Produktion

Datenautobahn kommt aus Ostwestfalen

Wissenschaftlern der Universität Paderborn ist es gelungen, die Übertragungskapazität von Glasfasern zu verdoppeln. Daten- und Telefonnetze könnten so ohne Neuinvestitionen besser genutzt werden.

15.12.2002

„Eigentlich ist es ganz einfach“, erzählt Reinhard Noé, Leiter der Arbeitsgruppe „Optische Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik“ der Universität Paderborn. „Wir senden zwei mit Daten modulierende Lichtsignale, deren Polarisationsrichtungen aufeinander senkrecht stehen....“ Nachrichtentechniker-Latein, dass auf der europäischen Tagung über optische Nachrichtentechnik in Amsterdam jedoch für Aufsehen sorgte. Den Paderborner Wissenschaftlern ist nämlich damit eine Verdoppelung der Übertragungskapazität bei herkömmlichen Glasfaserkabeln gelungen. Die Technik sei praxistauglich, betont Noé.

Glasfasern bilden das „Rückrat“ des Internets und der Telefonnetze. Hierbei werden Sprach- und Informationssignale in Form von moduliertem Licht übertragen. Ihr großer Vorteil zu früheren Kupferkabeln: Glasfasern sind gegenüber elektromagnetischen Störungen unempfindlich, gelten als abhörsicher und lassen sich in großen Mengen herstellen. Bei der Übertragung gab es bisher jedoch das Problem, dass auf langen Übertragungsstrecken die Signale geringfügig abweichen und Sender wie Empfänger dies kompensieren müssen. Dieser Effekt verbreitere den übertragenen Impuls und begrenze so die maximal zulässige Datenrate. Den Paderborner Wissenschaftlern ist es nun erstmals gelungen, mit einer Technik, die sie „Polarisationsmultiplex“ nennen, diese Abweichungen direkt zu kompensieren. Auf einer Teststrecke von 212 km steigerten sie damit die Datenrate je Lichtsignal von 40 Gbit/s auf 80 Gbit/s.

Die Ausrüster von Glasfasernetzen kennen das Problem der Lichtwellenzerstreuung seit Jahren. In verschiedenen Versuchen wurden die Paderborner Spitzenwerte auch schon übertroffen. Allerdings mussten die Einstellung hierbei individuell per Hand vorgenommen werden und es funktionierte nur mit ausgewählten Glasfasern. „Bei uns klappt das erstmals automatisch und mit ganz normalen Glasfasern,“ betont Noé den Unterschied. „Was immer man an Datenmengen übertragen will, auch im Terrabit-Bereich, ließe sich jetzt verdoppeln.“ Wenn sich die Paderborner Technik durchsetzt, wird man Datenmengen aus dem Internet in Zukunft noch schneller herunterladen und preisgünstiger telefonieren können, so die Hoffnung der Forscher. Grund dafür ist, dass es billiger ist, vorhandene Glasfasern doppelt so gut auszunutzen als neue zu verlegen. Entwickelt hat der Paderborner dieses Verfahren in Zusammenarbeit mit der Sparte Information & Communication Network der Siemens AG. Gemeinsam wolle man nun an der Markteinführung arbeiten, so Noé im Gespräch. Siemens hat an den Bauteilen, die es mitfinanziert hat, die Rechte. „Alle wichtigen Patente habe ich,“ betont aber Noé.

Für die derzeit ohnehin unter der Konjunktur leidende Glasfaserindustrie sind die Paderborner Ergebnisse ein weitere Hiobsbotschaft. So sank der weltweite Umsatz dieser Produkten im zweiten Quartal 2001 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf vier Milliarden Dollar. Nach Angaben der Marktforschungsgruppe Dell´Oro wurden in 2000 weltweit rund 23 Milliarden Dollar mit optischer Datenübertragung verdient. Marktführer ist der amerikanische Hersteller Lucent mit einem Anteil von 21,1 Prozent weltweit. Es folgt auf den Plätzen Nortel und Alcatel mit 16 bzw. 15 Prozent Marktanteil. Lucent wird die Sparte Glasfaser- und Kabelproduktion für 2,75 Milliarden Dollar Mitte November an Furukawa Electronic und Corning verkaufen. Auch beim Konkurrenten Corning bekommt man die Rezession der Telekombranche zu spüren. Als Teil weit reichender Umstrukturierungsmaßnahmen will der US-Hersteller bis Jahresende 12.000 Mitarbeiter entlassen.
Nach Angaben von Liza Ford, Pressesprecherin des IT-Marktanalysten RHK, wird diese Flaute noch eine Weile andauern. Eine Regionalstudie über den nordamerikanischen Markt ergab, dass die Belastung der Telekoms auch die optische Datenübertragungsindustrie voll erfasst habe. So würden immer mehr Telefonkonzerne Kapazitäten bei anderen Anbietern leasen statt eigene Netze aufzubauen. Davon gäbe es reichlich, denn viele Telekoms würden auf unzureichend genutzten Netzen sitzen.
Quelle: UD
 
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