CO2-Zertifikate: Holzbau als Schlüssel zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors
Der Gebäudesektor ist für etwa 37 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Innovative Ansätze sind notwendig, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen. Der moderne Holzbau in Verbindung mit nachhaltiger Waldbewirtschaftung gilt als vielversprechende Lösung. Das Zürcher PropTech-Startup Timber Finance hat eine neue Methodologie entwickelt, die es Bauherren und Investoren ermöglicht, ihre klimafreundlichen Leistungen im Holzbau durch CO2-Zertifikate zu monetarisieren, unterstützt vom Migros-Pionierfonds.
02.10.2024
Neues Asset für die Wald- und Immobilienbranche
Viele Branchen profitieren bereits seit längerem von den Erlösen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten. Nun gibt es erstmals ein neues, wertschöpfendes Instrument für die Immobilienwirtschaft zur Förderung des Holzbaus. Ab 2022 wird der Holzbau von internationalen Organisationen wie der UNFCCC und der EU sowie in der Schweiz als CO2-Speicher anerkannt: CO2 wird der Atmosphäre durch den Wald entzogen und kann in der Tragkonstruktion des Holzbaus sicher gespeichert werden, ohne durch Käfer, Sturm oder Feuer abgebaut zu werden. Darüber hinaus ersetzt Bauholz emissionsintensive Baustoffe wie Stahl oder Beton und wirkt somit doppelt als Dekarbonisierungsstrategie.
Die Schweiz macht es vor
Als weltweit führendes Land im Ingenieurholzbau setzt die Schweiz einmal mehr auf Innovation: Timber Finance startet demnächst die Pilotphase und passt die internationale Methodik an die Schweizer Verhältnisse an. Rund 20 zukunftsweisende Holzbauprojekte können an dieser Phase teilnehmen, um einen Mehrwert durch CO2-Speicherzertifikate zu generieren. Gleichzeitig beteiligen sich mehrere Schweizer Forstreviere, die für ihre nachhaltige Waldbewirtschaftung aus den Zertifikatserlösen entschädigt werden. Bauherren und Waldbewirtschafter sind eingeladen, ihre Holzbauprojekte bei Timber Finance einzureichen. Eine Ausweitung auf internationale Märkte ist für 2025 geplant.
Handelbares Zertifikat
„Wir haben es geschafft, ein Instrument zu entwickeln, das zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors beiträgt und durch die Monetarisierung der Klimaleistung neue Werte im Bausektor schafft. Die Erlöse kommen sowohl der Bau- wie auch der Waldseite zugute und schaffen somit einen Anreiz, vermehrt in Holz zu bauen und den Wald klimarelevant zu bewirtschaften“, berichtet Frank Vasek, Verantwortlicher für Carbon Solutions bei Timber Finance. Die CO2-Zertifikate können auf den CO2-Märkten gehandelt werden (Offsetting) oder von institutionellen Bauherren im Rahmen ihrer Netto-Null-Ziele auf die eigene CO2-Bilanz angerechnet werden (Insetting). Die Entwicklung und Umsetzung der Methodik wurde unter anderem vom Migros-Pionierfonds als Innovationspartner massgeblich unterstützt.
Projekt Pünt setzt neue Massstäbe
Der Ersatzneubau Pünt der Siedlungsgenossenschaft Eigengrund in der Gemeinde Egg im Kanton Zürich ist ein herausragendes Beispiel für nachhaltiges Bauen. Mit einer Hauptnutzfläche von 7.050 Quadratmetern und der Verwendung von regionalem, zertifiziertem Holz speichert das Gebäude 1.462 Tonnen CO2 in seiner Holztragkonstruktion und reduziert zusätzlich 508 Tonnen CO2-Emissionen. Dieses Projekt verdeutlicht, wie klimafreundliches Bauen mit Holz in Verbindung mit CO2-Speicherzertifikaten wirtschaftliche Vorteile realisieren kann.
Forstreviere
Im Rahmen des Pilotprojekts beteiligen sich Forstreviere aus der ganzen Schweiz an der klimaoptimierten Bewirtschaftung von 15.000 Hektaren Wald. Ziel ist es, die CO2-Bindung zu erhöhen und die Ökosystemleistungen des Waldes angemessen zu honorieren. Das jährliche Holzerntepotenzial soll effizient genutzt werden, damit das Holz vorrangig für den Bau zur Verfügung steht, um das darin gespeicherte CO2 langfristig zu binden und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
