Misereor fordert strengere Regeln für Handel mit Rohstoffen
Vertreter von Parlament, Kommission und den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beginnen jetzt in Straßburg ihre "Trilog" genannten Verhandlungen rund um das Thema Konfliktrohstoffe. Ziel ist es, zu einer europäischen Verordnung zu kommen, die den Handel mit diesen Stoffen an schärfere Bedingungen knüpft.
02.02.2016
Zu Konfliktrohstoffen gehört neben Gold, Wolfram und Zinn auch Koltan (Tantal), dessen Abbau und Handel etwa in der Demokratischen Republik Kongo immer wieder Ursache für gravierende Menschenrechtsverletzungen, gewaltsame Konflikte und Umweltschäden ist. Tantal findet vor allem in Elektrogeräten wie Laptops und Handys Verwendung, für die die Europäische Union der weltweit zweitgrößte Handelsplatz nach den USA ist. "Auf diese Weise sind Bürgerinnen und Bürger in der EU mitverantwortlich. Sie dürfen nicht die Augen verschließen vor Konflikten in den Herkunftsländern dieser Rohstoffe", erklärte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel in Aachen.
Herkunft transparent machen
Der Senat der USA hat 2010 mit der Verabschiedung des "Dodd-Frank Act 1502" auf die untragbare Situation im Kongo reagiert und börsennotierte Unternehmen, die im eigenen Land aktiv sind (auch solche aus der EU) verpflichtet, die Herkunft bestimmter Rohstoffe transparent zu machen. China beschloss im vergangenen Jahr, die Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Vereinten Nationen (OECD) zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der gesamten Lieferketten umzusetzen.
Die Europäische Union hat ihrerseits zwar 2011 unterstrichen, dass sie sich den OECD-Leitlinien verpflichtet weiß. Die EU-Kommission entwarf dennoch im März 2014 für Konfliktrohstoffe eine auf Freiwilligkeit fußende Verordnung, die nach Ansicht von Misereor weit hinter diesen Standards zurückbleibt. Das Europäische Parlament wies diesen Kommissionsentwurf als nicht weitreichend genug zurück. Deshalb wird und muss nun innerhalb der EU-Gremien im Trilog-Prozess weiterverhandelt werden.
Das Werk der Entwicklungszusammenarbeit Misereor veranschaulicht in einem soeben veröffentlichten Kurzfilm die schwierigen und gefährlichen Abbaubedingungen von Tantal im Kongo. Der Film ist im Rahmen eines Themendossiers auf der Webseite misereor.de zu sehen. Gerade die Kleinschürfer, die hoffen, mit dem Verdienst aus dem Tantal-Abbau sich und ihre Familien versorgen zu können, leiden unter der aktuellen Situation. Sie werden an den Gewinnen aus dem Handel mit dem Rohstoff nur in sehr geringem Maße beteiligt.
Unbeabsichtigte Nebenwirkungen
"Misereor fordert im Verbund mit anderen europäischen Hilfsorganisationen die Europäische Union auf, sicherzustellen, dass an den in die EU importierten und mit Konfliktrohstoffen hergestellten Produkten weder Blut und Leid der Armen im Kongo kleben, noch die Kleinschürfer einseitig den Preis für gesetzliche Regulierungen tragen," sagte Spiegel. "Eine verpflichtende Umsetzung der Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette ist notwendig, auch damit Konsumentinnen und Konsumenten nicht unbeabsichtigt illegal bewaffnete Gruppen finanzieren."
Konkret verlangt Misereor von den EU-Staaten:
- sich vollständig an den Sorgfaltspflichten der OECD-Leitlinien zu orientieren
- alle Firmen, die die genannten Rohstoffe, in welcher Form auch immer, erstmals auf den europäischen Markt bringen, in eine verpflichtende Verordnung einzuschließen
- im Text der Verordnung die schrittweise Umsetzung von Sorgfaltspflichten durch Unternehmen zu berücksichtigen
- den schwächsten Gliedern in der Förderkette, den Kleinschürfern, unterstützend zur Seite zu stehen