Mehr Cybermobbing in Corona-Zeiten
In der Corona-Pandemie verlagern sich nicht nur der Unterricht und die Arbeit in das Internet. Auch das Privatleben findet noch mehr im Digitalen statt. Positiv daran ist: Wir bleiben in Verbindung. Gleichzeitig wächst aber auch der Umfang des Cybermobbings, das zeigt eine aktuelle Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing und der Techniker Krankenkasse.
23.02.2021
Demnach hat zwischen Februar und November 2020 Cybermobbing im Vergleich zu 2017 um mehr als 36 Prozent zugenommen.
Am Safer Internet Day Anfang Februar hat Telefónica Deutschland / O2 dazu aufgerufen, sich gegen Cybermobbing stark zu machen. Der Safer Internet Day 2021 – kurz: SID – ist eine jährliche Initiative der Europäischen Kommission unter dem Motto „Together for a better Internet“. Das Unternehmen kooperiert im Rahmen ihrer Anti-Cybermobbing Initiative WakeUp! mit Lukas Pohland und der Cybermobbing-Hilfe e.V. Diese geht im Frühjahr mit einer eigenen Online-Beratungsplattform an den Start. Ein Projekt, das Telefónica Deutschland / O2 finanziell unterstützt. Grund genug, um mit Lukas, als Gründer und Vorsitzenden der Cybermobbing-Hilfe e.V., über sein Engagement gegen Cybermobbing zu sprechen. Er war selbst früh von Cybermobbing betroffen.
Das Problem des Cybermobbings verschärft sich in der Corona-Krise. Was sind Deine Erfahrungen?
Lukas Pohland: In der Betroffenenberatung beobachten wir in der Tat einen stärkeren Zulauf an Anfragen. Die Zahlen decken sich mit nationalen und internationalen Studien, die von mehr Cybermobbing-Fällen ausgehen. Meine Einschätzung ist, dass dieses Thema in der allgemeinen Krisenbewältigung untergeht und in den Ministerien und Schulen noch weniger Gehör findet als es schon ohne Krise der Fall war. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf meine Arbeit. Vorträge in Präsenzform sind praktisch gar nicht mehr möglich. Leider lassen sich diese auch nicht immer im Digitalen realisieren. Das macht ein Stück weit hilflos.
Hilft Dir der heutige SID bei Deiner Arbeit?
Lukas Pohland: Leider wird Cybermobbing auch heute noch häufig verschwiegen und in die Schublade gelegt. Der SID hilft dabei, die Aufmerksamkeit alljährlich auch auf dieses wichtige Thema zu lenken. Die Aktionen und Initiativen an dem Aktionstag haben also eine präventive Wirkung, von der natürlich auch unsere Arbeit von der Cybermobbing-Hilfe profitiert.
Das Ziel des SID ist eine gemeinsame Bewusstseinsbildung rund um den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu erreichen. Dabei spielt das Thema Falschmeldungen eine Rolle. Warum münden Fakenews mitunter in Mobbing?
Lukas Pohland: Falschmeldungen zu verbreiten bedeutet ja meist, im analogen wie im digitalen Leben Lügen und Gerüchte zu streuen. Nicht selten entsteht daraus Cybermobbing, also die Beleidigung, Belästigung oder gar Bedrohung einer Person. Im Digitalen haben es die Täter dabei noch einfacher als im Reallife. Schließlich stellt das Netz ein smartes Werkzeug zur Verfügung. Insgesamt lässt sich beobachten, dass die Hemmschwelle bei Tätern im Internet sehr niedrig ist.
Du bereitest mit Unterstützung von Telefónica Deutschland / O2 die Einführung einer Online-Beratungsplattform vor. Welches Ziel verfolgst Du damit?
Lukas Pohland: Wir möchten unser Beratungsangebot noch smarter machen. Das ist im heutigen Zeitalter unumgänglich. Wir merken ganz klar, dass sich Betroffene ein digitales und vor allem noch anonymeres Angebot wünschen. Unsere Zielgruppe ist schlichtweg keine Telefonier-Generation mehr. Die Betroffenen finden so noch deutlich schneller Hilfe, da sie ihre Gedanken rund um die Uhr niederschreiben können und sehr zeitnah mit einem unserer Berater in Kontakt kommen.
Benötigen die Berater nicht das persönliche Gespräch, um auf Betroffene richtig eingehen zu können?
Lukas Pohland: Tatsächlich hat die schriftliche Kommunikation auch für unsere Berater große Vorteile. Sie müssen nicht unmittelbar reagieren, sondern können sich mit Kollegen besprechen und die schriftlichen Antworten genau überdenken. Von der hohen Qualität der Antworten profitieren schließlich auch die Betroffenen. Sehr froh sind wir in dem Zusammenhang über die Unterstützung der FSM. Sie unterstützt uns bei der Konzeption der Plattform und bildet unserer, meist jugendlichen ehrenamtlichen Helfer, mit ihrer medienpädagogischen Expertise weiter.
Wo steht Ihr mit dem Aufbau der Plattform? Ab wann kann sie von Hilfesuchenden genutzt werden?
Lukas Pohland: Der Aufbau der Beratungsplattform ist in der Entwicklung schon sehr weit. Wir gehen stark davon aus, dass Hilfesuchende spätestens im April online bei uns ein offenes Ohr finden können.
Zur Studie „Cyberlife III“ gelangen Sie hier.
Das Interview führte Tanja Laube, Pressesprecherin für alle Nachhaltigkeitsthemen, bei Telefónica Deutschland.
Über Lukas Pohland und Cybermobbing-Hilfe e.V.
Lukas Pohland ist ein 16-jähriger Schüler, der sich vielseitig im Bereich Cybermobbing-Hilfe engagiert und in den Medien als Experte für dieses Thema gilt. Der Anlass für sein Engagement waren seine persönlichen Erfahrungen: Im Alter von zwölf Jahren war Lukas selbst von Cybermobbing betroffen, nachdem er einer im Internet gemobbten Mitschülerin geholfen hatte. Auf die Initiative von Lukas hin wurde im November 2018 der gemeinnützige Verein Cybermobbing-Hilfe e.V. gegründet. Seitdem betreibt der Verein mit Lukas als Vorsitzenden aktiv Präventionsarbeit gegen Cybermobbing und hilft betroffenen Kindern und Jugendlichen durch ein Beratungsangebot. Darüber hinaus unterstützt der Cybermobbing-Hilfe e.V. Schulen, öffentliche Institutionen und Unternehmen in ihrem Einsatz gegen Cybermobbing.
Über WakeUp!
Die Initiative WakeUp! bietet Kindern, Jugendlichen, Eltern und Lehrkräften Informationen und Hilfsangebote zum Thema Cybermobbing an. Dazu hat O2 gemeinsam mit der FSM, Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter, und der Agentur für Bildungskommunikation YAEZ, die Homepage wakeup.jetzt konzipiert. Hier stellen die Partner ausführliche Informationen zum Cybermobbing bereit und geben handfeste Tipps zum Umgang mit Demütigung und Erniedrigung im Internet. Das Informationsangebot reicht von Webserien mit bekannten Soap-Darstellern bis zu sogenannten Edu-Stories, unterhaltsam aufbereitete Kurzlerneinheiten. Die Webserie wird durch ein pädagogisches Konzept für Schulen begleitet. Die pädagogischen Inhalte in Form von Edustories, sind ein zusätzliches Mittel, um das Wissen aus der Webserie weiter zu vertiefen.