Ökobilanz für Diesel-Kraftstoff aus Wasser und CO2
Der Dresdner Firma sunfire GmbH ist es erstmals gelungen, künstlichen Diesel-Kraftstoff auf Basis von Wasser, CO2 und Ökostrom zu produzieren. Mit den ersten fünf Litern des glasklaren Kraftstoffs mit dem Namen Blue Crude wurde der Dienstwagen von Bundesforschungsministerin Johanna Wanka betankt. Die Ökobilanz und damit die wissenschaftliche Bewertung der Anlage und des produzierten Treibstoffes hinsichtlich der potenziellen Umweltwirkungen erstellte der Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart.
29.04.2015
Im Rahmen der Studie wurde der neue Kraftstoff mit biogenen und fossilen Treibstoffen verglichen. „Die ersten Ergebnisse zeigen, dass ‚Blue Crude‘ prinzipiell ein deutliches CO2 Einsparpotenzial gegenüber fossilen Kraftstoffen aufweist und somit erhebliche Vorteile für die Umwelt bringen kann. Dieses Potential kann jedoch nur ausgeschöpft werden, wenn bei der Herstellung erneuerbare Energien zum Einsatz kommen“, fasst Aleksandar Lozanovski, Projektleiter in der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung (Gabi) des Lehrstuhls für Bauphysik der Universität Stuttgart die Ergebnisse der Untersuchung zusammen.
Das sunfire-Konzept basiert auf der so genannten „Power-to-Liquids- Technologie“. Das dreistufige Verfahren mit einem Systemwirkungsgrad von etwa 70 Prozent ermöglicht es, CO2, das unter anderem bei der konventionellen Nutzung fossiler Energieträger entsteht, zu synthetischen Kraftstoffen für Autos oder Flugzeugen aufzubereiten und damit doppelt zu nutzen. Dadurch ergibt sich sowohl eine deutliche CO2-Einsparung, als auch das Potential, andere Emissionen und Ressourcen einzusparen.
Ökobilanz
Für eine differenzierte ökologische Bewertung der Technologie ist die Betrachtung mehrerer Wirkungskategorien nötig. Die Stuttgarter Wissenschaftler wählten den Weg der Ökobilanz, (engl. Life Cycle Assessment), eine in Forschung und Industrie international anerkannte und normierte Methode, um die Umweltauswirkungen von Produkten beziehungsweise Prozessketten zu quantifizieren und vergleichbar zu machen. Dabei werden zunächst die Randbedingungen definiert, anschließend das Produktsystem in einem Modell dargestellt, die ökologische Wirkung abgeschätzt und schließlich die Ergebnisse aufbereitet.
Für die Analyse verwendeten die Forscher den Well-to-Wheel (vom Rohmaterial bis zum Rad) -Ansatz und betrachteten die Produktion und Aufbereitung sowie die Verteilung und Nutzung des Kraftstoffs. Im Mittelpunkt standen dabei die Wirkungen auf mehreren ökologischen Problemfeldern wie zum Beispiel Treibhauseffekt, Versauerung der Böden, Überdüngung, Sommersmog und Ressourcenverbrauch.
Die letztgenannten, bei einem Kraftstoff zunächst überraschend scheinenden Kriterien wurden in die ökobilanzielle Analyse integriert, da der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die Herstellung der als Vergleichssysteme herangezogenen Biokraftstoffe vergleichsweise landintensiv ist.
Mithilfe der Ökobilanz lässt sich zudem identifizieren, ob eine neue Technologie tatsächlich umweltfreundlicher ist oder die Belastungen nur verschiebt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Emissionen von einem Lebensabschnitt zu einem anderen oder von einer Wirkungskategorie zu einer anderen verlagert werden. Durch die Analyse wird es ermöglich, sich mit den Verschiebungen auseinanderzusetzen und gegebenenfalls im weiteren Projektverlauf gegenzusteuern.