Palmöl-Check 2015: Intransparenz – aber auch Fortschritt
Selbst minimalste Nachhaltigkeitsstandards und Transparenz bei Palmöl scheinen bei rund 40 Prozent der großen, deutschen Unternehmen, die auf den Rohstoff angewiesen sind, kein Thema zu sein. Das ist das zentrale Ergebnis der nationalen Palmöl-Scorecards des WWF Deutschlands.
01.10.2015
Offenbar ist es einigen Unternehmen immer noch egal woher ihr Palmöl kommt - oder sie wissen es schlichtweg nicht. Die Intransparenz ist laut WWF auch nach Jahren der öffentlichen Diskussion gravierend und das, obwohl die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Palmölanbaus den Unternehmen bekannt sind.
Laut der Palmöl-Scorecard haben sechs von 200 befragten Unternehmen gerade einmal einen Punkt, während 75 Unternehmen eine Auskunft verweigerten oder keine genauen Angaben machen konnten. Beides bewertet der WWF als grundlegendes Versagen in Sachen Nachhaltigkeit und Transparenz. „Wer seine Lieferkette hingegen im Griff hat, konnte die abgefragten Angaben leicht machen. Und wer Nachhaltigkeit propagiert, der sollte wissen woher sein Palmöl kommt“, kritisiert die zuständige WWF-Referentin Ilka Petersen.
Pharmaunternehmen und Futtermittelhersteller in der Kritik
Besonders kritisch betrachtet WWF-Referentin Petersen die deutschen Pharmaunternehmen und Futtermittelhersteller. Alle befragten Unternehmen, darunter Bayer, Boehringer Ingelheim, Merck sowie die großen Futtermittelhersteller Deutsche Tiernahrung, Cremer, Agravis Raiffeisen und Mega verweigerten eine Auskunft. Nach einer aktuellen Marktanalyse verbraucht der pharmazeutisch-chemische Bereich etwa 155.000 Tonnen Palmöl, wovon gerade einmal 12 Prozent zertifiziert sind, die Futtermittelindustrie nutzt noch einmal rund 160.000 Tonnen. Hier liegt der Anteil aus nachhaltigeren Quellen sogar bei nur einem Prozent.
Unternehmen nutzen häufiger zertifiziertes Palmöl
„Positiv ist, dass immer mehr Unternehmen zertifiziertes Palmöl nutzen und sich mit ihrer Lieferkette auseinander setzen“, lobt Petersen. Das auch die volle Punktzahl erreicht werden kann, machen die Unternehmen Daabon und Agrarfrost vor. Insgesamt decken inzwischen mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen ihren Palmölbedarf zumindest teilweise mit zertifizierter Ware. Und während 2013 nur 29 Unternehmen ausschließlich, dass heißt zu 100 Prozent, zertifiziertes Palmöl nutzen, waren es diesmal bereits 62. Wichtige Zusatzkriterien, die über die Mindestanforderungen des RSPO hinausgehen, wie etwa ein Verbot der Umwandlung von Torfböden oder der Einsatz hochgefährlicher Pestizide, fordern allerdings nur 46 Unternehmen bei ihren Lieferanten ein. Diesem Beispiel müssten jedoch, so die WWF-Forderung, unbedingt mehr Unternehmen folgen. Initiativen wie FONAP oder POIG könnten dabei helfen.
Hintergrund
Egal ob Pizza, Margarine, Waschmittel, Tierfutter oder Lippenstift: In fast jedem zweiten Produkt aus dem Supermarktregal versteckt sich Palmöl oder Palmkernöl, das vor allem auf Plantagen in den tropischen Regenwaldregionen Südost-Asiens angebaut wird. Insgesamt werden in Deutschland werden jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Palm- bzw. Palmkernöl verbraucht. Unser Konsum entscheidet also über das Schicksal von Orang-Utan oder Tiger und der Menschen vor Ort. Der WWF fragt daher in den „Palmöl Scorecards“ regelmäßig bei Unternehmen deren Einkaufspolitik ab. Derzeit sind gerade einmal 20 Prozent der globalen Palmölproduktion RSPO-zertifiziert. Allerdings wurde davon nur rund die Hälfte nachgefragt. Vor diesem Hintergrund ist es nach wie vor schwierig, bei Produzenten strengere Anbaukriterien durchzusetzen.