Abfall auswerten mit KI: Start-up WasteAnt auf Expansionskurs
Die Technologie des Start-ups WasteAnt erhöht die Effizienz von Entsorgungs- und Verwertungsanlagen, macht Abfallströme transparent und unterstützt bei der Verringerung von Schadstoffemissionen. Innerhalb des letzten Jahres hat WasteAnt, gegründet von Constructor University Alumni, den ersten Nutzungsvertrag unterschrieben, neue Partner gewonnen, eine Anschubfinanzierung gesichert und das Team auf 16 Mitarbeitende erweitert.
03.05.2023
Gut 15 Tonnen Abfall bringt jeder Lkw zur Müllverwertungsanlage der swb im Bremer Industriehafen, rund 850.000 Tonnen werden hier alljährlich thermisch verwertet. Das Problem: Die Betreiber:innen von Verbrennungs- und Sortieranlagen wie die swb kennen die Qualität und die Zusammensetzung des angelieferten Abfalls nicht. Störstoffe können zu Beschädigungen oder zum Stillstand der Anlagen führen. Ohne Wissen über die Zusammensetzung des Mülls ist es schwieriger und teurer die Entstehung umweltschädlicher Abgase wie Kohlendioxid oder Schwefeloxide bei der Verwertung zu verhindern.
Hier setzt die Lösung von WasteAnt an. Drei der vier Gründer – Dr. Szymon Krupinski, Dr. Christian Müller und Arturo Gomez Chavez – sind Wissenschaftler, die sich während des Studiums an der Constructor University in Bremen kennengelernt und nun auf dem Campus auch ihre Büroräume haben. Das Trio entwickelte ein System bestehend aus Sensorboxen, Kameras und einer auf KI basierenden Software, die die Abfallströme rund um die Uhr erfasst, überprüft und charakterisiert. „Diese Technologie ist in Bremen einzigartig und neuartig in der Abfallwirtschaft“, erzählt Gomez Chavez.
Das 2021 gegründete Start-up erprobte die Technologie in einem gemeinsamen Pilot-Projekt mit der swb in einem Teil der Verwertungsanlage im Industriehafen. Inzwischen wurde das Verfahren auf die gesamte Anlage ausgeweitet und ein Nutzungsvertrag unterschrieben. Im Frühjahr kommt das Heizkraftwerk Blumenthal als weiterer Kunde hinzu. Im Mittelpunkt stehen die bessere Bestimmbarkeit und Vorhersage des Heizwertes des Abfalls, um Schwankungen im Wirkungsgrad der Verbrennung zu reduzieren. So müssten weniger fossile Brennstoffe zugeführt werden – die Stromerzeugung aus Abfall steigt, die Emissionen sinken, weniger Müll wird deponiert.
Müllverbrennungsanlagen erzeugen mehrere Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, ab 2024 sollen die Anlagen in den Treibhaus-Emissionshandel aufgenommen werden. „Die Messung der Emissionen wird immer wichtiger“, sagt Krupinski. „Wir wollen unsere Technik dahingehend weiterentwickeln, dass die Brennwerte verbessert und eine präzise Vorhersage über den zu erwartenden CO2-Ausstoß entsteht.“ Auch auf andere Bereiche jenseits der thermischen Abfallbehandlung lässt sie sich übertragen, etwa auf Anlangen zum Recycling oder der Biomüllbehandlung. „Wir möchten weiter expandieren und wollen mit WasteAnt einen Beitrag zur Verbesserung der Kreislaufwirtschaft leisten“, so Krupinski.
Die Bremer Aufbau-Bank, Hightech Inkubator (HTI), Oldenburg, und auch private Investor:innen überzeugte das von WasteAnt entwickelte Verfahren: Sie fördern das Start-up mit einem knapp siebenstelligen Betrag. Das ermöglichte auch personelles Wachstum: mehr als ein Dutzend Mitarbeitende beschäftigt das junge Unternehmen inzwischen. Der Standort auf dem Campus der Constructor University erweist sich als ein großer Vorteil, viele der Beschäftigten sind Studierende der Masterstudiengänge Computer Science and Software Engineering und Data Engineering. Das Team ist so international wie die Universität selbst: Die Mitarbeitenden stammen aus Mexiko, Polen, Deutschland, Libanon, Türkei, Trinidad und Tobago, Südkorea, Kanada und Ghana. „Wir sind stolz auf das bisher erreichte. Die Diversität unseres Teams ist bei unserer Entwicklung ein wichtiger Faktor“, sagt Gomez Chavez.
WasteAnt ist schnell gewachsen, die Lernkurve war und ist auch für die vier Gründer steil – Maximilian Storp komplettiert das Team als Business CEO. „Niemand von uns ist als Geschäftsführer eines Start-ups auf die Welt gekommen, alles ist learning by doing“, sagt Krupinski und ergänzt: „Zu erleben, wie die Dinge zusammenkommen und sich weiterentwickeln - die Technik, deren Umsetzung im Alltag, das Team – das ist in höchstem Maße befriedigend.“