Assistenzsysteme für Fahrradfahrer
Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr: Die Fachgruppe „Verteilte Eingebettete Systeme“ der Universität Paderborn entwickelt im Forschungsprojekt „Safety4Bikes“ mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft Assistenzsysteme, die das Fahrradfahren künftig sicherer machen sollen. Das BMBF fördert das noch bis Dezember laufende dreijährige Vorhaben mit insgesamt 2,1 Millionen Euro.
08.04.2019
„Tödlicher Unfall: LKW erfasst Mädchen auf Fahrrad“, „Vorfahrt missachtet: Auto und Radfahrer kollidieren“ – Meldungen wie diese hören wir immer wieder. Laut Statistischem Bundesamt sind die Zahlen der Fahrradfahrer, die jährlich in Deutschland bei einem Verkehrsunfall verletzt oder getötet werden, seit Jahren konstant. 2018 starben 432 Radfahrer. 2017 waren es 382 und mehr als 79.000 wurden verletzt.
Professor Falko Dressler, Juniorprofessor Christoph Sommer und ihr Team von der Fachgruppe „Verteilte Eingebettete Systeme“ des Heinz Nixdorf Instituts der Universität Paderborn wollen dem entgegenwirken. Im Forschungsprojekt „Safety4Bikes“ entwickeln sie mit sieben Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft Assistenzsysteme, die das Fahrradfahren künftig sicherer machen sollen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das noch bis Dezember laufende dreijährige Vorhaben mit insgesamt 2,1 Millionen Euro.
Modulare Assistenzsysteme
„Mit unseren Partnern entwickeln wir ein Set von modularen Assistenzsystemen für Radfahrer. Diese Systeme werden am Ende zusammenarbeiten, um für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen“, erklärt Falko Dressler. Die Assistenzsysteme sollen auf Grundlage der jeweiligen Verkehrssituation drohende Gefahren erkennen, Rad- und Autofahrer warnen und sie auf das richtige Verhalten hinweisen. Bei „Safety4Bikes“ arbeiten Informatiker, Ingenieure, Soziologen, Hersteller von Fahrrädern und Fahrradhelmen, Verkehrspsychologen und Sensortechnologen zusammen.
Hauptzielgruppe sind fahrradfahrende Kinder und Senioren
„Im Projekt konzentrieren wir uns auf fahrradfahrende Kinder und Senioren – zwei Gruppen, die im Straßenverkehr besonders verwundbar sind“, erläutert Christoph Sommer. Der Informatiker verweist darauf, dass in den letzten Jahren vor allem Unfälle mit den bei älteren Menschen besonders beliebten Pedelecs, Fahrrädern mit Hilfsmotor, rapide zugenommen haben.
Bei „Safety4Bikes“ werden unterschiedliche Soft- und Hardwaresysteme konstruiert und direkt für das Fahrrad und den Helm entworfen, damit die Radfahrer nicht vom Verkehr abgelenkt werden. Die Paderborner Wissenschaftler entwickeln eine Kommunikationseinrichtung, über die Fahrräder mit Autos und Lkw oder anderen Fahrrädern standardkonform interagieren können. „Damit kann ein Fahrrad beispielsweise bei einer potentiellen oder akuten Gefahrensituation ein Auto warnen“, erklärt Dressler. Voraussetzung ist, dass das Auto ebenfalls über entsprechende Technik verfügt. „Das ist in Deutschland derzeit noch nicht der Fall, aber Autos künftiger Generationen werden passend ausgerüstet sein“, betont Christoph Sommer.
Radfahrer werden durch verschiedene Signale gewarnt
Vernetzte Sensoren, die ebenfalls im Projekt entwickelt werden und an Fahrrad und Helm angebracht sind, beobachten das Verhalten der Radfahrer und ihre Umgebung. Bei drohenden Gefahren werden nicht nur die Autofahrer, sondern insbesondere auch die Radfahrer durch Signale gewarnt. „Das können etwa ein Vibrieren am Lenker, ein Ton vom Smartphone oder ein Lichtsignal am Helm sein“, erläutert Dressler. „Welche Warnhinweise für welche Gruppe am geeignetsten sind, wird im Projekt mit Testpersonen erforscht. Kinder können auf ein Signal ganz anders reagieren als Senioren“, gibt der Wissenschaftler zu bedenken. Typische Gefahren- und Unfallsituationen werden bei „Safety4Bikes“ entsprechend der aktuellen Unfallstatistiken simuliert.
Kommunikation über WLAN
Die Fahrräder sollen mit Autos und Lkw über ein drahtloses Netzwerk kommunizieren – in diesem Fall WLAN. Dazu Sommer: „WLAN ist unabhängig von der Infrastruktur und für Autos gibt es bereits WLAN-basierte Technologien. Darum bietet es sich an.“ „Bereits bei der Car-to-Car-Kommunikation, also der Kommunikation zwischen zwei Autos, ist WLAN eine der Basistechnologien“, ergänzt Dressler. „Bei Safety4Bikes entwickeln wir keine Insellösung. Die Technik unserer Assistenzsysteme baut auf internationalen WLAN-Standards auf. In Deutschland und Europa sind bereits entsprechende Funkfrequenzen für intelligentes Fahren reserviert. Wir machen die Technik jetzt endlich auch für Radfahrer nutzbar“, unterstreicht Sommer.
Eines Tages könnten die Fahrrad-Assistenzsysteme von Dressler, Sommer und ihren Kollegen also einen zentralen Baustein in einem intelligenten, sozio-technischen Verkehrssystem bilden. Ein Verkehrssystem, in dem Fahrradfahrer gestärkt werden und sicherer unterwegs sind.
Weitere Informationen zum Projekt
Neben der Universität Paderborn sind am Projekt die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit ihrem An-Institut OFFIS, das Institut für empirische soziologische Forschung e.V. der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg, die Pfau Tec GmbH, die Uvex Sports Group GmbH & Co. KG, die Valtech GmbH und die GeoMobile GmbH beteiligt.