Lieferkette

Berlin kündigt Aktionsplan der UN-Leitlinien zu Menschenrechten für 2016 an

Die Bundesregierung hat für 2016 einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte angekündigt. Auf der UPJ-Jahrestagung skizzierte das Auswärtige Amt jetzt die anstehende Roadmap zur Umsetzung. Juristen warnen allerdings davor, die Leitlinien mit verbindlichem Recht zu verwechseln. Für Unternehmen wie NGOs gilt: Das Thema Menschenrechte bleibt trotz UN Regeln ein juristisch äußerst unpräzises Terrain.

02.04.2015

Berlin kündigt Aktionsplan der UN-Leitlinien zu Menschenrechten für 2016 an zoom

Wirtschaft und Menschenrechte sind seit Jahrzehnten ein kontrovers diskutiertes Thema innerhalb der Vereinten Nationen. Bereits 1973 unternahm eine UN Konferenz einen Anlauf, hier Regeln und Standards zu schaffen. Die Arbeitsgruppe wurde jedoch zwei Jahrzehnte später im Jahr 1994 ohne Ergebnis eingestellt. 1998 unternahm die UN daraufhin einen neuen Versuch, aber auch dieser war zum Scheitern verurteilt. 2004 wurde die entsprechende Working Group aufgelöst. Der damalige UN Generalsekretär Kofi Annan wollte es aber nicht dabei belassen, sondern wagte einen dritten Anlauf. Dafür gewann er den renommierten Harvard-Professor John Ruggie als federführenden Experten. 2008 legte dieser einen ersten Entwurf unter dem Titel „UN Protect, Respect and Remedy Framework and Guiding Principles“ vor.

Der UN Menschenrechtsrat beauftragte daraufhin Ruggie, diese in ein Regelwerk auszuarbeiten. 2011 schließlich war das Thema formal auf der UN Agenda angekommen und wurde als „UN Guiding Principles on Business and Human Right“ verabschiedet. „Damit wurde erstmalig ein globaler Rahmen für die Umsetzung der staatlichen Schutzpflicht und der unternehmerischen Verantwortung in Bezug auf Wirtschaft und Menschenrechte geschaffen“, heißt es dazu beim Bundesarbeitsministerium. Diese Leitprinzipien müssen nun in nationale Regeln übersetzt und übertragen werden. Bisher erfolgte diese Umsetzung allerdings schleppend, klagen NGOs. „Das Kanzleramt steht hier auf der Bremse“, sagt Cornelia Heydenreich, Expertin für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch in der FR.

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Bundeskabinett will bis 2016 Aktionsplan verabschieden

Über den aktuellen Stand der Umsetzung informierte jetzt Christian Berger vom Auswärtigen Amt. Dort ist man seit 2014 federführend mit der nationalen Umsetzung befasst. Ziel sei es, so Berger, die Leitprinzipien in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Der Bundesregierung gehe es dabei nicht so sehr um Schnelligkeit, als vielmehr Gründlichkeit. „Die Bundesregierung will allen Beteiligten klare Vorgaben geben, um deutlich zu machen, zwischen welchen Leitplanken man sich bewegt“, so Berger.
Im November letzten Jahres gab es dazu einen ersten Multi-Stakeholder-Dialog, der zehn zentrale Diskussionsthemen identifizierte. Anfang Mai diesen Jahres soll auf einer Konferenz im BMAS der Startschuss zur Diskussion dieser konkreten Problemstellungen erfolgen. Daran anschließen werden sich Expertenanhörungen. Bis Ende des Jahres soll dann der Entwurf eines Aktionsplanes stehen, der im Laufe des kommenden Jahres zu einer Kabinettsvorlage ausgearbeitet wird.

Menschenrechte juristisch nicht fassbar

Aber sind Menschenrechte überhaupt so einfach juristisch verankerbar? Spontan mag die Antwort sicher „ja“ lauten, aber mit Blick auf weltweite Standards, unterschiedliche Kulturen, Religionen und Gewohnheiten fällt die Antwort schon schwerer. Darauf weist auch die Juristin Dr. Birgit Spießhofer von der internationalen Kanzlei Dentons hin: „Der Satz ,Unternehmen sollen alle Menschenrechte respektieren‘ ist in der Praxis nicht durchführbar“, so Spießhofer. Was nämlich in Deutschland rechtens ist, gilt beispielsweise nicht für Saudi Arabien oder andere Länder. Daraus ergeben sich für Unternehmen große Räume der Rechtsunsicherheit. Das gilt nicht nur für international agierende Firmen, sondern praktisch für jeden Betrieb, der Produkte oder Bauteile aus aller Welt zukauft. Einen Überblick über die gesamte Lieferkette zu haben, sei unmöglich, so Spießhofer weiter. In der Praxis sichern Firmen dies allerdings zu. So unterschreibt der Vertrieb oft entsprechende Klauseln, um den Auftrag zu bekommen, auch wenn die Firma dies gar nicht zu 100 Prozent wissen könne. Spießhofer: „Die agieren nach dem Prinzip Augen zu und durch.“

Die Juristin warnt allerdings davor, in Zukunft die UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten als Regelwerk misszuverstehen. Das könnten die Leitlinien angesichts von unterschiedlichem, oftmals auch widersprechendem nationalen Recht und vor allem unzähligen regionalen Rechtsauslegungen auch gar nicht sein. Beim Thema Menschenrechte gebe es weltweit keinen juristisch eindeutigen Standard. Einzig beim Aspekt Zwangsarbeit und Sklaverei herrsche so etwas wie ein globaler Konsens unter Juristen. Spießhofer plädierte deshalb dafür, die UN-Leitprinzipien zu Menschenrechten als das zu verstehen und zu nutzen, was sie – juristisch betrachtet – seien: Eine Quelle, aus der Standards auf regionaler oder nationaler Ebene entstehen können. Das sieht auch die Bundesregierung so. So heißt es beim BMAS: „Mit der Resolution hat der Menschenrechtsrat auch die Einrichtung einer 5-köpfigen UN-Expertengruppe und eines jährlichen Multi-Stakeholder-Forums zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte beschlossen. Beide Mechanismen sollen der Verbreitung und Umsetzung der Prinzipien dienen.“

Quelle: UmweltDialog
 

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