Business Case

Recyceltes Hygienepapier ist mit Vorurteilen belegt

Kratzig, grau und krümelig: Das denken viele Kunden über Toilettenpapier und Taschentücher aus recyceltem Material. Dass dem nicht so ist, erklärt uns Nicole Werner-Hufsky, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Antalis. Der Großhändler in den Bereichen Papier, Packaging und Visual Communication führt außerdem unterschiedliche Hygienepapiere in seinem Sortiment.

20.02.2019

Recyceltes Hygienepapier ist mit Vorurteilen belegt

UmweltDialog: Frau Werner-Hufsky, jeder Deutsche verbraucht im Durchschnitt pro Jahr 250 Kilogramm Papier; vor allem bei der Arbeit. Das „papierlose Büro“ sollte das eigentlich ändern. Warum greifen die Menschen nach wie vor auf das Medium zurück? 

Nicole Werner-Hufsky: Das hat unterschiedliche Gründe. Mitarbeiter einer älteren Generation sind es noch gewöhnt, viel mit Papier zu arbeiten insbesondere auf Papier zu lesen. Das hat sich während ihrer Ausbildung und während ihres Studiums so etabliert. Hausarbeiten mussten beispielsweise oft mehrmals ausgedruckt werden. 

Außerdem misstrauen viele Menschen digitalen Datenträgern. Was ist, wenn es Probleme mit dem Server gibt? Sind meine Daten sicher? Vertrauliche Unterlagen werden dann doch lieber ausgedruckt und in Papierform gelagert.

Trotzdem sehen wir in den Zahlen, dass der Papierverbrauch zurückgeht. Immer mehr Unternehmen setzen konsequent das papierlose Büro um und digitalisieren ihre Vorgänge. Jedoch wird es nie so sein, dass ganz auf Papier verzichtet werden kann. Papier ist einfach nach wie vor ein Medium, das bestimmte Botschaften besser transportieren kann als jegliches digitales Medium. 

Einen vergleichsweise kleinen Anteil am Verbrauch hat mit 15 Kilogramm pro Kopf das Hygienepapier, wie Toilettenpapier, Taschentücher oder Papier-Falthandtücher. Warum ist es trotzdem wichtig, Hygienepapiere in puncto Nachhaltigkeit genauer unter die Lupe zu nehmen?

Der Unterschied liegt darin, dass die normalen Papiersorten, wie Pappe, Kartonagen etc., wieder dem Recycling-Kreislauf hinzugefügt werden können. Hygienepapier hingegen kann nicht mehr aufbereitet werden. Demnach sind diese 15 Kilogramm nach ihrem Gebrauch weg. Wir machen es uns selten bewusst, wie viel das ist. Beispielsweise bei Papiertrockentüchern in Restaurants oder im Büro. Ohne viel darüber nachzudenken, nimmt man dort direkt drei oder vier Papiertücher, obwohl ein oder zwei Stück meist ausreichend sind. So landet schnell die doppelte Menge an Papier im Müll, und so geht uns auch die doppelte Menge an Ressourcen verloren. Deshalb sollten wir uns öfter bewusstmachen, was und wie viel wir an Hygienepapier benutzen.

Der Recycling-Anteil bei der Produktion von Hygienepapier geht zurück. Benutzten die Hersteller etwa 1996 noch 68 Prozent Recyclingfasern, waren es 2015 nur noch 48 Prozent. 

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Warum steigt der Anteil an Frischfaserpapier?

Das hat vorwiegend mit der Haltung der Kunden zu tun. Viele haben beim Thema Recycling-Hygienepapier zum Beispiel noch das Bild von dem kratzigen, einblättrigen Toilettenpapier aus der Schule im Kopf. Oder sie denken an die grauen Papiertrockentücher, die mehr krümeln als trocknen. Daher trauen sich viele nicht, neue Recyclingpapiere im Hygienebereich auszuprobieren. Mittlerweile sind diese aber meist dreilagig, sehr hell und weich. Außerdem kauft man Hygienepapier oft aus Gewohnheit. Der Kunde greift dabei automatisch zu Produkten, die er aus seiner Kindheit kennt bzw. die er seit Jahrzehnten benutzt.

Deshalb ist es so wichtig, Aufklärung zu betreiben und mit bestehenden Vorurteilen aufzuräumen. Denn oftmals sieht man auf den ersten Blick beim Einkauf gar keinen großen Unterschied mehr zwischen Produkten aus Recyclingpapier oder aus Frischfasern. 

Darüber hinaus steht uns Herstellern nur eine begrenzte Menge an recycelten Materialien zur Verfügung. Wir haben zwar in Deutschland eine vergleichsweise gute Recyclingquote, andere Länder sind, was das Sammeln von Altpapieren angeht, noch nicht so weit wie wir, aber wir brauchen genug Zellstoff, um Hygienepapier aus recycelten Fasern in hoher Qualität zu produzieren. Und bislang ist es leider so, dass der Bestand dafür noch nicht ausreichend ist. 

Der Großteil der Hygienepapiere von Antalis ist mit Umweltlabels zertifiziert, unter anderem mit dem Siegel Forest Stewardship Council (FSC®). Im März kündigte Greenpeace an, sich aus dem FSC® zurückziehen zu wollen, da sich das Siegel zu wenig für den Schutz der Urwälder einsetze. Dient der FSC® Ihrer Meinung nach weiterhin als Siegel für eine nachhaltige Beschaffung?

Toilettenpapier

Wir versuchen unseren Kunden mit Zertifizierungen und Labels eine Orientierung zu geben – und dafür ist das FSC® Siegel nach wie vor gut geeignet. Ich halte es für richtig, dass Greenpeace beim FSC® ausgestiegen ist und dadurch auf die Situation und einige Missstände aufmerksam macht. Dem FSC® ist auch bewusst, dass es zum Beispiel im Kongo erhebliche Verbesserungspotenziale gibt. Wenn man sich aber nun komplett zurückzieht und den FSC® nicht mehr unterstützt, dann werden die Zustände noch schlimmer, weil es kaum noch Kontrollen gäbe. Die Konsequenz wären noch mehr illegale Rodungen. 

Bis auf den Blauen Engel oder das EU-Ecolabel gibt es derzeit auch kaum Alternativen, die Kunden für einen nachhaltigen Einkauf Auskunft und Orientierung geben. 

In unserem letzten Gespräch betonten Sie, wie wichtig gute Beziehungen zu den Lieferanten seien. Auch im Bereich Hygienepapier arbeitet Antalis mit Partnern wie WEPA oder METSÄ Tissue zusammen. Wie stellen Sie sicher, dass bei den Partnerbetrieben Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden?

Da wir ein international aufgestellter Konzern sind, suchen wir nicht nur nach Partnerschaften auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Für unser Hygiene-Sortiment haben wir auf bereits bestehende Partnerschaften zurückgegriffen. Das war dann bei WEPA oder METSÄ Tissue der Fall. Grundsätzlich haben wir für unsere Lieferanten ein CSR-Screening erstellt. Das ist ein Fragebogen, der sich insbesondere auf die Themenbereiche Ökologie und soziale Standards konzentriert. Jeder von unseren Partnern muss diesen Fragebogen beantworten. Dabei ist es egal, ob es ein kleiner, lokaler Lieferant ist oder ein großes internationales Unternehmen. Die Daten werden dann im Programm Antrak gesammelt und ausgewertet. So kann jeder Mitarbeiter auf alle Daten zugreifen und Kunden bei einer Nachfrage sofortige Auskunft über einen Standard oder einen Lieferanten geben. 

Wenn ein Produkt oder ein Lieferant nicht zu 100 Prozent unseren Vorgaben und Vorstellungen entspricht, fordern wir konsequent Änderungen ein. Grundsätzlich könnten wir solche Zulieferer ablehnen und die Zusammenarbeit verweigern, aber wir sehen es auch als unsere Aufgabe, positiv Einfluss auf sie zu nehmen und so ihre Arbeit zu verbessern.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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