Einwegflut stoppen
Der Einführung einer Umweltsteuer auf Getränkeverpackungen in Deutschland steht aus rechtlicher Sicht nichts im Weg. Das belegen zwei vom NABU in Auftrag gegebene Gutachten. Der NABU fordert seit Jahren zusätzlich zum Pfand eine solche Abgabe auf Getränkeverpackungen, um der stetig steigenden Menge von Einwegplastikflaschen im Getränkemarkt Einhalt zu gebieten.
08.09.2014
„Von einzelnen Experten und Industrie ins Feld geführte Zweifel über die rechtliche Zulässigkeit einer Getränkeverpackungssteuer konnten durch unser Rechtsgutachten ausgeräumt werden. Das wird auch von einem zweiten unabhängigen Gutachter bestätigt. Jetzt braucht es allein den politischen Willen, um die Einwegflut zu stoppen“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller und appellierte an Umweltpolitiker und Umweltministerium, entsprechend zu handeln. Eine lenkende Steuer sei ein wirksames und effizientes Mittel, um die Menge an umweltschädlichen Einwegplastikflaschen endlich zu verringern. Mit einer zusätzlichen Umweltabgabe könnten 400.000 Tonnen Plastikmüll und 1,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich vermieden werden.
Das 2003 eingeführte Einwegpfand hat zwar zur Reduzierung von Müll in der Landschaft durch Plastikflaschen geführt, das Ziel, zukünftig 80 Prozent aller Getränke in Mehrwegflaschen, Schlauchbeuteln oder Getränkekartons abzufüllen, aber nicht erreicht. Die umweltfreundlichen Behälter haben lediglich einen Marktanteil von unter 50 Prozent. Viele Verbraucher suchen in den Discountern heute vergeblich nach umweltfreundlichen Alternativen zur Einweg-Plastikflasche oder Getränkedose. Die Steuer würde diese stärker belasten als umweltfreundliche Getränkeverpackungen. So würden Verbraucher nicht nur die Umwelt sondern auch ihren Geldbeutel schonen.
Kritiker einer Umweltabgabe haben bisher auf vermeintliche rechtliche Hürden der Steuer hingewiesen, wie z.B. die Unvereinbarkeit mit gängigem deutschem und europäischem Wettbewerbsrecht, die mögliche erdrosselnde Wirkung auf den Getränkesektor oder die Diskriminierung von ausländischen Abfüllern. „Die jetzt veröffentlichten Gutachten machen klar, dass die Ziele und das Lenkungskonzept der Steuer mit der Berufsausübungsfreiheit, also dem deutschen Grundgesetz, sowie dem europäischen Binnenmarkt und Umweltrecht, also dem primären und sekundären europäischen Unionsrecht vereinbar sind. Sowohl das Gutachten wie auch die Stellungnahme zum Gutachten kommen zu dem Schluss, dass eine Getränkeverpackungssteuer die konsequente Fortführung der Verantwortung von Getränkeherstellern und Händlern zur Schonung von Ressourcen und Umwelt ist“, so NABU-Leiter Ressourcenpolitik Benjamin Bongardt.
Die Hauptpunkte in den rechtlichen Einschätzungen zur Getränkeverpackungssteuer sind: Der Gesetzgeber hat im Steuerrecht einen sehr großen Gestaltungsspielraum. Zudem haben Abfüller und Händler auf dem deutschen und europäischen Getränkemarkt viele Möglichkeiten auf die Steuer zu reagieren, sei es durch den Austausch von umweltschädlichem Verpackungsmaterial oder durch einen Umstieg auf die Abfüllung in Mehrweggebinden sowie durch mehr Einsatz von Sekundärmaterialien. Die Steuer kann klar diskriminierungsfrei gestaltet werden, da es in- und ausländischen Produzenten auf dem europäischen Markt mit im Grundsatz gleichen Wirtschaftsbedingungen möglich ist, Rohstoffe für ihr Verpackungsmaterial zu besorgen.
„Auch der Kunde wird in seiner Handlungsfreiheit nicht übermäßig eingeschränkt. Vielmehr bekommt der Einzelhandel Anreize, wieder Mehrwegverpackungen in sein Sortiment aufzunehmen und damit den Verbrauchern eine Wahl für umweltfreundliche Getränkeverpackungen zu erleichtern“, so Bongardt.