Mobilität & Logistik

„Marshallplan" für die deutsche Autoindustrie

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert das Fehlen konkreter Fortschritte im Klimaschutz. Die Klimaeffizienz von Kraftwerken und im Straßenverkehr in Deutschland sei weltweit entscheidend: Die NGO fordert einen "Marshallplan" für Autoindustrie und eine schnelle Wende zu klimaverträglicheren Pkws.

05.04.2007

Noch vor dem G8-Gipfel an der Ostsee muss Bundeskanzlerin Angela Merkel der Klimadebatte in Deutschland eine neue und konstruktive Richtung geben. Andernfalls drohen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industriestaaten Anfang Juni in einem klimapolitisch handlungsunfähigen Gastgeberland zu tagen. Darauf haben in Berlin die Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) Rainer Baake und Jürgen Resch vor dem
Hintergrund zahlreicher abwiegelnder Wortmeldungen aus Politik und Wirtschaft hingewiesen, die sämtlich gegen konkrete Schritte für einen wirksamen Klimaschutz in Deutschland gerichtet sind.
 
"Wer die Diskussionen der letzten Tage  verfolgt, muss zu dem Schluss kommen, dass viele der derzeitigen Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik zu konkreten Weichenstellungen im Klimaschutz nicht willens sind. Das G8-Gastgeberland tut seit den Beschlüssen des Brüsseler EU-Gipfels, die weltweit als Aufbruchsignal im Klimaschutz verstanden worden waren, alles für ihre systematische Demontage. Die in Deutschland aktuell diskutierten Maßnahmen widersprechen in eklatanter Weise den Brüsseler Zielvorgaben. In zentralen Bereichen drohen sogar massive Rückschläge", erklärten Baake und Resch. Als Beispiele nannten die beiden DUH-Geschäftsführer die aktuellen Debatten über die Zukunft der deutschen Automobilindustrie, den geplanten Bau dutzender neuer Kohlekraftwerke und die weitere Privilegierung klimaschädlicher Braunkohlekraftwerke bei der Zuteilung von CO2-Verschmutzungsrechten.
 
Vom neu gewählten VDA-Präsidenten Matthias Wissmann und seinen großen Mitgliedsunternehmen fordert die DUH ein öffentliches Bekenntnis zur Einhaltung der für 2008 verbindlich zugesagten Klimagasemissionen von Neufahrzeugen. "Wir erwarten von Wissmann, dass er die Glaubwürdigkeit der deutschen Automobilindustrie wieder herstellt, indem er seinen Mitgliedsbetrieben klar macht, dass sie das 140-Gramm-Ziel für 2008 einhalten müssen. Dies ist für uns Grundlage für Gespräche", sagte DUH Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Im Vergleich zu anderen europäischen Autobauern liegen die deutschen Autobauer mit 172,5 g CO2/km im Jahr 2006 besonders weit vom EU-Zielwert entfernt.
 
Die Zwischenbilanz nach drei Monaten intensiver Klimaschutzdiskussion in Deutschland sei deprimierend, erklärte Resch. Nirgendwo sonst in Europa werde so vehement die Notwendigkeit konkreter Maßnahmen verlautbart - und gleichzeitig nichts getan. In anderen EU-Staaten gebe es dagegen konkrete Handlungsschritte. Sie schafften Anreize zum Kauf klimaverträglicherer Autos durch eine Mischung aus steuerlichen Anreizen und ausgezahlten Zuschüssen für besonders verbrauchsarme Pkw einerseits und hohe Strafsteuern für Klimakiller andererseits:
 
· Belgien gewährt beim Kauf von besonders verbrauchsgünstigen Pkw bis zu 4.270 EUR Steuervorteil.

· In Frankreich gilt für Firmenwagen eine mit dem CO2-Ausstoß überproportional ansteigende Steuer. So kostet ein Toyota Prius mit 104 g CO2/km ganze 208 Euro, ein Porsche Cayenne Turbo mit 358 g CO2/km aber 6.802 EUR

· In den Niederlanden werden Hybrid-Pkw mit bis zu 6.000 EUR subventioniert und Fahrzeuge mit einem erhöhten CO2-Ausstoß mit einer Strafsteuer belegt

· In Portugal hat die CO2-bezogene Zulassungssteuer für Pkw mit zu den europaweit niedrigsten CO2-Werten bei Pkw-Neuwagen geführt. Ein Renault Twingo 1,2 mit 118 g CO2/km kostet 48,38 EUR, ein VW  Touareg V10 TDI mit 333 g CO2/km hingegen mit 11.388,60 EUR mehr als das 200-fache.
Quelle: UD
 
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