Kinderprojekt in Guatemala zieht positive Bilanz
Seit November 2013 besuchen über 500 Kinder sechs Kindertagesstätten, die Tchibo und die Kinderrechtsorganisation Save the Children in der Kaffeeanbau-Region Chiquimula in Guatemala gegründet haben. Während der Erntezeit werden dort die zwei bis 13 jährigen Kinder der saisonalen Kaffeepflücker mit frischen Mahlzeiten versorgt und pädagogisch von Erziehern betreut. Darüber hinaus erhalten die Kinder Impfungen und lernen, wie wichtig Hygiene für die eigene Gesundheit ist. Zunächst auf zwei Jahre angelegt, soll sich das Kinderbildungsprojekt langfristig selbst tragen.
07.04.2014
Die elfjährige Maria del Carmen und ihre 13 Jahre alte Schwester Anna-Maribel gehören zu den Kindern, deren Leben sich in den letzten Monaten durch die Errichtung der sechs Kitas verändert haben. In lokale Schulen integriert, werden die Mädchen dort den ganzen Tag über von Erziehern altersgerecht betreut. Als Kinder der Wanderarbeiter mussten sie früher ihre Eltern auf die Kaffeefelder begleiten. Eine gängige Praxis in Guatemala, weil Angebote der Kinderbetreuung für arbeitende Eltern rar sind: „Während kleinere Kinder auf den Farmen häufig unbeaufsichtigt spielen, pflücken ältere Kinder – ob aus Langeweile oder um das Einkommen der Familie zu verbessern – manchmal mit“, erklärt Tchibo. So werde leider nicht selten die Grenze zur verbotenen Kinderarbeit überschritten. Durch die Kitas haben die Eltern nun eine Alternative: „Wir müssen uns jetzt keine Sorgen mehr um die Kinder machen, wenn wir Kaffee pflücken“, zeigt sich beispielsweise die Landarbeiterin Maria-Elena Vasquez erfreut über die neuen Einrichtungen.
Vor der Eröffnung der Kitas hatten Tchibo und Save the Children für Eltern und Kinder Informationsveranstaltungen durchgeführt, die das Projekt erklärten. „Dass dieses Angebot so gut angenommen wird, freut mich doch sehr“, sagte Achim Lohrie, Direktor Unternehmensverantwortung bei Tchibo, anlässlich der Einweihung der ersten Kita in Guatemala. Nachdem bereits zu Beginn der Pflücksaison, die von November bis Februar andauert, knapp 600 Kinder für die Kitas angemeldet waren, wurden damit die Erwartungen von Tchibo und Save the Children übertroffen. Ursprünglich war geplant, in den nächsten zwei Jahren insgesamt 1000 Kinder von Kaffeepflückern mit dem Betreuungsangebot in der Erntezeit zu erreichen: „Die Begeisterung der Kinder in den Kitas war einfach toll. Voller Neugier haben sich die Mädchen und Jungen sofort auf die Unterrichtsmaterialien gestürzt und angefangen diese auszumalen“, ergänzte Kathrin Wieland, Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland.
Unterschiedliche Altersgruppen
In den Kitas gibt es drei aufeinander aufbauende Lernstufen, in denen die Kinder pädagogisch und schulisch betreut werden. Die erste Stufe fördert die Zwei- bis Sechsjährigen durch kindliche Früherziehung. Hier lernen sie spielerisch, ihre motorischen und sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. Auf diese Weise bereiten die Erzieher die Kinder auf die Grundschule vor. Die zweite und dritte Stufe richtet sich an die Gruppen der Sieben bis Neun und der Zehn bis 13jährigen. Dort haben sie die Möglichkeit, schulische Inhalte zu vertiefen. Dabei gehen die Lehrer auf den jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder ein und passen die Lernmethoden an die individuellen Bedürfnisse an. Da sich das Ende der Pflücksaison und der Beginn des Schuljahres in Chiquimula überschneiden, wird den Kindern so ein reibungsloser Schulstart ermöglicht. „Mir gefällt es, hierher zu kommen und zu lernen, weil ich später selber gerne Lehrerin werden möchte“, sagt Maria del Carmen.
Bildungsangebote für lokale Schulen
Damit spricht das kleine Mädchen indirekt einen Kerngedanken des Sozialprojektes an: Nur durch Bildung können sich neue Perspektiven für die Kinder und Jugendlichen abseits von Kinderarbeit und Armut ermöglichen: „Trotz Schulpflicht können in Guatemala 28 Prozent der Mädchen und Jungen weder lesen und schreiben. In den ländlichen Regionen beenden gerade mal 20 Prozent der Kinder die Grundschule“, erklärt Tchibo. Um die Lebensbedingungen der Kinder vor Ort nachhaltig zu verbessern, bezieht das Projekt nicht nur die Kinder der Erntehelfer ein, sondern bietet das ganze Jahr über verschiedene Bildungsangebote an 18 lokalen Schulen der Region an. Dazu gehören beispielsweise Lerngruppen, in denen Mathematik oder Lesen gefördert werden. Um das Lernniveau in den Schulen zu steigern, hatte Save The Children für die Kurse extra neue Lehrmaterialien entwickelt. Die Umsetzung des Stoffes wurde den Projektmitarbeitern in Workshops näher gebracht. Das erlernte Methodenwissen gab das Team dann an die Lehrkräfte in den Schulen weiter: „Lehrer bekommen dadurch Materialien und Fähigkeiten an die Hand, um so wiederum etwa mathematische Schulinhalte besser an die Kinder vermitteln zu können“, sagt Projekt-Mitarbeiter Luis Fernando. Bis jetzt haben schon über 450 Kinder aus Chiquimula an den Lerngruppen teilgenommen.
Regelmäßige Mahlzeiten gegen Mangelernährung
Das Bildungsprojekt hat aber nicht nur einen pädagogischen Ansatz: „Damit die Kinder gut lernen und sich entwickeln können, ist eine vollwertige Mahlzeit, die sie zu Hause aus finanziellen Gründen häufig nicht bekommen, sehr wichtig“, erklärt Sarah Rieper, Projektkoordinatorin bei Save the Children. „Deswegen haben unser guatemaltekischen Kollegen auch einen Ernährungswissenschaftler eingestellt, der sich um die Entwicklung von Menüs kümmert, die speziell auf die Altersgruppen und Regionen abgestimmt sind“. Insgesamt bekommen die Kinder täglich drei verschiedene Gerichte. Medizinisches Fachpersonal kümmert sich darüber hinaus um die Gesundheit der Kinder. So werden diese geimpft und können an sogenannten Gesundheitstrainings teilnehmen, in denen ihnen hygienische Regeln wie z. B. regenmäßiges Händewaschen beigebracht werden.
Einbeziehung der Eltern und der Lokalregierung
Der Erfolg des Projektes hängt auch wesentlich von der Zusammenarbeit der Eltern ab: „Es ist immens wichtig, ihnen zu vermitteln, dass Schulbildung für ihre Kinder ganz entscheidend ist“, sagt Wieland. Nur wenn die Kinder zu Hause unterstützt würden, können sie das Gelernte umsetzen. Außerdem erhalten die Eltern Schulungen zu projektrelevanten Themen wie etwa Kinderrechten: „Es sind auch Schulungen denkbar, in denen sie alternative Möglichkeiten zur Einkommensgenerierung wie beispielsweise Imkerei oder Ziegenzucht kennenlernen sollen.“ Dies verringere die Abhängigkeit vom Kaffeegeschäft, führt Wieland weiter aus. Die Begeisterung der Eltern über die Kinderbetreuung zeigt sich auch daran, dass sie die Initiative durch freiwillige Hilfsdienste wie etwa Kochen unterstützen. Auch wenn das Projekt zunächst auf zwei Jahre angelegt ist, sollen sich die geschaffenen Angebote selbst tragen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die lokale Regierung in das Projekt mit einbezogen wird. So hat beispielsweise der Gemeinde-Vorsitzende eine Vereinbarung unterzeichnet, das Projekt und seine Weiterentwicklung zu fördern.
Die Kunden von Tchibo haben ebenfalls Ihren Teil zum Erfolg der Initiative beigetragen. Durch den Kauf einer Packung Privat Kaffee spendeten sie jeweils 10 Cent. Bis Anfang des Jahres sind so über eine Million Euro zur Finanzierung des Projektes zusammengekommen. Und das Spendenprojekt geht ab dem 21. April in die nächste Runde – so wird weiter für das Guatemala durch den Verkauf von Privat Kaffee gesammelt.