Technik ohne den Menschen funktioniert nicht wirklich
In Deutschland sind wir stolz auf unsere Ingenieursleistungen. Auch für die Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudemanagement bietet die Technik jede Menge perfekter Lösungen. Das Dumme ist nur: Es wird nicht wirklich was gemanagt. Sonst würde man auf den menschlichen Faktor und die Rahmenbedingungen, die beim wirkungsvollen Einsatz von Technik eine wesentliche Rolle spielen, ebenso viel Sachverstand und Professionalität verwenden wie auf die ingenieurmäßige Seite des Problems.
22.12.2016
Eine knappe Stunde lang diskutierten 40 Teilnehmer des 7. Energieforum in Halle sowie die beiden Experten Tanja Loitz (co2online) und Eberhard Hinz (IWU) über die Frage, wie man die Sanierungsaktivität der privaten Hausbesitzer erhöhen könnte. Schließlich gelte es, einen „schlafenden Riesen“ zu wecken, also ein enormes Potenzial an Energieeffizienz zu erschließen.
Im Eröffnungsvortrag hatte Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert gefordert, die derzeitige Sanierungsquote von knapp einem Prozent auf zwei Prozent zu verdoppeln, um die Ziele der nationalen Klimastrategie zu erreichen. In ihrem Fachvortrag im Plenum hatte Tanja Loitz festgestellt, dass nur ein knappes Drittel der sanierungsaktiven Eigenheimbesitzer einen Energieberater hinzuziehen, nur in 40 Prozent der Fälle auch Förderprogramme in Anspruch genommen werden sowie in den meisten Fällen die Anpassung neuer Technik an die bauliche Situation und die Nutzeranforderungen (Stichwort „hydraulischer Abgleich“) unterbleibt. Eberhard Hinz wies zudem darauf hin, dass beileibe nicht jede energetische Sanierungsmaßnahme sich auch wirtschaftlich rechnet.
In der moderierten Diskussion wurden folgende Hemmnisse für die Weckung des „schlafenden Riesen Wärmeeffizienz“ benannt und unterschiedlich intensiv diskutiert:
- Die „Beratungsabstinenz“ der Hauseigentümer
- Die suboptimale Nutzung spezifischer Förderprogramme
- Die Vernachlässigung der Gebäude-„Kybernetik“, also der Anpassung und Einregelung technischer Anlagen für einen tatsächlich effizienten Betrieb und der Abstimmung verschiedener Komponenten aufeinander (Heizanlage, Fenster, Dämmung etc.)
- Die schwer zu berechnende Wirtschaftlichkeit der Investitionen
- Der Mangel an qualifizierten Handwerkern sowie die unzureichende Koordination aller an einer Sanierung Beteiligten
Im Fokus der Diskussion stand zunächst die Energieberatung. Dass Hausbesitzer den Wert einer solchen Beratung nicht erkennen, wurde vor allem auf zwei Faktoren zurückgeführt: Zum einen gebe es keine Qualitätsstandards für das Berufsbild „Energieberater“, denn letztlich könne sich jeder so nennen. Eine staatlich überwachte Qualitätsgarantie wäre hier hilfreich. Zum anderen ist jedoch für die Hausbesitzer selbst „Energie“ bzw. Energieeinsparung kein wesentliches Motiv. Insofern müssten die Energieberater eher so etwas wie „Wohnqualitätsberater“ sein.
Dies erklärt auch zum Teil, dass für Energieberatung nicht gern Geld ausgegeben wird. Die Vertreterin des Verbraucherschutzes im Workshop berichtete, dass die Zahl der Energieberatungen deutlich zurückgegangen sei, seit sie nicht mehr kostenlos sind, sondern fünf Euro kosten. Bei den Beratungen der Verbraucherzentrale handelt es sich um Erstberatungen, die nur der ersten Orientierung und Sensibilisierung für das Thema dienen. Es sollte überlegt werden, ob nicht der Staat diese Einstiegs-Energieberatung finanziell fördern sollte, um sie wieder kostenlos anbieten zu können. Die Beratungskapazitäten der Verbraucherzentrale würden eine deutliche Steigerung der Beratungen ohne weiteres zulassen.
Im Workshop berichteten einzelne Energieberater jedoch auch von sehr positiver Resonanz und einer starken Nachfrage. Die Gründe dafür liegen in ständiger Fortbildungsbereitschaft und Erweiterung des Kompetenzspektrums, aktiver Netzwerkarbeit und gekonntem Eigenmarketing, also einer hohen kommunikativen Kompetenz der „Resistenz“ gegen die Lobbyarbeit der Hersteller, um eine neutrale und vertrauenswürdige Beraterposition gegenüber dem Kunden aufzubauen.
In der Schlussphase des Workshops wurde ein Mangel an ordnungspolitischer Unterstützung sowie das Fehlen von übergreifenden und wirkungsvollen Werbekonzepten diskutiert. Der verpflichtende und tatsächlich nachgewiesene hydraulische Abgleich im Rahmen bestimmter Sanierungsszenarien oder die Inanspruchnahme einer professionellen Energieberatung bei bestimmten Bau- und Sanierungsmaßnahmen könnten vorgeschrieben werden. Und solange die Terminologie von „Energiesparen“, „Sanierung“ und eine techniklastige Fachsprache die Kundenkommunikation dominieren, dürfte die Bereitschaft der Hausbesitzer, den „schlafenden Riesen“ als Freund anzusehen, nicht zunehmen.