Das Schaufahren gegen den Klimaschutz hält an
Unbeirrt setzen viele deutsche Regierungspolitiker weiter auf spritschluckende Klimakiller. Dies zeigt der 12. Politiker-Dienstwagencheck der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
17.08.2018
Unter Berücksichtigung der realen Verbrauchswerte hält kein einziger Dienstwagen der 236 Befragten den CO2-Grenzwert der EU von 130 Gramm CO2 pro Kilimeter ein. Der Anteil an Diesel-Limousinen ist im Vergleich zum Vorjahr von 73 Prozent auf 62 Prozent nur leicht zurückgegangen.
Erst vor wenigen Monaten hat sich die Bundesregierung vom eigens gesteckten Ziel verabschiedet, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senken. Die im Verkehrssektor insgesamt sogar ansteigenden CO2-Emissionen sind ein wesentlicher Grund dafür. Seit Jahren sinken die Spritverbräuche von Neufahrzeugen nur auf dem Papier, die realen Werte bleiben gleich oder steigen sogar an.
Die DUH fordert die Bundes- wie Landespolitiker dazu auf, sich bei der Wahl ihrer Dienstwagen für saubere und gleichzeitig klimafreundliche Fahrzeuge zu entscheiden. Die Diskrepanz zwischen den offiziellen CO2-Angaben der Hersteller und dem tatsächlichen CO2-Ausstoß auf der Straße liegt mittlerweile bei 42 Prozent. Um zu verdeutlichen, wie klimaschädlich die Dienstwagen der Politiker tatsächlich sind, bewertet die DUH in diesem Jahr die realen CO2-Werte der Fahrzeuge. Grundlage ist der Bericht „From Laboratory to Road" 2017 des unabhängigen Forschungsinstituts International Council on Clean Transportation (ICCT). Danach betragen die durchschnittlichen Abweichungen bei den vom ICCT untersuchten Modellen von Audi 48 Prozent, bei BMW 46 Prozent, bei Mercedes-Benz 51 Prozent und bei VW 38 Prozent.
Pseudo-Ökologie
Mit realen CO2-Emissionswerten zwischen 154 Gramm CO2 pro Kilometer wie beispielsweise beim Dienstfahrzeug der Bildungssenatorin aus Bremen, Claudia Bogedan, bis zu erschreckenden 408 Gramm CO2 pro Kilometer beim Fahrzeug von Berlins Regierungschef Michael Müller sind die Politiker noch weit von der EU-Vorgabe von 95 Gramm CO2 pro Kilometer ab 2020 entfernt. Vor allem die unter dem Deckmantel „Elektromotor“ staatlich geförderten pseudo-ökologischen Plug-In-Powerlimousinen sind in Wirklichkeit besonders spritdurstig und leisten somit keinen Beitrag zum Klimaschutz.
Im Vergleich der Bundesminister hat das Fahrzeug von Umweltministerin Svenja Schulze mit 200 Gramm CO2 pro Kilometer den besten Wert eines Fahrzeugs ohne Dieselantrieb. Betrachtet man die Fuhrparke der Bundesministerien, reicht die Spanne von durchschnittlich 192 Gramm CO2 pro Kilometer beim Innenministerium bis zu 231 Gramm CO2 pro Kilometer beim Landwirtschaftsministerium.
Diese Haltung ist dafür verantwortlich, dass Deutschland seine nationalen Klimaschutzziele nicht erreichen wird
„Dass der Verkehrssektor mit Vollgas eine Heißzeit beschleunigt, ist auf das rückgratlose Verhalten der Regierungen gegenüber einer Automobilindustrie zurückzuführen, die auf immer schwerere und stärker motorisierte Fahrzeuge setzt und Klimapolitik als Lippenbekenntnis verhöhnt. Diese Haltung ist dafür verantwortlich, dass Deutschland seine nationalen Klimaschutzziele nicht erreichen wird“, sagt Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH. „Selbst zögerliche Vorstöße, wie der von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die im Juli 2018 eine 50-prozentige Senkung der CO2-Emissionen von Pkw gefordert hat, werden vom eigenen Partei- und Regierungskollegen Olaf Scholz einkassiert“, kritisiert Metz. Es mangele an politischem Willen, sich aus dem Würgegriff der Autokonzerne zu befreien und sich für reale Verbrauchswerte von Pkw sowie ambitionierte EU-Flottengrenzwerte einzusetzen, die nicht nur auf dem Papier existieren.
Verbrauchszahlen weit von der Realität entfernt
Als alarmierend betrachtet die DUH die auf noch mehr Leistung und kürzere Beschleunigungszeiten ausgelegten Plug-In-Hybridantriebe in den hochmotorisierten Luxuslimousinen. Anstatt diese Technologie zur Minimierung des Spritverbrauchs auszulegen und möglichst lange rein elektrisch gefahrene Strecken zu ermöglichen, weichen die Normverbrauchsangaben bei dieser Antriebstechnik besonders stark von der Realität ab. Die CO2- und Verbrauchsangaben der Hersteller täuschen durch eine von der Realität weit entfernten Berechnungsstrategie extrem niedrige Verbrauchszahlen vor. Nur ein sehr kleiner Teil der Strecken wird elektrisch gefahren. Es zeigt sich, dass diese Fahrzeuge fast ausnahmslos mit Verbrennungsmotor gefahren werden, wobei die in Oberklasse-Limousinen verbauten Plug-In-Hybride mehr CO2 emittieren, als konventionelle Verbrenner.
„Trotz aller Kritik hält die Bundesregierung an der Subventionierung der schmutzigen Diesel-Technologie fest. Dazu wurde nun noch beschlossen, Plug-In-Hybride mit Steuermilliarden zu fördern – ohne zu differenzieren, ob es sich um effiziente Fahrzeuge oder Klimakiller handelt. Selbst zwei Staatssekretäre aus dem Bundesfinanz- und Verkehrsministerium haben sich über den hohen Spritverbrauch ihrer Plug-In-Dienstwagen im tatsächlichen Einsatz beschwert. Wir fordern die Bundesländer auf, über den Bundesrat eine ökologische Mindestanforderung einzuführen. Nur Plug-In-Hybride, die im Realbetrieb weniger als 130 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren und eine ausreichend große Strecke rein elektrisch zurücklegen können, sollten gefördert werden“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die gesamten Ergebnisse des Dienstwagenchecks finden Sie hier.