Kabinett billigt Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte
Nach zweijährigen Verhandlungen hat das Bundeskabinett den Nationalen Aktionsplan Menschenrechte (NAP) beschlossen. Damit werden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umgesetzt. Der Aktionsplan will einen Beitrag zu nachhaltigen Lieferketten leisten und Risiken ausschalten, die durch Intransparenz und die oft mangelhafte Durchsetzung von Menschenrechten, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entlang der Lieferketten global agierender Unternehmen entstehen.
23.12.2016
Das Auswärtige Amt hatte die Federführung für die Erstellung des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung übernommen. Den Startschuss zur Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans erfolgte im Rahmen einer Auftaktkonferenz im November 2014. Die Entwicklung des Aktionsplans wurde in einem engen Konsultationsprozess mit Vertretern aus Politik, Unternehmen, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Verbänden und Wissenschaft angelegt. Damit sollte eine größtmögliche gesellschaftliche Unterstützung für den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung erreicht werden.
Um Wettbewerbsgleichheit für alle Unternehmen zu erreichen, ist eine gesetzliche Verankerung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten notwendig. Sie fehlt im Nationalen Aktionsplan. Der Plan setzt sich lediglich zum Ziel, dass bis 2020 mindestens die Hälfte der Unternehmen mit über 500 Mitarbeitenden Verfahren zur menschenrechtlichen Sorgfalt einrichten.
NGOs äußeren starke Kritik
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. fordert von der Bundesregierung Korruptionsprävention bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte zu berücksichtigen. „Der Appell zur Einhaltung dieser Standards reicht nicht aus, um nachhaltige Lieferketten sicherzustellen. Es muss gleichzeitig auch Korruption bekämpft werden, denn die Opfer von Menschenrechtsverletzungen sind oft auch Opfer von Korruption“, sagt Prof. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland.
„Der Aktionsplan äußert zwar die Erwartung, dass Unternehmen die Menschenrechte bei ihren Auslandsgeschäften achten. Wenn Unternehmen dies ignorieren, müssen sie aber weder Bußgelder, noch Zivilklagen oder andere Konsequenzen fürchten“, bemängelt Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Auslandsinvestoren ihre Rechte international einklagen können, während Opfern von Menschenrechtsverletzungen diese Möglichkeit verweigert wird.“
Viel Absicht, wenig Wirkung?
„Immerhin setzt sich die Bundesregierung eine Zielmarke: Bis 2020 sollen die Hälfte aller Großunternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten umsetzen“, erklärt Julia Duchrow, Mitglied im Koordinierungskreis des Forums Menschenrechte, und begrüßt, dass das Bundesfinanzministerium seine völlige Blockadehaltung aufgeben musste. Für den Fall, dass dieses Ziel verfehlt wird, erwägt die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung. „Die Bundesregierung sollte ein solches Gesetz nicht nur erwägen, sondern unmissverständlich ankündigen, falls die Unternehmen nicht liefern“, so Duchrow. Wichtig sei zudem eine unabhängige und transparente Überprüfung auf Grundlage robuster Kriterien.
„Der Nationale Aktionsplan ist voll von hehren Absichtserklärungen, die wir grundsätzlich begrüßen. Doch was sind sie wert, wenn gleichzeitig EU-Richtlinien wie diejenige zur öffentlichen Beschaffung in deutsches Recht umgesetzt wurden, ohne die Menschenrechte zur verbindlichen Richtschnur zu machen?“, kritisiert Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung. „Mit dem Aktionsplan bleibt die Bundesregierung noch hinter Maßnahmen anderer Länder wie Frankreich, Großbritannien und den USA zurück.“
Auch der FDP-Politiker und ehemalige Menschenrechtsbeaufter der Bundesregierung, Markus Löning, klagt: „Der vom Kabinett verabschiedete Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte zeigt den Unternehmen deutlich, dass die Politik in Zukunft von ihnen eine bessere Achtung der Menschenrechte in ihrer Lieferkette erwartet. Allerdings nimmt die Bundesregierung nicht ausreichend zur Kenntnis unter welchem erheblichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichem Druck Firmen stehen, Menschenrechte in ihrer Lieferkette zu achten. Verbraucher, Geschäftskunden aber auch Finanzierer erwarten transparente Lieferketten und die Durchsetzung und ein professionelles Risiko-Management der Arbeits- und Sozialstandards und Menschenrechtsfragen bei Zulieferern.“