Tipps zum Upcycling eines Fahrrads
Mit dem Fokus auf Umwelt- & Nachhaltigkeitsthemen stehen im diesjährigen „GUINNESS WORLD RECORDS 2022“ Buch zahlreiche Rekorde im Mittelpunkt, die das Bewusstsein für die Verantwortung von uns allen für den Planeten fördern und zum Mitmachen animieren. Passend dazu entstand in einer Kooperation zwischen Ravensburger und Fair-Bikes ein ganz besonderes Unikat: Die UpCycling Manufaktur hat in einem aufwendigen Upcycling-Prozess ein hochwertiges GWR-Bike designt.
22.10.2021
Nikolaj Mosch, Geschäftsführer von Fair Bikes, gibt hilfreiche Tipps für Hobbybastler, wie sie ihr Fahrrad auch ohne große Vorkenntnisse optisch und technisch aufwerten können.
Wie kamst du auf die Idee zur Gründung von Fair Bikes?
Nikolaj Mosch: Es gibt gut 70 Millionen Fahrräder in Deutschland. Viele davon werden nicht mehr genutzt und verstauben wegen optischer Mängel und technischer Neuerungen in Kellern und Garagen. Sie sind zwar defekt, aber viele Teile davon wären noch voll funktionsfähig und werden sinnlos weggeworfen. Insbesondere die Rahmen sind meist noch voll nutzbar. Warum also gleich entsorgen? Ich hatte schon immer Freude daran, Fahrräder wieder funktionsfähig zu machen. Mir ist es wichtig, dass ein zusammengebautes Rad gut aussieht. Die Nachfrage nach meinen Fahrrädern bestätigt mir, dass Nachhaltigkeit gewünscht und wichtig ist.
Was bedeutet Fahrrad-Upcycling überhaupt?
Mosch: Das Up-Cycling ist eine Form des Recyclings und bedeutet, dass mit der Wiederverwendung eine Aufwertung verbunden ist. Das kann technischer, optischer oder auch ideeller Natur sein. Schön ist dabei, dass „Cycling” im Englischen ja „Fahrrad fahren” bedeutet. Ein „Up-Cycling” kann also in unserem Verständnis dafür sorgen, dass mehr Menschen „rauf” aufs Fahrrad kommen.
Warum sollte man sein Fahrrad upcyceln?
Mosch: Das Upcyceln schont Umwelt und Geldbeutel gleichermaßen. So ein „altes” Fahrrad hat oft noch bis zu 70 Prozent funktionierende Technik, das spart die globalen Ressourcen gewaltig und ein Mittelklasse-Fahrrad kann meistens für maximal 250 Euro technisch wieder fit gemacht werden. Und dabei sprechen wir von der Durchführung durch eine Fachwerkstatt. Ein neues Rad kostet einige Hunderter mehr. Weiterer schöner Nebeneffekt: Nach einem optischen Upcycling fährt der Besitzer ein Unikat.
Bei welchen Fahrrädern lohnt es sich?
Mosch: Bei allen Fahrrädern, die mindestens mal Mittelklasse waren. Das sind meist bekannte Markennamen oder gleichwertige Räder aus dem Versandhandel. Besonders lohnt sich ein Upcycling auch, wenn Sitzposition und Fahrverhalten geschätzt werden. Diese individuellen Eigenschaften können erhalten bleiben, während sie bei neuen Fahrrädern erst wieder mühsam gesucht werden müssten.
Brauche ich spezielles Werkzeug / spezielle Vorkenntnisse?
Mosch: Wer es richtig machen möchte, benötigt Spezialwerkzeuge rund um Tretlager, Steuerlager, Zahnkranz und Kette sowie die dazugehörigen Kenntnisse. Die Anschaffung des Werkzeugs lohnt sich für den Hobbyschrauber jedoch nicht. Reifen wechseln, Rahmen lackieren, Griffe tauschen und ähnliches kann aber grundsätzlich fast jeder selbst.
Was kann alles upgecycelt werden?
Mosch: Es gibt viele Ideen: Alte Bremsen aus den 90er Jahren gegen hydraulische Felgenbremsen tauschen, von einer 7-Gang auf eine 10-Gang-Schaltung aufrüsten oder einfache, alte Reifen durch hochwertige Reifen mit Pannenschutz ersetzen. Wer keinen Ärger mit der alten Lichtanlage haben möchte, der baut seinem Fahrrad einen Nabendynamo ein. Und für einen coolen Retro-Look empfehle ich einen Ledersattel und Edelstahl-Details.
Was sollte unbedingt beachtet werden? Wann sollte ich lieber einen Experten zu Rate ziehen?
Mosch: Ein Fahrrad ist ein Verkehrsmittel und muss unbedingt sicher sein. Dazu zählen neben den Bremsen die Verdreh-Sicherheit von Lenker/Vorbau, der feste Sitz der Achsschrauben/Schnellspanner und auch eine neue Kette muss fachgerecht verschlossen sein. Das Entlüften von hydraulischen Bremsen, insbesondere mit ätzender DOT-Flüssigkeit, sollten Bastler nicht selbst durchführen, wenn sie es noch nie gemacht haben. Im Zweifel sollte das Rad von einer Werkstatt auf Sicherheitsmängel überprüft werden.
Wie oft kann ich ein Fahrrad upcyceln? Wann benötige ich ein neues?
Mosch: Theoretisch kann ein Fahrrad unendlich oft upgecycelt werden. Im schlimmsten Fall bricht irgendwann der Rahmen, aber auch der kann getauscht werden. Nur wenn ein wirklich anderer Radtyp gewünscht ist, also beispielsweise ein Stadtrad mit tiefem Durchstieg anstelle eines Rennrads, benötigt man ein neues Modell. Das kann aber dann auch ein upgecyceltes sein.
Hast du auch Ideen, was man mit alten Fahrradteilen, „Neues“ schaffen kann? Hast Du vielleicht auch schon mal etwas gestaltet?
Mosch: Ja, so einiges! Wir haben Gürtel aus alten Reifen und aussortierten Schnallen gebaut, nutzen alte Fahrradschläuche als Kettenstreben-Schutz sowie als Erstwicklung bei Lenkerbändern. Aus alten Ketten, Schläuchen und Vorhängeschlössern designen wir einfache Fahrradschlösser. Selbst der Wohnraum wurde mit Tischen und Lampen aus Felgen oder Uhren aus Bremsscheiben aufgewertet. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Wie kann ich alte Fahrradteile oder Fahrräder, die nicht mehr verwendet werden, recyclen?
Mosch: Alte Fahrräder und Fahrradteile können vollständig bei uns abgegeben werden. In den Großstädten formen sich vereinzelt ähnliche Initiativen. Auch gibt es Jugendwerkstätten, die mit benachteiligten Jugendlichen an Fahrrädern arbeiten.
Was muss ich bei der Pflege und Wartung meines Fahrrads beachten, damit ich lange Freude daran habe?
Mosch: Einmal im Monat den Luftdruck prüfen. Angaben zum korrekten Luftdruck finden sich seitlich auf jedem Reifen. Die Kette sollte mit einem Öl mittlerer Viskosität so moderat geölt werden, dass sie ein dünner Film schützt und gleichzeitig nicht so viel Dreck angezogen wird. Bei Bedarf die Kettenröllchen von verdreckten Schaltwerken reinigen. Außerdem sollten bewegliche Teile wie Gelenke an Schaltwerken oder mechanischen Bremsen mit Kriechöl versorgt sein. Vorsicht bei Bremsscheiben und Felgenbremsflanken, dort darf nichts drauf.
Im Herbst und der dunklen Jahreszeit nutze ich mein Fahrrad vielleicht nicht so intensiv. Kann ich es auf „Stehzeit“ vorbereiten? Und wie mache ich es dann im Frühjahr wieder fit?
Mosch: Ich empfehle, das Rad vor UV-Strahlung zu schützen und es in Keller oder Garage unterzustellen. E-Bike-Akkus sollten teilgeladen bei Raumtemperatur lagern und hydraulische Bremsen vertragen es nicht immer, wenn das Fahrrad an der Wand hängt. Im Frühjahr gilt es Luft, Schmierung und Funktion zu checken, bevor es wieder auf die Straße geht.