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Schaeffler und E-Mobilität: Klotzen, nicht kleckern

Spannende Zeiten: Wohl nie zuvor standen Mobilitäts- und Energiesysteme vor einem folgenschwereren Wandel als heute. Viele Technologieunternehmen setzt das unter erheblichen Innovationsdruck. Wie der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler dem begegnet, zeigt dessen neuester Nachhaltigkeitsbericht. UmweltDialog hat ihn sich angeschaut.

31.07.2019

Klaus Rosenfeld, Vorsitzender des Vorstands der Schaeffler AG.
Klaus Rosenfeld, Vorsitzender des Vorstands der Schaeffler AG.

„Die Welt ein Stück sauberer, sicherer und intelligenter machen.“ Das ist das Ziel von Klaus Rosenfeld, dem seit 2014 amtierenden Vorstandsvorsitzenden der Schaeffler AG. Der studierte Betriebs- und Volkswirt hat dafür im vergangenen Jahr viel Geld in die Hand genommen und 847 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert, so viel wie niemals zuvor in der Unternehmensgeschichte, um, wie er es formuliert, „auch in Zukunft Innovationsführer zu sein“.

E-Mobilität mit eigenem Unternehmensbereich geadelt

Bis dato hatte Rosenfeld dabei ein glückliches Händchen. Er hat seinen Konzern frühzeitig auf die E-Mobilität eingeschworen. Sie bildet heute einen Eckpfeiler der Zukunftsstrategie „Mobilität für morgen“, neben der Digitalisierung und Industrie 4.0-Anwendungen. Wie wichtig die Elektromobilität für den Familienkonzern aus dem fränkischen Herzogenaurach ist, zeigt sich auch daran, dass alle Aktivitäten dazu seit Anfang 2018 zentral aus einem neuen Unternehmensbereich gesteuert werden.

Dahinter steckt mehr als eine kleine Anpassung im Organigramm. Rosenfeld investiert kräftig. Eine Milliarde Euro steht dem neuen Bereich E-Mobilität bis 2020 zum Aufbau zur Verfügung. Drei Kompetenzzentren wurden schon aus dem Boden gestampft: im baden-württembergischen Bühl, im chinesischen Anting und im US-amerikanischen Wooster. In das 2018 eröffnete Kompetenzzentrum in Bühl flossen alleine 60 Millionen Euro. 350 neue Stellen wurden hier vergangenes Jahr geschaffen.

Vollsortimenter für die elektrische Zukunft

Mit dem Schwenk auf die E-Mobilität scheint Rosenfeld den richtigen Riecher gehabt zu haben. Die konzernweiten Umsatzerlöse aus dem Bereich stiegen von 416 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 486 Millionen im Jahr 2018 – ein sattes Plus von rund 17 Prozent. Im Einzelhandel würde der Konzern als Vollsortimenter gelten: Sein E-Portfolio reicht mittlerweile von der elektrisch betätigten Kupplung über Bauteile und Antriebe für Hybridfahrzeuge bis zu kompletten elektrischen Antrieben für Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Komplette Fahrzeugkonzepte sind ebenso im Angebot.

Potenzial dafür sieht der Konzern unter anderem in rasant wachsenden Städten. Der „Schaeffler Mover“ wurde genau für sie entwickelt, im vergangenen April wurde das Konzeptfahrzeug erstmals öffentlich gezeigt. Das für den autonomen Betrieb ausgelegte Fahrzeug erinnert ein wenig an einen Rollkoffer auf Rädern, läuft vollelektrisch und taugt für unterschiedliche Aufbauten vom Robo-Taxi bis zum Lieferfahrzeug. Gegen den Verkehrskollaps in den Städten hat der Konzern auch die Ausgründung „Schaeffler Bio-Hybrid GmbH“ in Stellung gebracht. Erste Prototypen für den urbanen Individualverkehr konnte das Start-up Anfang des Jahres auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas vorstellen.

Schaeffler-Nachhaltigkeitsbericht 2018

„Grüne“ Mobilität für den Stadtverkehr

Die unter dem Konzeptnamen „Bio-Hybrid“ entwickelten Prototypen ähneln einem überdachten Roller mit vier Rädern, sind kaum breiter als ein normales Fahrrad und können emissionsfrei auch auf Radwegen fahren. Ihr elektrischer Antrieb bietet „Rückenwind“ bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Zwei Varianten sind in der Mache: Ein Cargo-Hybrid, etwa zum Warentransport, und eine Passenger-Variante, in der zwei Personen hintereinander Platz finden. Beide Prototypen stehen laut Schaeffler kurz vor der Serienreife. Ihre Markteinführung ist im Jahr 2020 geplant.

Richtig nachhaltig werden die Vehikel indes nur durch die Städte stromern, wenn sie Energie aus Sonne, Wind und Co. nutzen. Schaeffler hat sich daher zuletzt mehr und mehr auf die Geschäftschancen der gesamten Energiekette fokussiert, angefangen bei der Energieerzeugung. Für die Hersteller von Windkraftanlagen entwickeln die Franken zum Beispiel reibungsarme Komponenten zur Lagerung des Antriebsstranges, um dessen Leben zu verlängern. Eine Ferndiagnose der Anlagen und die vorausschauende Wartung bieten sie schon länger an. Außerdem kooperiert das Unternehmen mit CMBlu, um den Einsatz von nachhaltigen Strom-Großspeichern möglich zu machen. Diese werden mit Lignin, einem Abfallprodukt bei der Holzverarbeitung, betrieben, statt mit seltenen Erden. Mit diesen durch und durch „grünen“ Speichern können Last-Spitzen aus nachhaltig erzeugtem Strom abgefangen, gespeichert und dann beispielsweise während einer Wind-Flaute wieder abgegeben werden.

Fabrik von morgen

Und was bringt die Zukunft? Schaeffler-Vorstandsvorsitzender Rosenfeld sagt, ein Anliegen sei ihm, die „unternehmensinternen Aktivitäten zum Schutz der Umwelt und des Klimas künftig noch effektiver zu steuern“. Er hat dazu das Zukunftsprogramm „Agenda 4 plus One“ aufgelegt, unter dessen Dach zwanzig Initiativen den weiteren Wandel der Schaeffler Gruppe vorantreiben sollen. Eine davon beschäftigt sich mit sich der Fabrik von morgen. „Wir erproben und optimieren hier zahlreiche technologische Neuerungen“, sagt Rosenfeld. 

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Für die „Factory for Tomorrow“ will Schaeffler unter anderem Fertigungs- und Logistikprozesse digitalisieren, um Maschinen und Prozesse zentral steuern und effizienter betreiben zu können. Das Konzept sieht auch Nachhaltigkeitsstandards für die Beschaffung von Produktionsmaschinen und den Bau neuer Gebäude vor, ebenso ein systematisches Energiemanagement und den Einsatz ressourcen- und materialsparender Technologien.

An die Möglichkeiten einer nachhaltigeren Fabrik herantasten will sich der Konzern zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts über seinen zentralen Wareneingang in Herzogenaurach, wo künftig alle Prozesse rund um die Uhr mit Sonnenenergie laufen sollen. Klingt wenig spektakulär, könnte aber in 67 Tonnen weniger CO2-Emissionen jährlich münden – und immerhin in 45.000 Kilowattstunden überschüssiger Energie, die die Gruppe dann zum „Betanken“ von Elektrofahrzeugen nutzen will. Der „Schaeffler Mover“ dürfte damit einige Runden durch Herzogenaurach drehen können.

Über den Bericht

Die Schaeffler Gruppe hat Mitte Juli ihren Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2018 veröffentlicht. Er dokumentiert Ziele, Maßnahmen und Fortschritte in Sachen verantwortungsvolle Unternehmensführung und wurde dabei in Übereinstimmung mit den Berichtsstandards der Global Reporting Initiative (GRI) in der Option „Kern“ erarbeitet. Mit dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht wurden erstmals Leistungsindikatoren für drei Jahre ausgewiesen. Im Magazinteil des Berichts wird anhand acht konkreter Beispiele näher beleuchtet, wie Schaeffler seine Nachhaltigkeitsprojekte voranbringt. Im Online Nachhaltigkeitsbericht zeigt Schaeffler zudem weiterführende Informationen hinsichtlich seiner Nachhaltigkeitstätigkeiten. Zusammen mit dem Nachhaltigkeitsbericht hat die Schaeffler Gruppe einen zusammengefassten, gesonderten, nichtfinanziellen Konzernbericht gemäß CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz veröffentlicht.

Quelle: UmweltDialog
 

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