Circular Economy

Mehr Papier wiederverwerten

Pappteller, Fahrkarten oder Einweg-Getränkebecher sind nassfest und bestehen neben Papier auch aus weiteren Materialien wie Kunststoff. Deshalb gehören sie nicht ins Altpapier – oder vielleicht bald doch? Das Unternehmen TBP Future aus Moosburg in Bayern hat eine neue Technologie entwickelt, um solche Papierprodukte in Zukunft effizient stofflich wiederverwerten zu können.

11.04.2023

Mehr Papier wiederverwerten

In Deutschland werden laut Papierindustrie jährlich rund 23 Millionen Tonnen Papier hergestellt – davon etwa 18 Millionen Tonnen aus Altpapier. Das ist nach den Worten von DBU-Generalsekretär Alexander Bonde zwar ein erfreulicher Wert. „Aber wir nutzen mehr Rohstoffe, als für unseren Planeten tragbar ist“, so Bonde. „Je mehr vermeintlichen Abfall wir wieder in Wertstoffe für neuwertige Recycling-Produkte umwandeln, desto besser ist das für Umwelt, Klima und den Menschen."

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Beschichtete Papierprodukte lassen sich nur schwer recyceln

Beschichtete Papierprodukte stellen für gegenwärtige Recycling-Verfahren nämlich ein Problem dar. „Normalerweise wird Papier mit Wasser vermengt und es entsteht ein Brei, der sich dann zu neuem Papier verarbeiten lässt“, erklärt Dr. Michael Schwake, DBU-Experte für Umwelttechnik. „Sogenannte schwer zerfaserbare und nassfeste Papiere wie Lebensmittelverpackungen oder Tapeten lösen sich nicht so einfach in Wasser.“ Daher funktioniere das konventionelle Verfahren nicht oder nur mit immensem zusätzlichen Energieaufwand oder Chemikalieneinsatz. Dazu kommt, dass solche Produkte häufig aus Primärfasern hergestellt werden, „also nicht aus Altpapier, sondern aus wertvollen Rohstoffen, die noch oft recycelt und wiederverwertet werden könnten – mit der richtigen Technologie“, sagt Schwake.

Trockenzerfaserung: Neue Technologie für das Papier-Recycling

Eine solche Technologie hat TBP Future in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden und dem Maschinenbauunternehmen Gotic in einem DBU-Projekt entwickelt. Mithilfe eines Rotors werden vorzerkleinerte Papierschnipsel unter anderem durch erzeugte Luftwirbel innerhalb weniger Sekunden in einzelne Fasern zerlegt. Andere Bestandteile wie Kunststoffe werden von den Cellulosefasern getrennt und können aussortiert werden. So entsteht eine Art Faserwolle, die anschließend komprimiert und weiterverarbeitet werden kann. „Bei der Trockenzerfaserung – dem sogenannten Dry Pulping – ist keine Chemie und kein Wasser nötig, umweltbelastendes Abwasser fällt nicht an“, sagt Dr. Tilo Gailat, Geschäftsführer von TBP Future. Nach seinen Worten können Trockenfasern die Papier- und Kartoneigenschaften verbessern sowie die Produktivität steigern. Außerdem verbrauche das Verfahren weniger Energie als eine vergleichbare konventionelle Nass-Aufbereitung.

Trockenfasern können Primärrohstoffe ersetzen – mobile Testanlagen im Einsatz

Gailat zufolge haben zahlreiche Tests gezeigt, dass die Trockenfasern „uneingeschränkt für die erneute Herstellung von Papieren oder anderen faserbasierten Produkten wie Verpackungen geeignet sind und so Primärrohstoffe ersetzen können“. Das Projektteam geht davon aus, mit dem neuen Trockenverfahren mindestens 1,5 Millionen Tonnen Papier zusätzlich pro Jahr allein in Deutschland recyceln und zu neuen Produkten verarbeiten zu können. „Das ist ein riesiger Markt, der in Zukunft – etwa durch den steigenden Anteil von Papierverpackungen als umweltfreundlicher Ersatz für Plastik – weiter wachsen wird“, sagt Gailat. Aktuell seien zwei mobile Testanlagen im Einsatz, mit denen „Papierhersteller oder Recyclingunternehmen die Trockenzerfaserung selbst ausprobieren können“, sagt Gailat. Mehrere 100 Tonnen Recycling-Fasern wurden so schon hergestellt.

Digitale Rohstoffplattform und neue Technologie wichtige Beiträge zur Kreislaufwirtschaft

Darüber hinaus arbeitet das Projektteam in einem anderen DBU-geförderten Vorhaben mit einem Recyclingunternehmen an einer digitalen Rohstoffplattform. Diese soll ein ganzheitliches Logistiksystem bieten, „von der Erfassung geeigneter Papierfaser-Quellen über die Aufbereitung bis zur Vermittlung etwa an Papierhersteller“, sagt Gailat. Zudem soll die zu entwickelnde Plattform ein Expertensystem beinhalten – also ein Computerprogramm, das mithilfe von künstlicher Intelligenz optimale Prozessparameter für das Dry Pulping Verfahren auswählt. Laut DBU-Generalsekretär Bonde hat die Kombination einer innovativen Aufbereitungstechnik mit einer digitalen Plattformlösung „hohes Potenzial, um die Ressource Holz zu schonen, den Altpapieranteil zu steigern und eine umfassende Kreislaufwirtschaft voranzutreiben, bei der Wertstoffe so oft wie möglich aufgearbeitet und recycelt werden.“ Insgesamt fördert die DBU beide Projekte mit rund 640.000 Euro.

Quelle: UD/fo
 

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