Bayer fördert Aufklärung über Kinderdemenz
700 Kinder leiden deutschlandweit an Kinderdemenz oder Neuronaler Ceroid Lipofuszinose (NCL), wie der Fachbegriff lautet. Die seltene Krankheit ist in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Deshalb hat die NCL-Stiftung im Jahr 2009 mit "NCL macht Schule" ein Projekt ins Leben gerufen, das über Kinderdemenz an Schulen aufklärt. Dabei wird sie von der "Bayer Science & Education Foundation" unterstützt. Gemeinsam will man die Ärzte von morgen zur Auseinandersetzung mit der Krankheit einladen und zugleich den Forscherdrang bei den Nachwuchswissenschaftlern wecken.
23.09.2015
Bis zum Einschulungsalter führen Kinder, die von der juvenilen Form der NCL betroffen sind, ein ganz normales Leben. Die Krankheit macht sich erstmals mit einer Verschlechterung des Sehvermögens bemerkbar – der Beginn eines langen Leidenswegs. Eine Brille ist nutzlos, da die Degeneration schnell voranschreitet. Innerhalb weniger Jahre erblinden die jungen Patienten, und nach und nach vergessen sie bereits Gelerntes wie Rechnen oder Fahrradfahren. Sie erleiden epileptische Anfälle und verlieren die Kontrolle über ihre Körperfunktionen. Das Sprechen, Gehen, Essen und sogar das Atmen fällt ihnen immer schwerer.
Das Ziel: Kinderdemenz heilen
Juvenile NCL als häufigste Form der Kinderdemenz wird durch einen Fehler im Erbmaterial verursacht, der rezessiv vererbt wird. Allen Formen von NCL ist gemeinsam, dass sie bis heute unheilbar sind und in der Regel zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr zum Tod führen.
Auch Tim ist davon betroffen: Er ist sechs Jahre alt, als bei ihm Kinderdemenz diagnostiziert wird. Sein Vater, Dr. Frank Husemann, ruft daraufhin im Jahr 2002 die NCL-Stiftung ins Leben. Das Ziel: die tödliche Kinderkrankheit therapierbar zu machen.
Laut ACHSE e.V., der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, leben in Deutschland vier Millionen Menschen mit einer sogenannten Seltenen Krankheit wie NCL, ein Großteil davon sind Kinder und Jugendliche. Demnach gilt eine Krankheit als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen das spezifische Krankheitsbild aufweisen. Für alle Seltenen Krankheiten gilt, dass es oft ein langer Weg für die Betroffenen bis zur richtigen Diagnose ist, und dass es an Ursachenforschung, Therapieentwicklung und Spezialisten fehlt.
NCL macht Schule
Im Rahmen der Bildungsinitiative "NCL macht Schule" klärt die in Hamburg ansässige Stiftung seit 2009 an Schulen über Kinderdemenz auf. Damit soll erreicht werden, dass sich Schüler der gymnasialen Oberstufe mit den gesellschaftlichen, medizinischen und ethischen Dimensionen der seltenen Krankheit auseinandersetzen. Zu Beginn der Projektphase führt ein Mitarbeiter der NCL-Stiftung die Schüler in die Problematik ein. „Ich fand die Doppelstunde sehr interessant. Meine Fragen wurden verständlich beantwortet und ich habe einiges dazu gelernt“, sagte zum Beispiel Anton, der zum Zeitpunkt des Projektstarts das Gymnasium Süderelbe in Hamburg besuchte. Auch Biologielehrer Norbert Peetz freute sich über den Einsatz der Stiftung: „Die Präsentation enthielt wichtige wissenschaftliche Informationen für die Schüler und gleichzeitig machte sie das schwierige Schicksal der Betroffenen deutlich.“
In vier weiteren Modulen diskutieren die Abiturienten über bioethische Fragestellungen und lernen, wie eine prädiagnostische Beratung durchgeführt und ein Stammbaum erstellt wird. Zudem üben sie unter Anleitung von Molekularbiologen in praxisnaher Laborarbeit das Pipettieren und führen DNA-Analysen durch. Dafür kooperiert die NCL-Stiftung mit dem Naturwissenschaftlich-technischen Zentrum in Hamburg sowie mit dem humangenetischen Diagnostiklabor "Labor Lademannbogen". Am Ende der Projektphase werden die Schüler selbst für den guten Zweck aktiv: Sie organisieren Informations- oder Benefizveranstaltungen und unterstützen so die Aufklärungsarbeit der NCL-Stiftung.
"Hilfe, die wirkt"
Für ihr Engagement erhielt die NCL-Stiftung im Mai 2015 den zweiten Platz des "Aspirin Sozialpreises 2015", der von der Bayer Cares Foundation ausgelobt wird und der der Förderung nachhaltiger Hilfs- und Beratungsangebote im Gesundheitswesen dient. In diesem Jahr wurde der Preis unter dem Motto "Hilfe, die wirkt" bereits zum sechsten Mal vergeben. "Alle Preisträger setzen auf innovative Ansätze und moderne Medien bei Therapie bzw. Wissensvermittlung und Selbsthilfe. Dadurch schaffen sie wertvolle Ergänzungsangebote in der Gesundheitsversorgung", sagte Michael König, im Vorstand der Bayer AG verantwortlich für Personal, Technologie und Nachhaltigkeit sowie Mitglied im Kuratorium der Bayer Cares Foundation. Mit der Zweitplatzierung ist ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro verbunden, das laut NCL-Stiftung für die Ausweitung des Hamburger Projekts "NCL macht Schule" auf Bundesebene vorgesehen ist.