Auf dem Weg zur Elektromobilität: Volkswagens Strategie
Erst kürzlich hat Volkswagen einen grundlegenden ökologischen Umbau des Konzerns angekündigt. Diese Pläne festigt der Automobilhersteller nun für die Öffentlichkeit durch eine neue Publikation: Unter dem Titel „0% Emissionen. 100% Emotionen. - Auf dem Weg zur Elektromobilität“ erklärt Volkswagen seine Strategie. Der Konzern „will das Null-CO2-Auto“ und macht daher den Ausbau erneuerbarer Energien zur „absoluten Priorität“. Neben dem Batteriefahrzeug präsentiert das Unternehmen in der vorliegenden Broschüre weitere vielversprechende Antriebsarten. Thematisiert werden außerdem die zahlreichen ungelösten Aufgaben, die es mit dem Ziel des Null-Emissionen-Fahrzeugs zu bewältigen und lösen gilt.
21.06.2012
Drei entscheidende Gründe benennt Volkswagen in seiner Publikation als Triebkräfte der Elektromobilität: Den Klimawandel, die Verknappung des Erdöls und die Verstädterung. Elektrofahrzeuge sind in der Lage, klimaschädliche Emissionen entscheidend zu verringern. Sie machen unabhängig von Erdöl und bieten ideale Voraussetzungen für den innerstädtischen Verkehr mit geringen Distanzen. Dennoch setzt Volkswagen nicht alles auf eine Karte: „Wer an die Spitze will, muss umfassend aufgestellt sein“, so heißt es in der Broschüre. Die Wolfsburger entwickelten daher alle relevanten Antriebstechnologien mit Blick auf Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit weiter und wenden ein Dreistufen-Modell an: In der ersten Stufe werden Diesel und Benziner sparsamer gemacht und die Erdgas-Technologie weiterentwickelt, da hier kurzfristig die größten Einsparpotentiale zu erwarten seien. Die zweite Stufe beschäftigt sich mit der Elektrifizierung des Antriebsstranges sowie dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Auf langfristige Sicht folgen in Stufe drei rein elektrisch betriebene Fahrzeuge mit den Energiespeichern Akku und möglicherweise Wasserstoff. Volkswagen wird dieses Modell jedoch nicht nacheinander durchlaufen sondern die drei Stufen parallel weiterentwickeln.
Hoffnungsträger Erdgasfahrzeug und Plug-In Hybrid
Im Kapitel „Antriebs- und Kraftstofftechnologie“ beschreibt Volkswagen den Stand der Dinge, die Fortschritte sowie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Antriebstechnologien. Als echter „Hoffnungsträger“ gilt das Erdgasfahrzeug. Das Ausbleiben dessen durchschlagenden Erfolgs führt Volkswagen auf das mit nur 900 Zapfsäulen in Deutschland viel zu weitmaschige Netz an Tankstellen zurück. Das Problem der geringen Reichweite dagegen ist inzwischen weitgehend behoben: So schafft der Touran TSI Ecofuel mit seinen drei Erdgastanks 520 Kilometer, plus 150 Kilometer mit dem Benzinreservetank. Als Alternative zu Benzin und Diesel weist Erdgas die geringsten Nutzungseinschränkungen auf, zudem ist Erdgas günstiger und verursacht weniger CO2. Nachteil sind nach wie vor höhere Anschaffungskosten sowie die Tatsache, dass Erdgas ein fossiler Energieträger und damit auch endlich ist. Als einen Lösungsansatz hierfür nennt Volkswagen das Bioerdgas: Dessen Grundlage ist Biogas, das bereits heute von vielen Landwirten produziert wird. Mit dem fossilen Erdgas ist es chemisch nahezu identisch und kann sowohl in Reinform als auch beigemischt von Erdgasfahrzeugen getankt werden - ohne technische Umrüstungen. Gegenüber Benzin und Diesel weist Bioerdgas CO2-Reduktionspotentiale von bis zu 85 Prozent auf.
Eine ebenso vielversprechende Antriebsart und derzeit die beste Lösung als Alternative zum Diesel oder Benziner ist nach Ansicht von Volkswagen der Plug-In Hybrid. Das mit Verbrennungs- und Elektromotor sowie Tank, Akku und Steckdose ausgestattete Fahrzeug ist in der Lage, gleich mehrere Kundenerwartungen zu erfüllen: So sind in rein elektrischem Betrieb Strecken von 20 bi 80 Kilometer möglich, was beispielsweise für Stadtfahrten ausreichend ist. Zudem ergab eine Studie des Konzerns, dass 78 Prozent aller Tagesfahrten in Deutschland in einem Distanzbereich von bis zu 50 Kilometern stattfinden. Plug-In Hybridfahrzeuge sind außerdem in der Anschaffung günstiger als ein Batteriefahrzeug, da sie einen kleinen Akku haben. Außerdem kann mit dieser Antriebsart bei Benutzung regenerativen Stroms erheblich CO2 eingespart werden.
Die große Zukunftschance: Das Batteriefahrzeug
Als „die große Zukunftschance“ bezeichnet Volkswagen das Batteriefahrzeug. Allein mit einem Akku als Energiespeicher und ohne Verbrennungsmotor könnte es das „automobile Nonplusultra“ sein: Es ist unabhängig von endlichen Rohstoffen, an jeder Steckdose betankbar und verursacht mit regenerativem Strom keine vor-Ort-Emissionen. Bis 2020 will Volkswagen zum führenden Premiumhersteller von E-Fahrzeugen aufsteigen, so schreibt es der Konzern. Jedoch sind bis zum alltagstauglichen und bezahlbaren Elektroauto noch vier große Aufgaben zu bewältigen: Dazu gehört unter anderem die Beherrschung der Technologie, denn es müssen zahlreiche bestehende Bauteile modifiziert werden. Dr. Rudolf Krebs, Konzernbeauftragter für Elektro-Traktion, sagt dazu in einem in der Broschüre abgedruckten Interview: „Das Elektroauto markiert einen technologischen Wandel, wie es ihn noch nie in der Geschichte des Automobilbaus gegeben hat“ Es gehe um nichts geringeres, als die Mobilität neu zu erfinden, so Krebs weiter. Technischer Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt dabei die Batterie, aber auch der Motor. Eines der aktuellen Vorzeigeobjekte ist derzeit der GolfBlue-e-Motion: Mit dem 115 PS starken Elektromotor und drei Akkupaketen schafft er eine Reichweite von 150 Kilometer. Trotz der Akkus ist er mit fünf Sitzplätzen und großem Gepäckraum ausgestattet.
Volkswagen Naturstrom
Weitere Herausforderungen der Elektromobilität sind außerdem der Aufbau einer Ladeinfrastruktur mit flächendeckenden Stromtankstellen sowie die Herkunft des Stroms - denn in der Gesamtbilanz ist das Elektroauto nur so klimafreundlich wie der Strom, der es antreibt. Bei der Frage, wie umweltverträglich das Elektroauto wirklich ist, muss die gesamte Produktionskette betrachtet werden. Dafür ist bei Volkswagen das Team Umweltanalyse aus der Abteilung Umwelt Produkt zuständig. Ihr Vorgehen und einige Ergebnisse sind in der Publikation erläutert. Klar ist aber, dass Elektromobilität nur mit Strom aus erneuerbaren Quellen Sinn macht. Aus diesem Grund fordert Volkswagen den beschleunigten Ausbau regenerativer Energieerzeugung und unterstützt diesen selber aktiv mit Investitionen von mehr als 700 Millionen Euro. Die Idee des Konzerns ist es, den regenerativ erzeugten Strom zum einen in den Werken zu verwenden und zum anderen als Volkswagen Naturstrom zu verkaufen. Somit will sich der Automobilhersteller zum besten All-in-One-Lieferant von emissionsfreier Mobilität etablieren.
Die vierte Herausforderung auf dem Weg zur Elektromobilität ist der Preis: Ziel Volkswagens ist es, das Elektroauto zu einem wettbewerbsfähigen Preis anzubieten. Dies ist eine der wichtigsten Kundenerwartungen, wie eine umfassende Marktforschung zum Thema ergab. Größter Kostentreiber eines Elektroautos ist die Batterie. Daher arbeitet Volkswagen konsequent daran, die Kosten für deren Herstellung zu senken und treibt die entsprechende Forschung mit großem Engagement voran. Denn laut Volkswagen ist die Batterie die Schlüsselkomponente, die ganz wesentlich über den Erfolg des Elektroautos entscheiden wird. Ziel ist, die Akkus sicherer, leistungsfähiger, langlebiger, preiswerter und recyclingfähiger zu machen. Zuständig ist hierfür unter anderem die Forschungs- und Entwicklungsabteilung am Stammsitz in Wolfsburg. Diese wird künftig ergänzt durch einen Elektrocampus für über 1.000 Mitarbeiter, in dem ebenfalls an der Optimierung der Batterie gearbeitet wird. Aber auch am „Electronics Research Laboratory“ in Palo Alto in Kalifornien, der größten Forschungseinrichtung außerhalb des Stammsitzes, wird die Akkutechnologie erforscht und weiter entwickelt. Ebenso steht dieses Thema im Vordergrund der rund 350 Kooperationen mit Universitäten und Forschungsinstituten.
Eine Gemeinschaftsaufgabe
Nach Ansicht des Volkswagen Konzerns ist die Förderung und Etablierung von Elektromobilität eine Gemeinschaftsaufgabe, für die Hersteller, Politik, Wissenschaft und Energieversorger an einem Strang ziehen müssen. Nach den Plänen der Regierung sollen bis 2020 eine Million E-Autos in Deutschland fahren - 2030 können es mehr als fünf Millionen sein. Entsprechende Leitlinien gibt das „Regierungsprogramm Elektromobilität“ vor. In der Marktvorbereitungsphase legt es den Maßnahmenschwerpunkt auf die Themen Forschung und Entwicklung und sieht dafür eine Förderung von einer Milliarde Euro vor. Für Volkswagen ist das ein richtiger Schritt, doch die die Gesamtaufgabe erfordert zusätzliche Maßnahmen. Ein Beispiel, dass die Politik betrifft, wären europaweite einheitliche Anreizprogramme. So ist das Unternehmen überzeugt, dass die großflächige Verbreitung von E-Mobilität ohne Kaufanreize kaum gelingen kann. Aber auch Anreize zur verbesserten Alltagstauglichkeit könnten wirksam sein: Zum Beispiel das Wechselkennzeichen, mit dem ein konventionelles Auto für längere Strecken und ein Elektroauto für Kurzstrecken mit nur einer Anmeldung betrieben werden können.
Gefordert sind nach der Meinung Volkswagens ebenso die Universitäten sowie Forschung und Bildung: So ist „eine Ausbildungsoffensive von Nöten“, um den künftigen Fachkräftebedarf im Bereich Elektromobilität zu decken. Es gehe darum, Ingenieurstudiengänge, Doktorandenprogramme sowie Lehrstühle und Forschungsschwerpunkte zu schaffen. Ebenso müsse die gewerbliche Ausbildung angepasst werden - beziehungsweise müssten die Industrie- und Handelskammern überprüfen, ob ein neues Berufsbild geschaffen werden sollte. Zu guter Letzt formuliert Volkswagen in der vorliegenden Broschüre Anforderungen an die Energieversorger: Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur und intelligente Stromnetze fallen in ihre Zuständigkeit. Besonders wichtig seien dabei der freie Zugang zu den Ladestationen, kundenfreundliche Abrechnungsmodelle sowie das problemlose Aufladen der Fahrzeugbatterie unabhängig vom Stromanbieter.
Die Publikation „0% Emissionen. 100% Emotionen. - Auf dem Weg zur Elektromobilität“ steht auf der Internetseite volkswagen-nabu.de zum Download bereit. Dort kann sie außerdem als Printversion angefordert werden.