Lieferkette

Herausforderungen und Handlungsempfehlungen für die Zusammenarbeit in der Lieferkette

Die Zusammenarbeit mit Lieferanten ist zentral für die Wertschöpfung eines jeden Unternehmens. Über sie werden nicht nur Materialien und (Vor-)Produkte beschafft, sondern auch langfristige Partnerschaften geknüpft. Dabei rücken neben der Wirtschaftlichkeit zunehmend Menschen- und Umweltrechte sowie Transparenz in der Lieferkette in den Fokus – nicht zuletzt aufgrund aktueller regulatorischer Anforderungen wie dem deutschen Lieferkettengesetz (LkSG) und der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD).

27.11.2024

Herausforderungen und Handlungsempfehlungen für die Zusammenarbeit in der Lieferkette

Von Jannik Struss, UPJ

Wie können Unternehmen angesichts dieser Sorgfaltspflichten wirksam mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten? Welche typischen Fehler sollten dabei vermieden werden? Und wie verändert die Regulatorik die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und ihren Zulieferern? Dazu hat sich Jannik Struss von UPJ im Rahmen des Projekts „global verantwortlich BW – Lieferketten nachhaltig gestalten“ mit Michaela Streibelt, Beraterin beim Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte und Michael Spöcker, Einkaufsleiter bei der SchwörerHaus KG ausgetauscht.

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Zusammenarbeit und Einbindung auf Augenhöhe

Bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten kommt der Zusammenarbeit mit Zulieferern eine zentrale Rolle zu. Allerdings, so Michaela Streibelt vom Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte, versuchen manche verpflichteten Unternehmen, ihre Sorgfaltspflichten vermehrt auf Zulieferer abzuwälzen, beispielsweise durch Verträge oder Codes of Conduct (CoCs). Dieser Ansatz führt jedoch nicht zu angemessener und wirksamer Sorgfalt.

Für die Risikoanalyse spielen Lieferanten eine Schlüsselrolle bei der Identifizierung von Risiken und zur Erhebung relevanter Daten. Ohne ihre Mitwirkung bleiben Menschenrechts- und Umweltrisiken in der Lieferkette häufig verborgen. Aus Sicht der Lieferanten tritt laut Streibelt dabei das Problem auf, dass Unternehmen oftmals einen Gießkannenansatz verfolgen, obwohl das LkSG einen risikobasierten Ansatz vorschreibt. Bevor Unternehmen also pauschal umfangreiche Informationen von Zulieferern anfordern, sollten sie risikobasiert prüfen und entsprechend erklären, welche Informationen sie für ihre Risikoanalyse tatsächlich benötigen. Dies reduziert den administrativen Aufwand auf beiden Seiten. 

Zulieferer, die ihrerseits aufgefordert werden, Informationen über ihre Produktionsprozesse und Vorlieferanten offenzulegen, sollten bei generalisierten Datenanfragen den Dialog mit ihren Kunden suchen und um eine fundierte und risikobasierte Begründung bitten. Zudem erläutert Streibelt, dass es sinnvoll ist, sich systematisch auf Kundenanfragen vorzubereiten, indem bestehende Informationen und Dokumentationen gesammelt und aufbereitet werden. Neben der Zusammenarbeit mit Zulieferern, ist die Berücksichtigung der Interessen Betroffener bzw. meaningful Stakeholder Engagement von wichtiger Bedeutung.

Einkaufsverhalten anpassen, gemeinsame Lösungen entwickeln

Im Hinblick auf Präventions- und Abhilfemaßnahmen weist Streibelt darauf hin, dass gerade das Einkaufs- und Beschaffungsverhalten von Unternehmen ein zentraler Hebel zur Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette sein kann. Der wesentliche Punkt dabei ist, dass Preise eine wichtige Grundlage für angemessene Löhne, Arbeitsschutz und weitere Maßnahmen bilden und selbst die besten Verträge diese Lücke nicht schließen können.

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Generell sollten Maßnahmen stets auf den Ergebnissen der Risikoanalyse und -priorisierung basieren. Grundsätzlich sollten verpflichtete Unternehmen und ihre Zulieferer möglichst gemeinsam Lösungen entwickeln, um menschenrechtlichen und ökologischen Risiken zu begegnen. Einheitliche Branchenansätzen, wie der Entwicklung und Nutzung gemeinsamer Fragebögen oder der Standardisierung von Verträgen und CoCs, stellen laut Streibelt eine weitere Möglichkeit dar, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und Prozesse zu harmonisieren. Ein Beispiel hierfür sind die umsetzungsorientierten Handlungsanleitungen der Branchendialoge des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Bei der Umsetzung von Maßnahmen wie etwa Schulungen, Audits oder Prozessanpassungen ist zudem auf eine faire Kostenaufteilung und Unterstützung der Lieferanten zu achten, um insbesondere kleine und mittelständische Zulieferer weder personell noch finanziell zu überfordern.

Auch ein effektives Beschwerdeverfahren kann nur funktionieren, wenn Zulieferer es aktiv unterstützen und potenziell Betroffene über die Zugänglichkeit und den Ablauf des Beschwerdemechanismus informieren. Verpflichtete Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass ihre Zulieferer über die Existenz und die Funktionsweise des Verfahrens informiert sind und dessen Zugänglichkeit für alle Beteiligten fördern.

Nähere Informationen mit Praxisbeispielen und weiterführenden Empfehlungen bietet die Handreichung „Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern“, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gemeinsam mit dem Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte erstellt wurde. Weitere Unterstützungsangebote zur Umsetzung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt finden sich ebenfalls auf der Website des Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte, darunter auch der CSR Risiko-Check als kostenfreies Online-Tool zur besseren Einschätzung von potenziellen ESG-Risiken entlang der Lieferkette.

Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und von der DEG Impulse mit Unterstützung der GIZ durchgeführt.

Praxisbeispiel SchwörerHaus KG

Die Schwörer-Unternehmensgruppe mit rund 1.450 Beschäftigten hat ihren Hauptsitz in Hohenstein-Oberstetten auf der Schwäbischen Alb. Als eines der großen Fertighausunternehmen in Deutschland ist SchwörerHaus direkt vom LkSG betroffen.

Auf einem Konferenztisch aus Holz fällt Sonnenlicht.

Im Umgang mit seinen Lieferanten setzt SchwörerHaus auf einen regelmäßigen Austausch. So wurde in diesem Jahr ein erster Lieferantenworkshop mit vier ausgewählten A-Lieferanten durchgeführt. Ziel war es, gezielte Hilfestellung bei der Umsetzung der LkSG-Anforderungen zu geben. In vertraulichem Rahmen wurden dabei neue Entwicklungen wie die Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte und der Umwelt sowie der Supplier Code of Conduct vorgestellt, Fragen beantwortet, Feedback eingeholt und besprochen, welche Daten die Lieferanten zukünftig zur Verfügung stellen müssen.

Darüber hinaus veranstaltet SchwörerHaus alle zwei Jahre den sogenannten Lieferantentag, um mit weiteren Geschäftspartnern in den Dialog zu kommen und sich gemeinsam über aktuelle Themen auszutauschen. Beim letzten Treffen im Oktober dieses Jahres diskutierten 30 verschiedene Unternehmen gemeinsam unter anderem die neuesten Entwicklungen und Auswirkungen der aktuellen regulatorischen Anforderungen wie LkSG oder EU-Entwaldungsverordnung.

Dazu befragt, ob und wie sich die Zusammenarbeit mit Lieferanten im Kontext aktueller Regulierung verändert habe, sagt Michael Spöcker, Einkaufsleiter bei der SchwörerHaus KG: „Die Zusammenarbeit mit den wichtigen Lieferanten ist nach Inkrafttreten des LkSG noch enger geworden. Man lernt die Unternehmen nochmals anders kennen. Und erfährt auch, wie diese mit ihren Lieferanten umgehen. Der bürokratische Aufwand ist definitiv da, das ist nicht von der Hand zu weisen, aber das LkSG gibt einem die Chance, mehr als reine Preisgespräche zu führen. Man muss gemeinsam Lösungen finden. Ein Code of Conduct ist ein Mittel zum Zweck, aber nicht die einzige Lösung. Jedes Unternehmen sollte für sich eine Strategie aufbauen, wie es damit umgeht, wenn z.B. keine Rückmeldungen zu Fragebögen kommen. Es muss sich aber auch überlegen, warum es Fragebögen zu Themen schicken will. Einfach einen pauschalen Fragebogen an alle zu schicken ist nicht zielführend und erhöht die Bürokratie im Unternehmen noch weiter. Besser finde ich da, wenn ein Unternehmen mit den 10 wichtigsten Lieferanten anfängt und sich mit ihnen an einen Tisch setzt.“

Wie die SchwörerHaus KG sein nachhaltiges Lieferkettenmanagement in der Praxis umsetzt, können Sie im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht nachlesen.

Quelle: UD
 

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