Elektroautos: gespanntes Warten auf mehr Reichweite
Die Elektromobilität wartet weiter auf ihren Durchbruch. Viele Autofahrer scheuen noch vorm Stromer-Kauf zurück. Oft nennen sie deren mangelnde Leistungsfähigkeit als Grund dafür. Die Hersteller feilen derweil an der Akkugröße. Porsche hat herausgefunden, wie die optimale Balance zwischen Gewicht, Reichweite und Fahrdynamik aussieht.
30.03.2022
Knapp 700.000 Elektroautos, bei 2,6 Millionen Neuzulassungen insgesamt, wurden nach ADAC-Angaben voriges Jahr verkauft. Damit sind nun insgesamt mehr als eine Million Stromer auf den Straßen unterwegs. Nur gut die Hälfte davon fahren vollelektrisch mit Batterie. Bei den anderen handelt es sich um Plug-in-Hybride. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Verkaufszahlen bis 2030 auf 15 Millionen steigen. Noch ist die Skepsis gegenüber E-Autos aber groß. Dafür gibt es laut einer Umfrage für die Plattform mobile.de vor allem drei Gründe: die hohen Preise, die fehlende Ladeinfrastruktur und nicht zuletzt das mangelnde Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Akkus.
Vor allem die Reichweite treibt potenzielle E-Auto-Käufer um. Sie wollen laut der Umfrage mindestens 500 Kilometer, besser sogar noch 800 Kilometer mit einer Batterieladung schaffen. Diese Anforderungen erfüllen derzeit verkaufte Elektroautos fast nie. Der ADAC listet lediglich fünf Modelle mit Reichweiten von mehr als 500 Kilometern auf.
Elektroautos mit größerer Reichweite sind schwerer
Grundsätzlich ließe sich die Reichweite durch den Einbau größerer Akkus erhöhen. Elektroautos sind nämlich mit ähnlichen Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet wie Mobiltelefone. Diese bestehen aus vielen einzelnen, miteinander verbundenen Batteriezellen. Im Auto-Maßstab werden die Stromspender dann aber unverhältnismäßig groß und schwer. Volkswagen gibt deren Gewicht mit bis zu 700 Kilogramm an.
Auch die Erhöhung der sogenannten Energiedichte des Akkus ist bis zu einem gewissen Grad möglich und sorgt für mehr Reichweite. In den vergangenen zehn Jahren habe sich dieser Wert auf nun rund 200 Wattstunden pro Kilogramm nahezu verdoppelt, berichtet das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) berichtet. Das Institut schränkt allerdings ein: „Um diese Verdopplung aber bis auf Batteriesystemebene umzusetzen und reale Reichweiten der meisten E-Pkw-Modelle jenseits von 600 Kilometern zu erreichen, sind zudem raum- und gewichteinsparende Innovationen in der Modul-/Packherstellung und Fahrzeugintegration nötig. Auch sind weitere Strategien zum verringerten Energieverbrauch von E-Pkw (zum Beispiel Isolation und Verringerung des Heizaufwands und Energieverbrauchs durch Elektronik, Leichtbau etc.) erforderlich.“
Natürlich belasten Herstellung und Betrieb größerer Batterien auch die Umwelt mehr. Der ADAC geht davon aus, dass bei der Produktion jeder Kilowattstunde Batteriekapazität 100 Kilogramm CO2 erzeugt werden. Größere Batterien benötigen zudem mehr seltene und schwer zu gewinnende Rohstoffe. Nicht zuletzt steigert jedes Kilogramm Batteriegewicht auch den Energiehunger des Autos. Volkswagen betont aber, dass dieser Mehrverbrauch eher gering ausfällt. Tests hätten ergeben, dass der Energieverbrauch eines Elektroautos mit 300 Kilogramm Zuladung nur um 0,6 Prozent gegenüber dem unbeladenen Zustand steige. Das liege am besseren Wirkungsgrad von Elektromotoren und der im Vergleich zu Verbrennern effizienteren Energierückgewinnung. Denn bei Elektroautos wird die beim Bremsen frei werdende Bewegungsenergie über den Elektromotor in elektrische Energie umgewandelt.
Größere Batterien halten länger und laden schneller
Für größere E-Auto-Batterien spricht auch ihre längere Lebensdauer, denn wegen ihrer größeren Kapazität müssen sie nicht so oft geladen werden. „Nach 200.000 Kilometern Laufleistung hat ein Elektroauto mit 200 Kilometern Reichweite bereits mindestens 1000 Ladezyklen durchlaufen, ein Elektroauto mit größerer Batterie und 300 Kilometern Reichweite nur 670 Ladezyklen“, erklärt der ADAC. Große Alt-Akkus landen somit später im Recycling, zumal sie länger genutzt werden können, weil der übliche Leistungsverlust über die Jahre hinweg nicht so stark auffällt wie bei kleineren Batterien.
Reichweite ist aber nicht alles. Gerade Fahrerinnen und Fahrer sportlicher Autos legen Wert auf Tempo und Fahrdynamik. Diese Zielgruppe hat natürlich der Sportwagenhersteller Porsche besonders im Blick. Obwohl die Zuffenhausener wie wenige andere Hersteller für ihre rasanten Verbrenner bekannt sind, die laut auto-motor-und-sport.de vorerst auch weiter angeboten werden, haben sie längst den Weg Richtung Elektromobilität eingeschlagen. Seit 2019 produziert Porsche mit dem Taycan seinen ersten rein elektrischen Sportwagen. Für Modelle wie den SUV Macan sowie die Sportwagen Boxster und Cayman soll es ab 2023 Batterieantriebe geben. Grundsätzlich sollen bis 2030 mindestens 80 Prozent aller neu verkauften Porsche vollelektrisch angetrieben werden oder zumindest Plug-in-Hybride sein. Außerdem will das Unternehmen bis dahin seine gesamte Lieferkette bilanziell CO2-neutral stellen, berichtete UmweltDialog.
Optimale Balance zwischen Reichweite und Dynamik
Wie groß muss ein Auto-Akku aber sein, damit er für ein ausgeglichenes Verhältnis von langer Fahrleistung und hoher Fahrdynamik sorgt? Dazu hat Porsche eine eigene Studie durchgeführt. Ein virtueller Taycan Turbo S wurde mit verschiedenen Akku-Ausstattungen durch eine simulierte Nürburgring-Nordschleife gesteuert. Ergänzend zum Standard-Akku mit einer Kapazität von 85,1 Kilowattstunden wurde die Simulation auch mit Akkus mit 70, 100 und 130 Kilowattstunden durchgeführt. Gemessen wurden jeweils die Rundenzeit und das Beschleunigungsverhalten.
Je nach Akkugröße wogen die virtuellen Taycans 2,3 bis 2,7 Tonnen. Das Gewicht wirkte sich bei der größten getesteten Batterie besonders deutlich auf Geschwindigkeit und Beschleunigung aus. Für eine Runde auf der Nordschleife benötigte der virtuelle Wagen mit der schwersten Batterie mit 130 Kilowattstunden Kapazität demnach 7:48,2 Minuten. Auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigte er in immerhin 3,28 Sekunden, auf 200 in 10,48 Sekunden. Demgegenüber benötigte die etwa 300 Kilogramm leichtere Variante mit der 100-Kilowattstunden-Batterie 7:42,4 Minuten für die Runde und spurtete in 3,04 Sekunden auf 100 und in 9,71 Sekunden auf 200 Kilometer pro Stunde.
Die 100-Kilowattstunden-Batterie wird von Porsche favorisiert. Sie bietet nach Einschätzung der Test-Ingenieure die optimale Balance aus Reichweite und Fahrdynamik. Gerade bei der Performance des Elektroantriebs erwartet Porsche aber eine stetige Leistungsverbesserung bei zukünftigen Batterie-Neuentwicklungen: „Neue Zelltechnologien werden den Energieverbrauch verringern, höhere Ladeleistungen die Effizienz verbessern.“ Außerdem werde der Anteil recycelter Batterierohstoffe zunehmen, sodass sich auch die Nachhaltigkeitsbilanz der Batterieherstellung weiter verbessern werde.
Die Zukunft gehört dem Feststoff-Akku
Die Zukunftserwartungen der Automobilhersteller richten sich nicht nur auf die Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Technologie. Bald schon sollen Feststoffbatterien serienreif sein. Diese Neuentwicklung soll wesentliche Nachteile der bisherigen E-Auto-Akkus beseitigen: die recht lange Ladezeit, das hohe Gewicht und die Sicherheitsrisiken. Lithium-Ionen-Akkus bestehen laut Online-Magazin Energyload aus zwei leitfähigen Schichten aus Aluminium sowie Kupfer, zwischen denen sich der Pluspol aus Lithium-Metalloxid und der Minuspol aus Graphit befinden. Eine leitfähige Flüssigkeit zwischen den Polen sorgt dafür, dass elektrischer Strom fließen kann. Dieser flüssige „Elektrolyt“ muss gekühlt werden, sonst besteht Brandgefahr.
Feststoffbatterien haben hingegen einen festen Elektrolyten. Auch Graphit wird nicht mehr am Minuspol benötigt. Durch all dies sind solche Batterien kleiner, flexibler, leichter und sicherer, hebt Volkswagen hervor. Sie können sich nicht zersetzen und überhitzen. Außerdem erreichen Feststoffbatterien mehr Ladezyklen und eine bis zu 80 Prozent größere Reichweite. Volkswagen ist am US-amerikanischen Start-up Quantum Scape beteiligt, das frühestens 2025 mit der Serienfertigung von Feststoffbatterien starten will. BMW und Ford haben wiederum in das Feststoffbatterie-Unternehmen Solid Power investiert, das nach Einschätzung von Business Insider mit der Entwicklung schon etwas weiter ist.