„Same Day Delivery“: memo AG schafft’s klimaneutral
Ökopionier: Auf wenige Unternehmen trifft diese Bezeichnung besser als auf den fränkischen Versandhändler memo. „Nachhaltigkeit ist unser Kerngeschäft“, sagt das Vorstandsteam. Und dass man dafür bewusst höhere Kosten auf sich nehme, ohne die auf die Kundschaft abzuwälzen. Wie das geht, zeigt der Mittelständler in seinem neuen Nachhaltigkeitsbericht.
18.10.2019
Der liegt seit Ende September vor, ist der inzwischen neunte der Franken und widmet sich wie seine Vorläufer einem Schwerpunkt ausführlicher, dieses Jahr Verpackungsmüll, also einem Thema, das zuletzt in der öffentlichen Diskussion mächtig Auftrieb erfahren hat und memo quasi seit Geschäftsgründung umtreibt. 2009 hat der Öko-Versandhändler darauf mit seiner „memo Box“ reagiert, ein Mehrfach-Versandsystem, das seit 2014 sogar der „Blaue Engel“ ziert.
„Grüne“ Erfolgsgeschichte: die memo-Box
Und das aus guten Gründen: Die „memo Box“ vermeidet nicht nur Müll. Sie besteht selbst aus Recycling-Kunststoff, der in der Herstellung bis zu einem knappen Drittel weniger Klimagase verursacht als herkömmlicher Kunststoff, ohne Abstriche bei Langlebigkeit, Stabilität oder Transportsicherheit, wie die Franken versichern. Knapp ein Viertel ihrer Waren versenden sie heute mit den Boxen. Pro Jahr spart das rund 25 Tonnen Kartonage ein und kilometerweise Paketklebeband.
Die memo-Kunden kostet der Versand in der Öko-Box keinen Cent mehr. „Mit diesem System“, so das memo-Vorstandsteam im Vorwort des Berichts, habe man als Mittelständler bewiesen, dass „innovative, ökologische Lösungen im Versandhandel realisierbar sind“. Und dass man dafür bewusst höhere Kosten und Mehraufwand in Kauf nehme, etwa für die Integration in Geschäftsprozesse, allerdings „ohne die Kosten an unsere Kunden weiterzugeben oder öffentliche Forschungsgelder in Anspruch zu nehmen“.
Radlogistik ausgebaut
Das Unternehmen ist mit dieser Linie bislang gut gefahren. Seit ihrer Gründung schreibt es kontinuierlich schwarze Zahlen, das Betriebsergebnis 2018 lag bei 375.000 Euro. Über 20.000 verschiedene Produkte lagern inzwischen im Sortiment. Und immer öfter kommen sie per Radlogistik zur Kundschaft: innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings schon seit Herbst 2016, seit Sommer 2018 auch in Frankfurt am Main und Stuttgart. Die Zustellungen mit den E-Lastenrädern legten laut memo zwischen 2017 und 2018 um ein sattes Viertel zu.
Jüngster Zuwachs in der Gruppe der per Rad belieferten Städte: Würzburg, die Heimatstadt der memo AG. Seit Frühjahr 2019 arbeitet das Unternehmen dort unter anderem mit dem Berufsbildungswerk Caritas Don Bosco zusammen, einer gemeinnützigen Einrichtung, die den Versandhändler bei der Konfektionierung unterstützt. In ihrer Heimatstadt bieten die Franken sogar „Same Day Delivery“. Geht die Bestellung von einem bei memo lagernden Produkt eines Kunden aus Würzburg bis 11.00 Uhr ein, wird diese noch am selben Tag von den Radboten ausgeliefert.
„Same Day Delivery“ in Würzburg komplett emissionsfrei
Das klappt laut memo sogar komplett emissionsfrei, da die Pakete aus dem rund 15 Kilometer entfernten Lager in Greußenheim mit einem Elektrofahrzeug nach Würzburg zu den Logistik-Partnern transportiert werden. Angeschafft wurde der Stromer schon 2011. Er wird ausschließlich mit Strom aus regenerativen Energien „betankt“ und hat mittlerweile rund 43.000 Kilometer Strecke auf dem Tacho. Jüngster Öko-Zuwachs im Fuhrpark: ein LKW, der mit Erdgas läuft.
Lager- und Bürogebäude sind lange schon auf Nachhaltigkeit getrimmt. Zum Heizen setzt der Versandhändler seit 2006 auf eine Holz-Hackschnitzel-Heizung, die bisher den Ausstoß von über 700 Tonnen CO2 vermieden hat. Strom kommt schon seit 2001 ausschließlich aus erneuerbaren Quellen, gleichzeitig wurden etliche Verbraucher auf Effizienz getrimmt, äußerst erfolgreich: 2018 zeichnete der Stromverbrauch für weniger als zwei Tonnen Klimagase verantwortlich.
Klimaziel 2020 schon erreicht
Unterm Strich hat memo 2018 knapp 447 Tonnen Treibhausgase emittiert, das ist ein Plus von 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dem gegenüber steht indes ein Minus von 32 Prozent, um die das Unternehmen seine Klimabilanz seit 2008 entlasten konnte. Das Klimaziel für 2020 – minus 525 Tonnen – hat memo nach eigenen Angaben damit schon erreicht. Besonders vorbildlich: Der Rückgang der Emissionen bei der Herstellung von Werbemedien. Hier steht seit 2008 ein Minus von satten 77 Prozent – laut memo ein Ergebnis systematischer Planung von Anzahl und Umfang der hergestellten Werbemedien.
Ihre Printmedien wollen die Franken in den nächsten Jahren weiter „ergrünen“, zum Beispiel mit neuen Druckfarben, die den Spagat zwischen Ökologie und Qualität noch besser schaffen. Auf der Agenda steht außerdem die Erweiterung des Sortiments mit neuen Produkten, unter anderem mit Stoffen und Textilien aus Bio-Baumwolle. „Konventionelle“ Bio-Baumwolle soll dafür allerdings nicht herhalten. Um es noch nachhaltiger zu machen, will memo Bio-Baumwollabfälle nutzen, recycelte. Der Ruf als Ökopionier will schließlich jeden Tag neu verdient werden.
Über den Bericht
Die memo AG hat Ende September ihren Nachhaltigkeitsbericht 2019/20 veröffentlicht. Er dokumentiert auf 76 Seiten wesentliche Geschäftsprozesse, Maßnahmen und Ziele, mit denen der Versandhändler mehr Nachhaltigkeit für sich und seine Kundschaft erreichen will. Der Bericht – der inzwischen neunte der AG – ist auf Recyclingpapier mit mineralölfreien Farben auf Pflanzenölbasis klimaneutral gedruckt. Er trägt das Umweltzeichen „Blauer Engel“ und erscheint erstmals im Querformat in einem magazinähnlichen Layout.