Transparente Lieferketten gefordert
Skandale in Zulieferbetrieben großer Konzerne etwa aus der Textil- oder der Elektronikindustrie haben zu einer steigenden Kritik an der Intransparenz globaler Lieferketten geführt, die auch deutsche Unternehmen zu spüren bekommen: In einer Befragung der größten deutschen Unternehmen gaben über 70 Prozent der Antwortenden an, dass sie eine vermehrte Nachfrage dazu wahrnehmen, wie sie Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen und mit Risiken aufseiten ihrer Lieferanten umgehen. An der Befragung „Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Praxis“ des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Unternehmensvereinigung „future – verantwortung unternehmen“ haben sich 63 der größten deutschen Unternehmen beteiligt.
07.09.2016
Die Lieferketten von Unternehmen spannen sich um den gesamten Globus. Über die Auswahl ihrer Lieferanten sind deutsche Unternehmen mitverantwortlich für die Arbeitsbedingungen und Umweltstandards an anderen Orten in der Welt. Nachhaltiges Wirtschaften endet nicht am eigenen Werkstor, sondern reicht weit darüber hinaus“, kommentierte IÖW-Wissenschaftler Gerd Scholl die Befragungsergebnisse.
Auf ein weiteres Ergebnis wies IÖW-Geschäftsführer Thomas Korbun hin: „Gut drei Viertel der antwortenden Unternehmen – überwiegend selbst CSR-Berichterstatter – befürworten, dass es nach EU-Recht ab dem Jahr 2017 für Großunternehmen verpflichtend wird, Rechenschaft über ihren Umgang mit Menschenrechts-, Arbeits-, Sozial- und Umweltbelangen abzulegen – auch entlang der Lieferketten.“ Die berichterstattenden Unternehmen haben dies bislang auf freiwilliger Basis getan und sahen die Berichtspflicht in der Vergangenheit auch eher kritisch.
Die Unternehmensbefragung ist Teil des Rankings der Nachhaltigkeitsberichte von IÖW und future, in dem auf Basis umfangreicher Qualitätskriterien Berichte von Großunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen bewertet werden. „In vielen Unternehmen sind Nachhaltigkeitsberichte längst zum selbstverständlichen Bestandteil der Unternehmenskommunikation geworden“, so Udo Westermann von future. „In unserem Benchmarking unternehmerischer Nachhaltigkeitsberichterstattung waren noch nie so viele Unternehmen vertreten wie in diesem Jahr. Aber es gibt weiterhin Leerstellen: Von den 150 größten deutschen Unternehmen veröffentlicht bislang etwa jedes zweite Unternehmen noch keinen eigenen Nachhaltigkeitsbericht.“
Mit dem Ranking der Nachhaltigkeitsberichte verfolgen das IÖW und future das Ziel, auf eine Verbesserung der Qualität und Transparenz der Berichterstattung hinzuwirken. Welche deutschen Unternehmen am besten über Nachhaltigkeit berichten und in welchen Bereichen noch Defizite bestehen, wird am 23. September 2016 auf der Konferenz „CSR-Reporting vor der Berichtspflicht“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Berlin bekanntgegeben.