Vernetzung und Automatisierung als Wachstumstreiber für Zulieferer
Die Automobilzulieferindustrie steht wirtschaftlich gut da: Die 100 weltweit größten Zulieferer erwirtschafteten im vergangenen Jahr eine Rendite von durchschnittlich 6,8 Prozent. Dies sind rund zwei Prozentpunkte mehr als vor der Wirtschaftskrise 2008/09. Der Gesamtumsatz der Branche stieg seit 2007 von 900 Milliarden auf aktuell 1,4 Billionen Euro. Das entspricht einem jährlichen Wachstum um 6 Prozent. Dies sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Branchenstudie, für die McKinsey & Company in Kooperation mit dem europäischen Automobilzuliefererverband CLEPA 100 der weltweit größten Automobilzulieferer analysiert hat.
09.09.2015
"Zulieferer werden immer mehr zum Fortschrittsmotor in der Automobilindustrie. Innovationen wie das vernetzte Auto und das autonome Fahren werden von ihnen entscheidend vorangetrieben - dafür sind hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung erforderlich", sagt Andreas Cornet, als Direktor im Münchener Büro von McKinsey verantwortlich für die Beratung der Zulieferindustrie. "Allerdings werden sich die Zulieferer einer möglichen Abkühlung des Marktes, vor allem in China, nicht entziehen können." Die Hälfte der Innovationen in der Automobilindustrie wurde in den vergangenen zehn Jahren von Zulieferern entwickelt; allein 2014 investierten die 100 größten Unternehmen über 40 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung.
Große Zulieferer oft erfolgreicher als kleine
"Die Branche hat sich nach der Wirtschafts- und Finanzkrise schnell erholt und deutlich gewandelt", so Cornet. Der gestiegene weltweite Autoabsatz zum einen sowie die höhere Produktivität und Kostendisziplin der Zulieferer zum anderen waren mit jeweils rund 3 Prozentpunkten die wesentlichen Treiber für die Verbesserung der EBIT-Marge von 0,3 Prozent im Jahr 2009 auf 6,8 Prozent im Jahr 2014.
Gleichzeitig hat sich die Branche weiter konsolidiert: Während 2004 die 100 weltweit größten Zulieferer für 36 Prozent des Branchenumsatzes standen, waren es 2014 schon 50 Prozent. Cornet: "Zulieferer müssen eine kritische Größe erreichen, um die großen Autohersteller weiter erfolgreich global bedienen zu können - oder aber mit ihren Produkten erfolgreich eine Nische besetzen." Sehr große Zulieferer (mit mehr als zehn Milliraden Euro Umsatz und einem breiten Produktportfolio) erwirtschafteten 2014 mit durchschnittlich 7,6 Prozent eine höhere Marge als der Rest der Top 100.
Die Unterschiede zwischen den Regionen haben sich nach der Krise angeglichen: Zwar stellen asiatische Zulieferer mittlerweile mit 36 Unternehmen vor Amerika (34) und Europa (30) die größte Gruppe in den Top 100; das Profitabilitätsniveau unterscheidet sich mit 6,6 Prozent bei asiatischen Zulieferern, 6,8 Prozent in Nordamerika und 6,9 Prozent in Europa jedoch nur leicht.
Fünf Trends bestimmen den Wandel
"Die Automobilindustrie wird sich in den kommenden Jahren so stark wandeln wie noch nie in ihrer Geschichte - und die Zulieferer müssen sich darauf einstellen", so Cornet. Fünf technologische Trends werden die Zulieferer besonders beschäftigen:
- Elektrifizierung: Bis 2030 könnte der Marktanteil von Autos mit Elektroantrieb von heute zwei Prozent auf bis zu 65 Prozent steigen - vor allem durch den zunehmenden Verkauf von Hybridfahrzeugen.
- Konnektivität: Bis 2025 werden weltweit 50 Millionen Fahrzeuge vernetzt sein. In diesem Jahr sind es erst 18 Millionen Autos.
- Autonomes Fahren: Die Software wird in Zukunft eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale eines Autos werden. Während heute die Steuerungssoftware in Autos aus rund 100 Millionen Zeilen Code besteht, werden es 2030 schon 300 Millionen Zeilen sein. Zulieferer sollten sich schon jetzt darauf vorbereiten, indem sie gezielt Softwareingenieure einstellen.
- Industrie 4.0: Durch die Digitalisierung der industriellen Produktion sind weitere Einsparungen möglich. Die Qualitätskosten können dabei um bis zu 20 Prozent reduziert werden, z.B. durch eine datengestützte Echtzeitüberwachung der Produktionsanlage, was den Ausschuss reduziert.
- Neue Werkstoffe: Der Anteil von Leichtbauwerkstoffen im Auto - etwa hochfeste Stähle, Aluminium und Carbon - wird von 21 Prozent auf 67 Prozent zunehmen.
Andreas Cornet: "Um weiter zu wachsen, müssen Zulieferer vermehrt neue Fähigkeiten aufbauen, beispielsweise in der Softwareentwicklung. Außerdem sollten die Unternehmen darüber nachdenken, wie sie sich gegenüber branchenfremden Wettbewerbern aufstellen und ob Kooperationen oder Übernahmen eine strategische Option sein können."