Einfach Bauen: Nachhaltigkeit auf Bayrischzell
Die Architekturwelt muss die „ESG"-Kriterien berücksichtigen, also Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung konsequent in ihre Projekte integrieren. Der Münchner Immobilienentwickler Euroboden nimmt die Herausforderung an – und entwickelt Projekte, die einen positiven Einfluss auf nachhaltige Lebensräume haben.
13.04.2021
An einem solchen Projekt arbeiten die Münchner gemeinsam mit dem Architekten Florian Nagler in der Voralpengemeinde Bayrischzell. Ein Wohnquartier in zukunftsweisender Massivholzbauweise könnte dort entstehen. Auf einem ehemaligen Bahnareal (Teil des Ortszentrums) sind 69 Wohnungen mit rund 6.000 Quadratmetern Wohnfläche angedacht. Dieser wäre das erste Holzmassiv-Wohnungsbauprojekt in Deutschland, das konsequent auf den von Florian Nagler entwickelten Ansatz des „einfach Bauen" setzt.
Einen Plan dafür haben die Münchner in einem internationalen, prominent besetzten Architektenwettbewerb generiert. Aus diesem ging Nagler als Sieger hervor. Dessen Ursprungsentwurf wurde im Dialog mit der Gemeinde in Bayrischzell weiter ausgefeilt und wird momentan vor Ort präsentiert.
Das Konzept trägt der intakten Ortsstruktur in Bayrischzell Rechnung. Zwischen der gewachsenen Wohnbebauung im Norden und der südlich gelegenen Bahnlinie fungiert das Projekt als räumlicher Vermittler. Zugleich ermöglicht seine Lage direkt am Bahnhof den Bewohnern ein autofreies Wohnen. Das Objekt liegt zentral, sämtliche Versorgungspunkte im Dorf sind fußläufig zu erreichen. Außerdem beginnen viele Wanderwege in der attraktiven Region direkt in der Ortsmitte.
Große Bedeutung misst das Konzept von Florian Nagler Räumen für die Gemeinschaft bei. Es sieht etwa vor, den denkmalgeschützten Lokschuppen zum Quartiers-Treffpunkt umzubauen, inklusive Gemeinschafts- und Gästehaus sowie Café. Zusammen mit Gewerbe- und Atelierflächen für die Bewohner könnte dieser einen weiteren attraktiven Platz für Bayrischzell bilden.
Strategien der Nachhaltigkeit
Der Entwurf folgt dem Prinzip „einfach Bauen". Unter diesem Motto erforscht Florian Nagler an der TU München seit mehreren Jahren neue Ansätze für nachhaltiges Bauen. Die Besonderheit: Anstelle hochtechnisierter und damit wartungsintensiver Systeme verfolgt er den Low-Tech-Ansatz traditioneller Bauweisen, bei denen ressourcenschonende Baustoffe und eine der Nutzung angemessene Architektur im Mittelpunkt stehen. Mit dem Quartier in Bayrischzell könnten Naglers Forschungsergebnisse nun erstmals im großen Maßstab umgesetzt werden. Bayrischzell könnte damit zum Modell für nachhaltiges Wohnen werden.
„Für eine echte Generationengerechtigkeit benötigen wir keine komplizierten Smart Houses, sondern robuste Bauten mit langem Lebenszyklus und ausgeglichener Ökobilanz. Innovative Technologien können uns helfen, das zu erreichen, dürfen aber nie Selbstzweck sein. Ich freue mich, dass Euroboden als privater Entwickler das enorme ökologische Potenzial des „einfach Bauen" nun in einem großen Wohnquartier umsetzen möchte", so Florian Nagler.
Stefan F. Höglmaier, Gründer und Geschäftsführer von Euroboden, ergänzt: „Ich sehe dieses Projekt als Vorreiter für umfassend nachhaltiges Bauen. Wir als Entwickler stellen uns diesem Anspruch. Es gilt, den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojektes in den Blick zu nehmen, vom ökologischen Fußabdruck der Erstellung über den Betrieb bis zur etwaigen Wiederverwertung. Ich freue mich sehr, dass die Gemeinde Bayrischzell bereit ist, solche nachhaltigen Ansätze im Wohnungsbau konstruktiv mit uns zu diskutieren und vielleicht sogar umzusetzen. Hier wächst eine echte Partnerschaft."
Die tragenden Außenwände der geplanten Wohnhäuser in Bayrischzell bestehen aus massiven Holztafeln aus regionaler Produktion. Die Idee: Durch eine eingekapselte Luftschicht kommen sie ganz ohne industrielle Dämmmaterialien aus und erzeugen ohne technischen Aufwand ein angenehmes Klima in den Wohnungen. Da die Holztafeln vorgefertigt werden, könnten die Gebäude schnell und wirtschaftlich errichtet werden. Deren klare Formensprache würde sich vorwiegend aus den konstruktiven Aspekten der Holzbauweise ergeben, des Sockels aus unbewehrtem Leichtbeton und der robusten Satteldächer. Damit würde sie sich zugleich souverän in den lokalen Kontext integrieren. Die Nord-Süd-Ausrichtung der Häuser nutzt die Hanglage geschickt aus: So nehmen die Bauten in ihrer Erscheinung zur Nachbarschaft hin die vorhandene Zweigeschossigkeit auf, entlang der Bahngleise bilden sie eine klar definierte Kante.
In die Zukunft gedacht
Zukunftsorientiert wäre das Wohnquartier nicht nur durch seine ökologische und nachhaltige Bauweise, sondern auch durch seine flexiblen Raumnutzungspotenziale. Beispielsweise ist angedacht, die notwendigen Stellplätze als offene Tiefgaragen in die Topografie einzufügen. Hell, natürlich belüftet und nach Süden offen, könnten diese ohne großen Aufwand auch als Ateliers oder Gewerbeflächen weitergenutzt werden – in einer Zukunft, in der PKW womöglich von einer anderen Form der Mobilität abgelöst sind.