Mobilität & Logistik

Dossier: Zukunft Brennstoffzelle

Die weltweite Energieversorgung und der Umweltschutz stehen vor immensen Herausforderungen. In 50 Jahren werden rund neun Milliarden Menschen den Globus bevölkern - dreimal so viele wie noch vor 100 Jahren. Auch die Zahl der Fahrzeuge wird sich vermutlich mit mehr als zwei Milliarden verdreifachen, schätzen Experten. Die Kombination aus regenerativ erzeugtem Wasserstoff und Brennstoffzellen gilt aus heutiger Sicht als ideale Lösung, um den Kraftstoffbedarf ressourcen- und klimaschonend zu decken. Doch welche Rolle wird Deutschland dabei spielen?

16.08.2004

„In der Zeit nach der ersten Energiekrise wurde die Wasserstoff-Forschung in Deutschland auf einem weltweit führendem Niveau vorangetrieben“, erläutert Dr. Johannes Töpler, Vorstand des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes (DWV). Doch seitdem sei eher eine gewisse Stagnation zu beobachten, eine aktive Rolle der zuständigen Bundesbehörden nur in einzelnen Fällen zu erkennen. „Es bestand also durchaus die Gefahr, dass Deutschland seine führende Rolle auf diesem Gebiet der regenerativen Energieketten verlieren könnte.“

Angesichts von Milliarden-Summen, die in den USA genannt werden, hören
sich die öffentlichen Fördermittel in Deutschland relativ gering an. So stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) innerhalb seines Zukunftsinvestitionsprogramms für eine Reihe von Brennstoffzellen-Projekten insgesamt knapp 50 Millionen Euro zur Verfügung. In 2003 betrugen die Mittel für direkte Projektförderung seitens des BMWA 23,4 Millionen Euro. Die gesamte jährliche Förderung betrug zusammen mit den Mitteln des Bundesforschungsministeriums und der Bundesländer gut 50 Millionen Euro.

Demgegenüber stehen die Investitionen der Unternehmen, die wesentlich
über den Erfolg der weiteren Entwicklungen entscheiden. Der Heiztechnikhersteller Vaillant gibt an, jährlich vier bis fünf Millionen Euro für Brennstoffzellen-Heizgeräte bereitzustellen. Der Energieversorger RWE hat nach eigenen Angaben für den Fünfjahreszeitraum 2001 bis 2005 ein dreistelliges Millionen-Budget für die Brennstoffzellen-Technologie investiert. Während man u.a. mit Bosch/Buderus in Mechernich an einem Brennstoffzellen-Heizgerät (Polymerelektrolytmembran-Technik) arbeite, treibe man mit der DaimlerChrysler-Tochter MTU Friedrichshafen in Ottobrunn die Entwicklung der Schmelzcarbonatbrennstoffzelle voran.

Besonders engagieren sich einige Automobilhersteller. So arbeiten unter dem Dach der GM Fuel Cell Activities weltweit - unter anderem in Mainz-Kastel - rund 600 Mitarbeiter daran, den Brennstoffzellen-Antrieb zur Serienreife zu entwickeln. Innerhalb der Ford Motor Company ist das Ford Forschungszentrum in Aachen das Zentrum ihrer europäischen Wasserstoff-Forschung. Bei DaimlerChrysler spricht man von einer Milliarden-Summe, die der Konzern im mobilen Bereich in die Brennstoffzellen-Technologie investiere. Mit dem Kaltstart sei dem Forschungszentrum Ulm jetzt eine der wesentlichen Hürden auf dem Weg zur Marktreife gelöst worden, erklärt Vorstand Thomas Weber: Durch präzises Management von Wärme und Wasserhaushalt könne die Brennstoffzelle selbst bei Temperaturen von -20 °C gestartet werden.

Eine Ausnahmenstellung, auch beim Thema öffentliche Förderung, nimmt das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) ein - nämlich einen „nationalen und
internationalen Spitzenplatz bei der Brennstoffzellen-Forschung“, wie
Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft betont. NRW fördere bislang rund 50 Brennstoffzellen-Projekte mit knapp 50 Millionen Euro. Mehr als 300 Forschungseinrichtungen und Unternehmen würden in einem Kompetenz-Netzwerk zusammen an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten. So
strebt die Ruhr-Universität Bochum die Entdeckung und Optimierung neuer
Katalysatoren an, mit denen sich Kosten reduzieren lassen. Und Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich konnten jetzt Fortschritte bei der Leistung und der Betriebstemperatur von Festelektrolyt-Brennstoffzellen erzielen.

Die „Lücke zwischen der grundlagenorientierten Wissenschaft und der
anwendungsorientierten Produktentwicklung“ füllen Forschungsdienstleister wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE aus, erklärt Ulf Groos: „Im Geschäftsfeld Wasserstofftechnologie entwickeln wir Mikrobrennstoffzellen für das Mobile Office und netzferne Elektrogeräte sowie Anlagen zur Wasserstofferzeugung auf Basis der Membranelektrolyse und Reformierung.“

An der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung liegt auch die HDW - Fuel Cell Systems (HFCS). Ziel der im September 2002 gegründeten HDW-Tochter in Kiel sei es, maritime Brennstoffzellen-Anlagen einschließlich deren Schlüsselkomponenten zu entwickeln, zu bauen und zu vermarkten. Das Bedarfspotential sei enorm, berichtet HFCS-Geschäftsführer Gunter Sattler. Allein schon aus Umweltgesichtspunkten: „Bis 2020 wird der Einfluss der schädlichen Emissionen von Seeschiffen in der Ostsee genau so groß sein, wie der Einfluss des gesamten Verkehrssektors im Binnenland.“

Um die Brennstoffzellen-Technologie auch für Überwasserschiffe verfügbar zu machen, sind besondere Herausforderungen zu meistern: zum einen der hohe Leistungsbedarf im Megawattbereich und zum anderen der immense Speicherbedarf für Wasserstoff. Während man bei der Brennstoffzelle auf
die Entwicklungen der Spezialisten angewiesen sei, beschäftige sich HFCS
mit der Kraftstoffversorgung und der Systemtechnik, so Sattler. Aus logistischen Gründen richte sich das Augenmerk für die Mehrzahl der Schiffe derzeit darauf, Wasserstoff aus Dieselkraftstoff zu gewinnen. „Der Dieselreformer stellt sich derzeit als eine Schlüsseltechnologie für die schiffstechnische Anwendung von Brennstoffzellen dar.“

Hier liege denn auch ein Schwerpunkt der Entwicklungsaktivitäten. „Wir
setzen bei Ergebnissen der Grundlagenforschung auf und passen die
Technologie den Anforderungen der Schiffstechnik an.“ Dabei werde auch
Hilfe von Großforschungseinrichtungen eingeholt, erläutert Sattler. So arbeite man z.B. mit Fraunhofer Instituten, dem Forschungszentrum Jülich oder dem Duisburger Zentrum für Brennstoffzellen-Technik zusammen. Aktuell werde derzeit ein eigenes Testlabor aufgebaut. Bis zum nächsten Frühjahr soll in einem ersten Schritt eine Brennstoffzellen-Demonstrationsanlage für Seeversuche zur Verfügung stehen.

DWV-Vorstand Töpler hofft, dass die amerikanische Initiative der „International Partnership for Hydrogen Economy“, kurz IPHE, auch der Diskussion um einen deutschen Beitrag neuen Auftrieb gibt. Eine Gutachter-Kommission des BMWA, in der alle Wasserstoff/Brennstoffzellen-Initiativen der Länder sowie die großen Industrie-Firmen vertreten sind, definiere derzeit eine abgestimmte Haltung der deutschen Politik und Wirtschaft. „Es besteht also durchaus die Hoffnung, dass nach einer gewissen Phase der Stagnation Deutschland den Anschluss an die Entwicklung der Wasserstoff-Energiewirtschaft behält.“
Quelle: UD
 
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