Neues Rekordniveau: Nachhaltiger Anlagemarkt in Deutschland
Die Nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland haben ihr starkes Wachstum der vergangenen Jahre auch 2018 fortsetzen können. Mit insgesamt 219,1 Milliarden Euro lag ihr Volumen Ende 2018 um mehr als 48 Milliarden Euro über dem Vorjahreswert. Das ist ein Ergebnis des Marktberichts 2019, den das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen in Berlin vorgestellt hat.
06.06.2019
Das im Rahmen von Investmentfonds und Mandaten nachhaltig verwaltete Vermögen legte 2018 so stark zu wie nie zuvor seit Veröffentlichung des ersten FNG-Marktberichts im Jahr 2005. Ende des Jahres lag es mit insgesamt 133,5 Milliarden Euro um mehr als 41 Milliarden Euro über dem Vorjahreswert. Dies entspricht einem Anstieg von rund 45 Prozent. Davon entfielen 88,8 Milliarden Euro auf nachhaltige Mandate (plus 43 Prozent) und 44,7 Milliarden Euro auf nachhaltige Investmentfonds (plus 49 Prozent). Zuwächse verzeichneten auch die Kundeneinlagen der Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus, die um rund acht Prozent auf 38,6 Milliarden Euro stiegen. Berücksichtigt man zusätzlich die 49,9 Milliarden Euro, die von Banken im Rahmen der Eigenanlagen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien verwaltet werden, ergibt sich für die Nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland ein Gesamtvolumen von 219,1 Milliarden Euro.
Auch die verantwortlichen Investments sind 2018 deutlich gewachsen. Zu ihnen zählen neben den Nachhaltigen Geldanlagen solche Kapitalanlagen, für die auf Unternehmensebene Nachhaltigkeitskriterien definiert und auf alle Anlagen des Unternehmens, beispielweise eines Vermögensverwalters, angewendet werden. Ihr Volumen stieg im Berichtsjahr um mehr als acht Prozent auf insgesamt rund 1,53 Billionen Euro.
Nutzung von Ausschlusskriterien weiterhin stark verbreitet
Bei den im Rahmen der Nachhaltigen Geldanlage eingesetzten Anlagestrategien sind Ausschlusskriterien am meisten verbreitet und werden mit weiteren Anlagestrategien kombiniert. Knapp 128 Milliarden Euro wurden unter Nutzung entsprechender Kriterien verwaltet. Bei den Unternehmen wurde dabei vor allem auf die Einhaltung von Arbeitsrechten, die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie die Achtung von Menschenrechten geachtet. Die Berücksichtigung von Klimaaspekten gewinnt über alle Asset-Klassen hinweg stark an Bedeutung. So ist der Ausschluss von Unternehmen, die Kohle fördern oder verstromen, neu in den Top 10. Bei einem Vermögen von 72,8 Milliarden Euro wird Kohle ausgeschlossen; Kohle rangiert damit auf Platz fünf. Bei den Staaten steht der Ausschluss auf Basis der Verbreitung von Korruption an erster Stelle. Auf den weiteren Plätzen folgen die Einschränkung der Bürgerrechte in Diktaturen und die Nichtratifizierung von Umweltkonventionen.
Unter den weiteren nachhaltigen Anlagestrategien für Unternehmen verzeichneten das normbasierte Screening (plus 123 Prozent) und der Best-in-Class-Ansatz (plus 107 Prozent) bedeutende Zuwächse. Beim normbasierten Screening wird die Einhaltung international anerkannter Standards durch die Unternehmen überprüft. Am häufigsten angewandt wird hier der UN Global Compact mit seinen zehn Prinzipien.
EU-Aktionsplan entscheidender Impulsgeber
Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen gab es im Berichtsjahr wichtige Impulse für die Marktentwicklung. Allen voran wird das Maßnahmenpaket der EU-Kommission im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums großen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Marktes für Nachhaltige Geldanlagen und verantwortliche Investments haben. Mit insgesamt zehn Maßnahmen will die EU-Kommission unter anderem Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen lenken um die internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Dazu setzt sie insbesondere auf die Schaffung von höherer Transparenz über das Angebot an nachhaltigen Anlagelösungen und deren nachhaltigkeitsbezogene Qualität.
Das Fundament aller Maßnahmen bildet der Versuch der EU-Kommission, im Rahmen der sogenannten Taxonomie verbindlich festzulegen, was Nachhaltigkeit im Wirtschaftskontext konkret bedeutet. Aus Sicht des FNG stellt die Taxonomie in ihrer derzeit entwickelten Form allerdings keine umfassende Definition Nachhaltiger Geldanlagen dar, da sie vorerst maßgeblich auf ökologische Ziele und hier speziell auf den Klimawandel referenziert. Damit finden wichtige Bereiche Nachhaltiger Geldanlagen, die sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Aspekte bislang kaum Berücksichtigung.
Zum Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2019 gelangen Sie hier.
FNG-Methodikumstellung durch EU-Aktionsplan bestätigt
Insbesondere vor dem Hintergrund der regulatorischen Entwicklungen auf europäischer Ebene hat sich die im vergangenen Jahr eingeführte Methodik zur differenzierten Bestandsaufnahme des nachhaltigen Anlagemarktes als richtig erwiesen. Die Unterscheidung zwischen verantwortlichen Investments, bei denen die ESG-Kriterien auf institutioneller Ebene festgelegt sind, und Nachhaltigen Geldanlagen, bei denen die ESG-Kriterien in den Produktdokumenten festgeschrieben sind, läuft mit der geplanten EU- Gesetzgebung konform. „Mit dem bereits beschlossenen EU-Gesetzespaket zu den Offenlegungspflichten werden Asset Manager im Rahmen ihrer treuhänderischen Pflicht ESG-Strategien anwenden und offenlegen müssen. Durch die Integration von Nachhaltigkeit in die Treuhandpflichten ist perspektivisch mit einem weiteren Anstieg der verantwortlichen Investments zu rechnen.“, stellt FNG- Vorstandsmitglied Matthias Stapelfeldt fest.