Autos made in BRIC
Die weltweite Automobilproduktion wird bis zum Ende des Jahrzehnts deutlich steigen. Vor allem auf Grund der wachsenden Nachfrage in Brasilien, Russland, Indien und China - den so genannten BRIC-Staaten - werden 2010 über 70 Millionen Pkw vom Band laufen und damit knapp 14 Prozent mehr als 2005. Dies ist eines der Ergebnisse der Studie "Global Automotive Financial Review 2006" von PricewaterhouseCoopers.
05.10.2006
Ein Großteil des Produktionszuwachses dürfte dabei auf die
BRIC-Staaten selbst entfallen. "Für die etablierten Automobilkonzerne
sind die Emerging Economies längst nicht mehr nur als Absatzmarkt
interessant. Der steigende Wettbewerbsdruck und sinkende Margen zwingen
so gut wie alle Hersteller, ihre globale Kostenstruktur durch
Produktionsverlagerungen in die BRIC-Staaten zu verbessern", sagt Karl
Gadesmann, Partner und Leiter des Bereichs Automotive bei PwC.
Der Absatzboom in China und Indien lässt auch die überregionale
Bedeutung der inländischen Automobilhersteller und -zulieferer steigen.
Diese Entwicklung dürfte sich nicht nur auf den Pkw-Märkten, sondern
auch in den M&A-Aktivitäten in Europa und Nordamerika
niederschlagen. "Automobilzulieferunternehmen aus den Emerging
Economies werden sich verstärkt an westlichen Zulieferern beteiligen,
um auf diese Weise Zugang zu technologischem Know-How und zu den
führenden Automobilherstellern und -zulieferern zu erhalten", erwartet
Martin Schwarzer, Leiter des PwC M&A Automotive Teams.
China
Gut 40 Prozent der bis 2010 zusätzlich produzierten Pkw werden
voraussichtlich in den BRIC-Staaten montiert. Dabei liegt China im
Standortwettbewerb klar in Führung. Für 2006 prognostiziert die
PwC-Studie einen Anstieg der chinesischen Pkw-Produktion um knapp ein
Viertel auf gut 5,4 Millionen Einheiten. Damit würde China in der
Rangliste der weltweit größten Herstellerländer hinter den USA und
Japan auf den dritten Platz vorrücken und Deutschland auf die vierte
Position verdrängen. "Die beeindruckenden Zuwachsraten dürfen
allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass der Wettbewerb immer
härter wird. Mittlerweile können chinesische Autokäufer zwischen über
100 Automarken wählen", so Gadesmann. Preiskämpfe und steigende
Rohstoffkosten hinterlassen deutliche Spuren bei der Gewinnentwicklung.
Die Nettorendite der chinesischen Autoindustrie ist von 9,0 Prozent im
Jahr 2003 auf 4,0 Prozent im Jahr 2005 gefallen.
Indien
Indien spielt im Vergleich zu China noch eine untergeordnete
Rolle für die Pkw-Fertigung. Allerdings will so gut wie jeder der
internationalen Automobilkonzerne eigene Produktionskapazitäten auf dem
Subkontinent aufbauen, um vom erwarteten Marktwachstum zu profitieren.
Derzeit werden jährlich gut 1,2 Millionen Pkw in Indien hergestellt.
Die größten ausländischen Produzenten sind Hyundai und Ford mit
jährlich 250.000 beziehungsweise 100.000 Einheiten. Deutsche Hersteller
sind bislang kaum präsent: DaimlerChrysler fertigt ebenso wie die
Volkswagen-Tochter Skoda rund 10.000 Fahrzeuge pro Jahr in
Indien.
Brasilien
Brasilien zählt seit Jahren zu den Schwellenländern mit den am
weitesten entwickelten Automobilmärkten. In der Hoffnung auf
überdurchschnittliche Wachstumsraten haben internationale
Automobilkonzerne und Zulieferer zwischen 1992 und 2002 schätzungsweise
30 Milliarden US-Dollar in Brasilien investiert. Tatsächlich blieb der
Inlandsabsatz hinter den Erwartungen zurück, so dass die brasilianische
Pkw-Industrie trotz einer Rekordproduktion von rund 2,2 Millionen
Einheiten im Jahr 2005 geschätzte Überkapazitäten von 30 bis 40 Prozent
aufweist. Die Hersteller setzen daher zunehmend auf den Export, wobei
sich die langjährigen Erfahrungen mit alternativen Kraftstoffen in
Brasilien auch auf anderen Märkten auszahlen könnten.
Russland
Das Volumen des russischen Automobilmarkts ist in den
vergangenen drei Jahren auf US-Dollar-Basis um knapp 30 Prozent
gestiegen und dürfte weiter zulegen. Dabei entscheiden sich die Käufer
zunehmend für Neuwagen ausländischer Hersteller, während die
Marktanteile von Pkw russischer Produzenten und westlicher
Gebrauchtwagen sinken. Ford und Renault sind bereits mit eigenen Werken
in Russland präsent und planen eine Ausweitung der
Fertigungskapazitäten, General Motors und Volkswagen wollen
investieren. Doch rechnen sich auch chinesische Hersteller wie FAW oder
Great Wall Chancen auf dem russischen Markt aus und haben bereits mit
der Pkw-Produktion in Russland begonnen.