mikroorganismen darauf überprüft. 1.000 erfüllten das Anforderungsprofil. Im nächsten Schritt sind die produktivsten Verwerter des Treibhausgases identifiziert und charakterisiert worden. 29 Kandidaten, die besonders gute Wachstumseigenschaften aufzeigten, haben die Forscher inzwischen ausgewählt - davon waren zehn bisher noch nicht bekannt beziehungsweise beschrieben. Das hat die genetische Charakterisierung der Mikroorganismen ergeben.
„Unsere Pionierarbeit bei der Suche nach biotechnologischen Lösungen der CO2-Umwandlung trägt erste Früchte: Wir gehen bei der Klimavorsorge weiter voRWEg“, betont Dr. Johannes Heithoff, Leiter Forschung und Entwicklung bei RWE Power. Und weiter: „Wir sind von den Resultaten, die das Forscherteam von BRAIN zusammen mit unseren Kraftwerksexperten erarbeitet hat, so überzeugt, dass wir das Programm weiter ausbauen wollen.“ Bisher sind mehr als zwei Millionen Euro in das Forschungsvorhaben geflossen.
„Wir haben einen strategischen Meilenstein erreicht. Das zeigt: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Dass RWE Power das Forschungsthema weiter ausbauen will, ist dafür ein weiterer Beleg“, erklärt BRAIN-Forschungsvorstand Dr. Jürgen Eck. „Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur CO2-Nutzung in einem industriell skalierbaren System zu liefern. Dabei nutzen wir die vielfältigen Möglichkeiten, die die mikrobiellen Stoffwechselwege und die Synthetische Biologie bieten, um durch leistungsstarke Designer-Mikroorganismen eine möglichst effiziente CO2-Konversion zu erzielen“, ist Eck optimistisch.
RWE Power will den Bogen noch weiter schlagen und andere kohlenstoffreiche Abfallströme, die zum Beispiel in Abwässern, bei der Produktion von Lebensmitteln oder in Raffinerieprozessen entstehen, mit in das Projekt einbeziehen. Das Unternehmen will hierzu eine Innovationsallianz formieren, in der sich insgesamt 21 Industrieunternehmen, kleine, mittelständische Unternehmen sowie akademische Forschungseinrichtungen zusammenschließen, um im intensiven Austausch Projekte zur Nutzung dieser Abfallströme voranzutreiben.
Im Innovationszentrum Kohle
am Kraftwerksstandort Niederaußem bündelt RWE Power die Aktivitäten zur
klimafreundlichen Kohleverstromung. Mit dem Ziel der Emissionsminderung
betreibt das Unternehmen Deutschlands erste CO2-Wäsche, eine
Prototypanlage zur Vortrocknung von Braunkohle (WTA) und einen
REAplus-Hochleistungswäscher für eine verbesserte Staub- und
Schwefeldioxid-Abtrennung aus dem Rauchgas. Alle Projekte, für die das
Unternehmen mehr als 100 Millionen Euro aufbringt, arbeiten im Verbund
mit dem zurzeit modernsten und effizientesten Braunkohlenkraftwerk der
Welt (BoA 1).
Über BRAIN
Die BRAIN AG gehört in Europa zu den technologisch führenden Unternehmen auf dem Gebiet der industriellen Weißen Biotechnologie. Im Rahmen strategischer Kooperationen identifiziert und entwickelt die BRAIN AG für Industrieunternehmen in der Chemie-, Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsmittelbranche innovative Produkte und Lösungen auf Basis der in der Natur vorhandenen, aber bislang unerschlossenen mikrobiellen Vielfalt. Die aktiven Produktkomponenten ermittelt die BRAIN AG im unternehmenseigenen „BioArchive“, das zu den umfangreichsten seiner Art gehört. Seit der Unternehmensgründung 1993 ist die BRAIN AG über 70 strategische Kooperationen mit nahezu allen relevanten Akteuren der chemischen Industrie wie BASF, Ciba, Clariant, DSM, Evonik Degussa, Genencor, Henkel, Nutrinova, Sandoz, Bayer Schering, Südzucker und Symrise eingegangen. Das Unternehmen beschäftigt zurzeit 99 hoch qualifizierte Mitarbeiter.