Business Case

Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie

Aus Sicht des Volkswirtschaftlers Prof. Dr. Mario Larch führen die für die nächsten drei Wochen aufgrund der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen zu einem vorübergehenden BIP-Einbruch um sechs Prozent. Allerdings geht er davon aus, dass dies in der zweiten Jahreshälfte teilweise wieder ausgeglichen werden kann.

24.03.2020

Prof. Dr. Mario Larch, Universität Bayreuth.
Prof. Dr. Mario Larch, Universität Bayreuth.

Welche Folgen hat die Pandemie aus Ihrer Sicht auf den internationalen Handel, die internationale Migration und multinationale Unternehmenstätigkeit?

Prof. Dr. Mario Larch: Kurzfristig kommt es sicherlich zu erheblichen Auswirkungen. Durch die zugenommene Aufsplittung von Wertschöpfungsketten und immer mehr Firmen, die international tätig sind, sind die Einschränkungen in der Mobilität natürlich spürbar. Wenn dies für ein paar Wochen anhält, dann lässt sich davon sicherlich einiges, wenn auch nicht alles, nachholen und damit die Verluste etwas eingrenzen. Anzumerken ist, dass die Konjunktur sowohl in Europa als auch in den USA bereits zuvor am Schwächeln war. Wenn jetzt noch Schwierigkeiten aufgrund von COVID19 hinzukommen, verstärkt das schon vorhandene strukturelle Probleme und kann dann schneller und zu einer stärkeren Abschwächung der Konjunktur kommen, als es ohne COVID19 der Fall gewesen wäre. 

Welche Auswirkungen erwarten Sie? 

Prof. Larch: Für eine genaue Abschätzung der Folgen muss man noch das tatsächliche Ausmaß und den tatsächlichen Verlauf abwarten. Wenn wir jetzt durch die getroffenen Maßnahmen bis Ostern entschleunigen können, dann kostet das zwar unmittelbar starke Einbußen von drei Arbeitswochen (oder sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)). Wenn man von einem mehr oder weniger vollständigen Ausfall ausgeht und mit 50 Arbeitswochen pro Jahr rechnet, dann kostet eine Arbeitswoche circa zwei Prozent Wirtschaftsleistung. Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte sind hierbei jedoch nicht berücksichtigt.

Was heißt das konkret? 

Prof. Larch: Das Bruttoinlandsprodukt betrug in Deutschland im Jahr 2019 etwa 3.436 Milliarden Euro. Sechs Prozent davon wäre dann circa 206 Milliarden Euro. Also, wenn wir bis Ostern entschleunigen können, dann kostet das eventuell bis zu 206 Milliarden Euro BIP, aber es verhindert hoffentlich längerfristig stärkere Auswirkungen. Bei Erfolg der Maßnahmen kann man auch sicherlich einen Teil dieser sechs Prozent in der zweiten Jahreshälfte wieder aufholen.

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 Gab es vergleichbare Situationen, an denen sich Unternehmen und Entscheider orientieren könnten? 

Prof. Larch: Es hat natürlich auch in der Vergangenheit immer wieder temporäre Schocks aufgrund von Epidemien auf den Welthandel und die internationale Migration gegeben. In jüngerer Entwicklung SARS 2002/2003, etwas länger her auch die Spanische Grippe 1918/19 oder ganz früher auch die Pest. Natürlich haben gerade die letzteren zwei in einem anderen wirtschaftlichen und institutionellen Umfeld stattgefunden. Es gibt aber zum Beispiel recht gesicherte Evidenz, dass die Pest 1346-51 entlang von Handelsrouten durch Händler als primäre Überträger verbreitet wurde. Das klingt doch tatsächlich gar nicht so unähnlich zur heutigen Situation – wenn auch hoffentlich die Folgen deutlich weniger dramatisch sein werden.

Welche Maßnahmen halten Sie jetzt für angebracht, um den größten wirtschaftlichen Schaden abzuwenden? 

Prof. Larch: Regionale Handelsabkommen, Änderung von rechtlichen Institutionen und Investitionsschutzabkommen werden im Moment wohl nicht zur Debatte stehen. Insofern halte ich bei temporären Problemen Maßnahmen für notwendig, die schnell wirken, aber eben auch nur zeitlich beschränkt eingeführt werden. Temporäre Steuererleichterungen, Einmalhilfen an Firmen, einmalige Ausfallhaftungen oder kurzfristige Kredithilfen könnten hier geeignete Maßnahmen sein. 

Auf welcher Ebene – EU, Bund, Land, Kommune – sollten diese Maßnahmen greifen? 

Prof. Larch: Da es sich aus meiner Sicht um ein temporäres Problem handelt, das sicherlich unterschiedliche Regionen unterschiedlich betrifft, macht es durchaus Sinn, Maßnahmen auf unterschiedlicher Ebene zu ergreifen. Tourismus zum Beispiel, eine der sicherlich am härtesten betroffenen Branchen, ist nicht in jeder Region gleich stark vorhanden und gleich strukturiert. Regionale Maßnahmen können hier durchaus zielführend und auch zielführender sein als Maßnahmen auf einer höheren Ebene. Für die Entschleunigung der Verbreitung sind sicherlich Maßnahmen auf der EU-Ebene oder sogar auf der internationalen Ebene von Vorteil und vermutlich auch wirksamer.

Quelle: UD/pm
 

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