Kinderrechte & Reporting
Kinderrechte werden nur dann langfristig verbessert und geschützt, wenn alle Verantwortlichen das Thema zur regelmäßigen Aufgabe machen. Für Unternehmen stellt sich hier die Frage, wie sich die Rechte von Kindern in die herkömmlichen Managementabläufe und in die CSR-Berichterstattung integrieren lassen. Unter Federführung von UNICEF entstehen hier derzeit Handbücher und Regelwerke, die explizit Standards wie die der Global Reporting Initiative (GRI) einbeziehen.
08.05.2014
„The Children’s Rights and Business Principles“ ist eine im März 2012 gestartete gemeinsame Initiative von UNICEF, Save the Children und dem UN Global Compact. Ziel ist es, ein Umfeld und Regeln zu schaffen, in welchem man von Unternehmen erwarten kann, dass sie die Rechte der Kinder im Rahmen ihrer CSR-Reports berücksichtigen. Klare Regeln und Indikatoren sollen die Reportingqualität verbessern und in ein robustes Mandat einfügen. Die aktuelle Art und Weise, mit dem Thema umzugehen, ist nach Ansicht der Autoren – mit wenigen Ausnahmen – deutlich unterentwickelt. Insbesondere kritisieren sie bei der CSR-Berichterstattung folgende Trends und Lücken bei der Thematisierung von Kinderrechten:
- Eine Überbetonung der Philanthropie,
- Fehlende Diskussion und Systematisierung der Probleme und Auswirkungen,
- Mangelnde Berichterstattung über politische Aspekte,
- Mangel an Ausgewogenheit in der Berichterstattung (es überwiegt eine positive Berichterstattung, Probleme werden kaum adressiert),
- Wenn sie überhaupt erfolgt , dann thematisiert die CSR-Berichterstattung bei Kinderrechten Richtlinien und Prozesse, aber nicht deren Einhaltungsgrad und Leistungen.
Integration von Kinderrechten
Menschenrechtspolitik, sofern sie sich auf Kinder bezieht, reduziert sich oft nur auf die Verhinderung von Kinderarbeit. Wenn Unternehmen über Menschenrechte im Zusammenhang mit Due Diligence – also über ihre Sorgfaltspflicht – berichten, heben sie in der Regel nicht Informationen über Kinder als betroffene Akteure separat hervor. Auch Beispiele, bei denen Kinder als Stakeholder aktiv berücksichtigt werden, sind mehr als selten. Die Autoren der Initiative fanden bisher kein Beispiel, bei welchem ein Unternehmen kindgerechte Prozesse beim Themenkomplex Nachbesserung (einschließlich Beschwerdemechanismen) eingeführt hat. Das heißt nicht, dass es so etwas nicht gibt, aber man findet es zumindest nicht berichterstattenswert.
Kinderrechte am Arbeitsplatz (einschließlich Lieferkette)
Branchenreaktionen auf die Verletzung von Arbeitsrechten in der Lieferkette – vor allem bei freiwilligen Verhaltenskodizes und deren Überwachung – werden als zunehmend unwirksam angesehen, sogar von den Firmen selbst. Zu diesem Fazit kommen die Autoren der „The Children’s Rights and Business Principles“-Initiative. Manche Unternehmen seien sogar kontraproduktiv bei der Erfassung, Aufklärung und Verhinderung dieser Verletzungen. Menschenrechtsgruppen weisen seit vielen Jahren auf die Probleme beim Supply-Chain-Monitoring hin, wie etwa doppelte Buchführung, das Trainieren der Antworten der Beschäftigten vor einer Überprüfung, und die Unfähigkeit der Wirtschaftsprüfer, weniger sichtbare Verletzungen wie Diskriminierung oder fehlende Versammlungsfreiheit überhaupt festzustellen. Wissenschaftliche Studien haben die Grenzen von Verhaltenskodizes und deren Abschlussprüfung unterstrichen, und in jüngerer Zeit haben Industrie-geführte Initiativen wie das Global Social Compliance Program (GSCP) und das Business for Social Responsibility´s (BSR) diese Realitäten ihrerseits eingeräumt.
Ein Ergebnis war daraufhin ein Schritt in Richtung Stärkung der Lieferanten bei Themen wie Personalmanagement und Management-Systemen als eine Alternative zu Compliance-Audits. Dieser Schritt kann Maßnahmen beinhalten wie etwa das Training der Werksleitung, Verbesserung von Prozessen und natürlich die Aufklärung der Arbeiter selbst, welche Rechte sie haben. Außerdem können auch die tieferliegenden Ursachen von anhaltenden Verstößen gegen Arbeitsrechte in der Lieferkette angesprochen werden. Dazu zählen etwa die eigenen Einkaufspraktiken des Unternehmens, die möglicherweise einen übermäßigen Druck auf Lieferanten ausüben, Aufträge zu erfüllen, auch wenn es dabei zu Praktiken wie erzwungene Überstunden oder den Einsatz von Kinderarbeit kommt. In diesem Zusammenhang wird von Unternehmen zunehmend erwartet, dass sie darüber berichten, was sie auch jenseits von Compliance-Audits machen, z.B. bei Qualifizierungsinitiativen für Lieferanten, Arbeiter-Weiterbildungsprogrammen sowie ob und wie Unternehmen die eigene Einkaufspolitik unter die Lupe nehmen.
Der Staat ist hierbei meist keine Hilfe. Oft fehlt es an klarer Anleitung, wie man Fälle von Menschenrechtsverletzungen und die unternehmerischen Bemühungen dagegen adressieren soll. Auf der Suche, dieses Vakuum zu füllen, hat jüngst eine Publikation von institutionellen Investoren aus den USA (ICCR , CBIS und Calvert) einen jährlichen, verbindlichen Report von Unternehmen eingefordert, der die folgenden Punkte einfordert:
Unternehmen sollen die gesetzliche Einhaltung von
- Menschenrechts-Grundsätzen,
- Due Diligence-Prozessen,
- Menschenrechts-Risikobewertungen,
- Prüfung und Rückverfolgbarkeit,
- Training und Befähigung von Mitarbeitern, Lieferanten, Auftragnehmern und Prüfern nachweisen.
Verbraucher
Verbraucheraspekte sind eine bewusst breit angelegte Kategorie innerhalb der „The Children’s Rights and Business Principles“. Dazu zählen etwa Fragen zur Produktsicherheit und Kindgerechtheit, zur Privatsphäre, zu Marketing, Werbung und Kennzeichnung und natürlich Fragen zur Kontrolle des Zugangs zu Produkten und Dienstleistungen, die für Kinder verboten sind. Hierzu allgemeingültige Aussagen und Empfehlungen zu machen, ist schwierig, und die Autoren erkennen keine klaren Trends und Berichterstattungsniveaus. Drei kritische Felder müssen hier dennoch besonders hervorgehoben werden: Die Pharma-Industrie und das Recht von Kindern auf Gesundheit, die Lebensmittel- und Getränke-Werbung für Kinder und der Online-Schutz von Kindern.
Ein komplexer, aber integraler Bestandteil der unternehmerischen Auswirkungen auf Kinderrechte vor allem bei Verbraucherthemen ist das Lobbying. Investoren und zivilgesellschaftliche Organisationen heben die wachsende Einflussnahme von Firmen auf die Politik seit der Mitte der 2000-er Jahre hervor. Insbesondere in den USA wächst die Sorge, wie Firmen Einfluss auf Politik und Gesetze nehmen. Die Furcht hat zugenommen, seitdem in 2010 der Oberste Gerichtshof in einem Urteil "Citizens United" beschloss, dass Unternehmen die gleichen Rechte auf politische Teilhabe haben wie Privatpersonen und das Höchstmaß für Parteispenden aufhob.
Der Beitrag erschien im Original im Jahrbuch Global Compact Deutschland 2013