Lieferkette

Papier: so wertvoll wie nie

Holz ist so knapp und teuer wie schon lange nicht mehr. Das bekommt neben der Bau- vor allem die Papierindustrie zu spüren, zumal wegen der Corona-Pandemie auch der Altpapiermarkt durcheinandergeraten ist. Die Folgen sind erheblich: Papierhändler, Druckereien und Verlage verändern ihre Einkaufsstrategien und vergrößern ihre Lagerkapazitäten.

29.10.2021

Papier: so wertvoll wie nie

Ein Blick in deutsche Wälder erweckt den Eindruck, es gebe ein Holz-Überangebot. Durch die Dürren der vergangenen Jahre wurden insgesamt 285.000 Hektar Waldfläche zerstört, bilanzierte die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) im Februar 2021. An den Waldrändern türmen sich Stapel abgeholzter Baumstämme. Trotzdem ist Holz derzeit knapp – und wird vor allem immer teurer. Denn es ist zum begehrten Export-Gut geworden und fehlt somit auf dem europäischen Markt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen haben die Konjunkturprogramme in den USA einen Bauboom ausgelöst. „An der Chicagoer Rohstoffbörse wird Bauholz gerade zu einem Preis gehandelt, der fünfmal so hoch wie vor einem Jahr ist“, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland im Mai. Zum anderen treibt die immense Holz- und Zellstoffnachfrage aus China die Preise und verknappt das Angebot nach Angaben des Branchenverbands „Die Papierindustrie“ noch weiter. Immerhin landet laut WWF fast jeder zweite industriell gefällte Baum in der Zellstoffproduktion.

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Holzmangel macht das Papier teurer

Betroffen sind vom Holzmangel gerade auch Papierindustrie und -handel, Druckereien, Verpackungshersteller und Verlage. Bei diesen Branchen kommt erschwerend hinzu, dass auch Altpapier knapp und viel teurer geworden ist. Um 70 Prozent stieg der Preis für eine Tonne allein in den ersten neun Monaten 2021, berichtet tagesschau.de.

Die Altpapier-Krise ist wiederum eine direkte Folge der Corona-Pandemie. Weil währenddessen dünnere Zeitungen und weniger Werbematerialien gedruckt wurden, landete weniger Papiermüll in der Blauen Tonne. Entsprechend weniger Papier wurde recycelt. Da außerdem noch der E-Commerce boomt, wird Altpapier zunehmend für die Herstellung von Verpackungsmaterialien genutzt und weniger für grafische und technische Papiere, meint tagesschau.de weiter. Einmal zu Kartonagen weiterverarbeitet, kann solches Altpapier nicht mehr zu grafischen Papieren recycelt werden, erläutert der Entsorger ALBA.

Trotzdem betrifft die Krise auch den Verpackungspapiermarkt: Der Verband der Wellpappen-Industrie erfuhr bei der Befragung seiner Mitgliedsunternehmen beispielsweise, dass sich die Kosten für Wellpappenrohpapier von September 2020 bis Juni 2021 um durchschnittlich 40 Prozent – und bei altpapierbasierten Sorten sogar um 60 Prozent – erhöht hatten.

„Hauen und Stechen“ um Liefermengen

Die Folgen der Papier-Krise sind vielfältig. Die Süddeutsche Zeitung beobachtet auf dem Papiermarkt ein „Hauen und Stechen um Liefermengen und Preissteigerungskaskaden“. „Standardpapiere haben jetzt schon massive Lieferengpässe. Mitbewerber kämpfen um jede Tonne Papier“, sagt Ralph Hadem von der Frankfurter Spezialdruckerei Colour Connection GmbH auf tagesschau.de. Die Lagerkapazitäten seines Unternehmens seien weitgehend erschöpft. Ob der Papiergroßhandel den gewünschten Nachschub vollständig liefern könne, sei offen.

Druckerei-Kunden wie etwa Verlage geraten dadurch in ganz praktische Turbulenzen. Sie können die Auflagen ihrer Bücher kaum noch planen, berichtet HR Info. Kurzfristige Nachdrucke seien nicht mehr realisierbar. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels erfuhr sogar, dass Druckereien pauschal Auflagenhöhen kürzen. Manche Verlage haben deshalb begonnen, größere Papiermengen zu bevorraten. Sogar von Papier-Tauschgeschäften zwischen einzelnen Verlagen wird berichtet. Andere drucken von vornherein größere Auflagen und planen deren Abverkauf über längere Zeiträume als bisher. Mittlerweile fürchtet der Verband der Zeitschriftenverleger, dass es 2022 zu wenig Papier geben könnte, um die etwa 1,3 Milliarden Publikumszeitschriften zu drucken, die üblicherweise jedes Jahr gekauft werden. Die Kölner Zeitungen Express und Stadtanzeiger wiederum haben angekündigt, wegen Papiermangels ihre Umfänge zu reduzieren, schreibt spiegel.de.

Dieter Becker, Geschäftsführer der Antalis GmbH
Dieter Becker, Geschäftsführer der Antalis GmbH

Papier-Großhandel steht von mehreren Seiten unter Druck

Zwischen den Papier-Herstellern und Abnehmern wie Druckereien oder Verlagen agiert der Papier-Großhandel. Diese Branche muss einerseits auf die Lieferschwierigkeiten reagieren, andererseits auch mit den Preissteigerungen umgehen. „Solch eine Preiserhöhungsphase gab es in dieser Branche noch nie“, sagt Dieter Becker, Geschäftsführer der Antalis GmbH, auf Nachfrage von UmweltDialog. Wie viele andere Unternehmen auch sei man von den stark erhöhten Zellstoffpreisen sowie den höheren Kosten für Transport und Logistik betroffen. Zugleich steige die Papier-Nachfrage wegen der wieder anspringenden Konjunktur wieder. Antalis informierte seine Kunden im März und dann nochmal im August dieses Jahres über Preisanpassungen – zuletzt um sechs bis zehn Prozent in allen Produktbereichen. Ab Oktober wird außerdem eine höhere Logistikpauschale berechnet. Dieter Becker rechnet nicht mit einer schnellen Markterholung: „Wir gehen davon aus, dass sich frühestens im Laufe des zweiten Quartals 2022 die Lage entspannen wird.“

Antalis beobachtet verändertes Kundenverhalten

Der Antalis-Chef sieht sein Unternehmen gleichwohl noch „in einer vergleichsweise komfortablen Situation“. Man habe gut disponiert und geplant und könne nach wie vor kurzfristig aus dem Lager liefern. Aber auch bei Antalis gelte grundsätzlich: „Große Lieferungen im Anfertigungsgeschäft sind teilweise nicht oder nur sehr schwer realisierbar, wodurch sich natürlich der Druck auf die Großhandelsvorräte erhöht. Folge: Es kommt zu unvorhersehbaren Engpässen. Aufgrund der teilweise eingeführten Kontingentierung durch die Fabriken lassen sich Kundenwünsche manchmal erst für spätere Produktionen berücksichtigen.“

Auch die Antalis-Kunden haben ihr Verhalten verändert, hat Dieter Becker beobachtet: „Sie wechseln vom Strecken- aufs Lagergeschäft und äußern vermehrt den Wunsch nach einer höheren Bevorratung. Unser Team versucht alles, um diesen Wünschen nachzukommen, was allerdings bei der aktuell angespannten Versorgungssituation sehr herausfordernd und nicht in jedem Falle möglich ist.“

Quelle: UmweltDialog
 

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