Von der Mine bis zur Fabrik
Lieferketten optimieren, Fehlerquellen eliminieren, soziale und ökologische Standards garantieren – das sind die Ziele der Zusammenarbeit des VW Konzerns mit Minespider. Gemeinsam soll im Rahmen eines Pilotprojekts die globale Blei-Lieferkette transparent gemacht werden. Durch digitale Zertifikate ermöglicht die Blockchain-Technologie die Rückverfolgung des Rohstoffs bis zum Ursprung.
08.05.2019
Die Transparenz von Lieferketten ist ein branchenübergreifendes Brennpunktthema, auch für die Automobilindustrie. Um nachhaltige Mobilität zu ermöglichen, ist verantwortungsvolle Rohstoffbeschaffung elementar. Für mehr Transparenz und Sicherheit in der Lieferkette soll bei Volkswagen künftig die Technologie sorgen, die hinter verschiedenen Kryptowährungen steht: Blockchain. Gemeinsam mit Minespider wird sie ab April genutzt, um die Lieferkette von Blei vom Ursprung bis in die Fabrik zu verfolgen. Ursprung bedeutet hierbei: Abbau oder Recycling. Pilotiert wird mit Lieferanten und Sub-Lieferanten, die mehr als zwei Drittel des gesamten Konzernbedarfs an bleihaltigen Starterbatterien abdecken.
Transparenter Informationsaustausch
Die von Minespider entwickelte Lösung basiert auf einer öffentlichen Blockchain. Dass trotz des Open-Source-Ansatzes die sensiblen Daten der Lieferkette geschützt werden, garantiert eine Multi-Layer-Architektur, einem aus mehreren Schichten bestehenden System. Auf der einen Ebene befinden sich die Informationen, die jeder sehen kann, auf der anderen die privaten Datenblöcke, die nachträglich nicht geändert werden können, eine dritte Ebene dient der Verschlüsselung. Der Vorteil gegenüber einer privaten Blockchain: Von Lieferanten über Sub-Lieferanten bis hin zu jenen, die unmittelbar für den Abbau oder das Recycling des Rohstoffs verantwortlich sind, können alle auf einem System arbeiten, auch über verschiedene Lieferketten hinweg.
Gemeinsam soll so eine digitale Infrastruktur aufgebaut werden, die transparenten Informationsaustausch ermöglicht. „Die Digitalisierung liefert wichtige technologische Instrumente, die uns dazu befähigen, den Weg von Mineralien und Rohstoffen entlang grenzüberschreitender Lieferketten immer detaillierter nachvollziehen zu können“, so Marco Philippi, Leiter Strategie Konzernbeschaffung. „Zusammen mit Minespider werden wir die Blockchain-Technologie nutzen, um unsere Prozesse transparenter und sicherer machen.“
Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung
Das Pilotprojekt bei der Blei-Lieferkette dient auch dazu, den Rahmen für eine breitere Zusammenarbeit abzustecken. Nach erfolgreicher Pilotierung ist geplant, die Technologie bei weiteren Rohstoffen und den dazugehörigen Lieferketten anzuwenden. „Globale Lieferketten befinden sich in einem Transformationsprozess“, sagt Nathan Williams, CEO von Minespider. „Unternehmen haben das Recht darauf, sicherstellen zu können, dass ihre Lieferanten verantwortungsbewusst agieren. Durch die Blockchain wird ihnen genau das garantiert.“
Seit Jahrzehnten verfolgt der Volkswagen Konzern den Grundsatz, dass Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung nicht erst in der Produktion anfangen. In einem Unternehmen mit internationalen Produktionsstätten und Vertriebsaktivitäten in mehr als 150 Ländern ist die Wahrung der Sorgfaltspflicht eine enorme Herausforderung und eine große Verantwortung. Das erklärte Ziel lautet, Industrierohstoffe zu verwenden, die nachhaltig gewonnen werden und bei denen eine möglichst sozial- und umweltverträgliche Gewinnung gewährleistet ist.
Hackathon for Supply Chain Transparency
Die jetzt zustande gekommene Zusammenarbeit geht auf den im vergangenen Jahr ausgetragenen „Hackathon for Supply Chain Transparency“ zurück, bei dem Minespider den ersten Platz erreichen konnte. Rund 100 Experten aus unterschiedlichen Disziplinen arbeiteten im Zuge der Veranstaltung, die Teil des Corporate Citizenships des Volkswagen Konzerns ist, gemeinsam daran, innovative, digitale Lösungen für mehr Transparenz in der Lieferkette weiterzuentwickeln. Die „Hackathon”-Serie wird 2019 fortgesetzt.
Das Blockchain-Netzwerk
Die Blockchain-Technologie ergänzt die aktuell im Volskwagen Konzern angewendeten Beurteilungs- und Prüfverfahren und unterstützt die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) etablierten Standards für verantwortungsbewusste Beschaffung. Darüber hinaus ermöglicht die Technologie die dauerhafte Aufzeichnungen der Befolgung von Compliance-Vorschriften und Regeln. Traditionell müssen sich Lieferkettenpartner und Kunden auf aufwändige manuelle Prozesse verlassen, um die Einhaltung allgemein anerkannter Industriestandards zu gewährleisten.
Die neue Plattform, die auf der IBM Blockchain-Plattform und auf dem Hyperledger-Fabric der Linux Foundation basiert, ermöglicht die Rückverfolgung der Herkunft von Mineralien und ist für alle Unternehmen in der Lieferkette transparent. Das Netzwerk wurde von der RCS Global Group auf die Einhaltung der Standards für verantwortungsbewusste Beschaffung validiert. Die Mitglieder können auf sichere und unveränderliche Daten zugreifen und ergänzen, um den Weg von Mineralien nahezu in Echtzeit verfolgen und aufzeichnen zu können.
Das Blockchain-Netzwerk umfasst bereits Teilnehmer auf jeder wichtigen Stufe der Lieferkette von der Mine bis zum Endbenutzer. Weitere Teilnehmer sind die Ford Motor Company, Huayou Cobalt, IBM, LG Chem sowie die RCS Global Group.
Das Netzwerk wird sich auf Basis seiner offenen Struktur darauf fokussieren, weitere Mitglieder aus anderen Industrien, wie Luftfahrt, Konsumelektronik und Minenindustrie zu gewinnen.