Geht Luxus auch nachhaltig?
Bei Luxus denken viele spontan an schnelle Autos und teuren Schmuck. Nachhaltigkeit verbinden die wenigsten mit diesen Produkten. Doch das ändert sich. Woran das liegt und wie die Luxusgüterbranche damit umgeht, interessiert auch zunehmend die Forschung. UmweltDialog stellt eine spannende Studie dazu vor.
13.07.2021
Was bedeutet Luxus für Sie? Der Besitz eines Sportwagens von Porsche oder einer Rolex-Uhr? Für den einen oder anderen ist es vielleicht der morgendliche Kaffee aus dem hochpreisigen Miele-Kaffeevollautomaten aus frisch gerösteten, fair gehandelten Bohnen; oder auch der Restaurantbesuch am Abend, der in Zeiten von Corona zur Seltenheit geworden ist.
Unser Verständnis von Luxus ist sehr subjektiv und hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Die meisten verbinden mit „klassischen“ Luxusprodukten wie Autos und Handtaschen aber bestimmte Merkmale, zum Beispiel einen hohen Preis, eine hohe Produktqualität und dass sie eigentlich nicht notwendig sind. Zudem haben sie einen Zusatznutzen, der etwa darin bestehen kann, Prestige und soziale Anerkennung zu erlangen. Parallel dazu haben sich in den letzten Jahren neue, diskretere Formen des Luxus herausgebildet. Gerade junge Konsumentinnen und Konsumenten verbinden mit Luxus immer häufiger immaterielle Werte wie Freiheit, Freizeit und Gesundheit (UmweltDialog berichtete).
Ein entscheidender Treiber dafür ist das zunehmende gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeitsbewusstsein. Wie sich Nachhaltigkeit in der Luxusgüterbranche immer mehr durchsetzt, beschreibt auch Kommunikationswissenschaftlerin Gesa Prüne in ihrer Sozialstudie „Luxus und Nachhaltigkeit“, die 2013 im Springer-Verlag erschienen ist. Darin heißt es: „Die Entwicklung geht dahin, dass die zunehmend postmateriellen Bedürfnisse der Nachfrager nach Selbstentfaltung und Individualität eine Abkehr vom ostentativen Statuskonsum bewirken und im Zuge dessen auch das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und die soziale und ökologische Umwelt verstärkt die Kaufentscheidung von Luxusgütern determiniert.“ Besonders interessant aus ihrer Sicht: das „LOHAS“-Phänomen. LOHAS steht für Lifestyle of Health and Sustainability, also einen Lebensstil, der geprägt ist durch ein Gesundheits- und Nachhaltigkeitsbewusstsein auf der einen Seite und ein ausgeprägtes Genussstreben, hohe Markenaffinität und überdurchschnittliche Kaufbereitschaft auf der anderen Seite. Somit stellen sie eine potenziell attraktive Zielgruppe für den Luxusgütermarkt dar.
Was die veränderten Einstellungen und Anforderungen für diesen bedeuten, weiß auch Professor Fernando Fastoso. Er hat seit dem Wintersemester 2020 die landesweit erste Stiftungsprofessur für High Class and Luxury Brands an der Hochschule Pforzheim inne. „Jüngere Konsumenten verlangen eine nachhaltige Positionierung. Der Schmuckhersteller und -händler Pandora hat kürzlich angekündigt, ab dem Jahr 2022 ausschließlich synthetisch hergestellte Diamanten zu verarbeiten. 70 Prozent der Millennials geben an, lieber künstliche Edelsteine zu kaufen. Sie verbinden den Abbau von Rohdiamanten mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltbelastungen.“
Überhaupt fallen Anbieter von Luxusuhren und -schmuck durch ihr vergleichsweise vielfältiges Engagement im kulturellen und gesellschaftlichen Bereich auf, analysiert Gesa Prüne. Während Nachhaltigkeit in den Segmenten Mode/Accessoires sowie Kosmetik und Parfüms bisher kaum eine Rolle spielten, sei im Automobilsektor eine starke Zunahme des sozialökologischen Engagements – etwa durch Investitionen in die Forschung und Entwicklung alternativer Antriebe oder durch die Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten – zu beobachten.
Luxus und Nachhaltigkeit – ein Gegensatz?
Was vielen Anbietern von Luxusgütern dabei im Wege steht, auf Produkt- und Organisationsebene nachhaltiger zu werden: Viele betrachteten Luxus und Nachhaltigkeit immer noch als unvereinbar. „Dass diese Einstellung sich jedoch zunehmend als überholt erweist, zeigen die parallel stattfindenden Entwicklungen im Markt für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen“, so Prüne. Doch auch in den Köpfen der Konsumentinnen und Konsumenten halte sich beharrlich das Klischee, „Umweltverträglichkeit und die typischen Eigenschaften von Luxusmarken stünden sich diametral entgegen.“
Darin sieht Gesa Prüne auch eine der größten Herausforderungen bei der erfolgreichen Positionierung und Vermarktung von nachhaltigem Luxus. Umso wichtiger sei es, das Nachhaltigkeitsengagement glaubhaft und transparent zu kommunizieren. Ihrer Überzeugung nach kann Nachhaltigkeit dann durchaus als „neue Facette im Luxusgütersegment“ etabliert werden. Um einen aus Anbietersicht „langfristigen Wettbewerbsvorteil am Markt erwirken zu können“, reiche es allerdings nicht aus, lediglich auf marketingpolitische Konzepte zurückzugreifen. Über die Produktebene hinaus müsse auch die Darstellung des Unternehmens als Organisation, seine Reputation, bei solchen marketingstrategischen Überlegungen berücksichtigt werden, denn auch das entscheide darüber, wie Konsumenten die angebotene Leistung bewerten. In ihrem neu entwickelten Konzept des „Sustainable Luxury“ führt sie deshalb verschiedene, bisher meist getrennt voneinander betrachtete Ansätze aus Marken-, Kommunikations- und Reputationsmanagement zu einem integrierten Modell der Nachhaltigkeitskommunikation zusammen – und eröffnet Unternehmen und allen an der Thematik interessierten so einen spannenden neuen Ansatz, wie sich Nachhaltigkeit weiter durchsetzen kann.
Über die Autorin
Gesa Prüne studierte an der Universität Hohenheim Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften. Ihre Dissertation entstand im Zeitraum von August 2009 bis Oktober 2012. Heute ist sie in einer strategischen Unternehmensberatung in München tätig.
Gesa Prüne
Luxus und Nachhaltigkeit
Entwicklung strategischer Handlungsempfehlungen für das Luxusgütermarketing
Springer VS: Wiesbaden 2013. 430 Seiten.
ISBN: 978-3-658-01632-6
E-Book: 35,96 € (D), Softcover: 64,99 € (D)