Reporting

CSRD-Reporting aus Sicht des Wirtschaftsprüfers

Die Notwendigkeit, sich mit der Regulatorik und Fragen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, ist unbestritten. Die Diskussion beginnt jedoch bei der Tiefe der Berichterstattung. Welche Rolle der Wirtschaftsprüfer dabei spielt, hat Dr. Jens Freiberg, Vorstandsmitglied bei BDO, auf dem Haufe ESRS Summit kompetent erläutert.

23.10.2024

CSRD-Reporting aus Sicht des Wirtschaftsprüfers
Dr. Jens Freiberg, Vorstandsmitglied bei BDO

Derzeit herrscht erhebliche Unsicherheit am Markt bezüglich der Frage, wie ein Nachhaltigkeitsbericht überhaupt gestaltet werden soll. Der Aufbau ist in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) klar definiert. Im Nachhaltigkeitsbericht dürfen ausschließlich wesentliche Informationen enthalten sein. Wenn der Wirtschaftsprüfer Informationen findet, die nicht auf die Wesentlichkeitsanalyse zurückgeführt werden können, wird dies auf die Liste potenzieller Einschränkungen des Bestätigungsvermerks gesetzt. Der Wirtschaftsprüfer wird sich nicht damit begnügen, den Bericht nur zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, sondern prüft auf Konsistenz und Konformität. Es werden Abstimmungen und Hinterfragungen durchgeführt.

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Die Nachhaltigkeitserklärung ist fester Bestandteil des Lageberichts, unterliegt jedoch in den ersten Jahren einer anderen Prüfungstiefe als der Lagebericht. Während der Lagebericht mit "Reasonable Assurance" geprüft wird, erfolgt die Prüfung des separaten Teils des Nachhaltigkeitsberichts mit "Limited Assurance". Bei einer Limited Assurance werden weder Prozesse noch Kontrollsysteme geprüft. Zu Beginn sollte der Fokus daher auf der Datenerhebung und der Genauigkeit der Datenprozesse liegen. Es ist außerdem notwendig, dass in der Geschäftsführung oder im Aufsichtsrat eine Fachperson vorhanden ist, die sich mit diesen Tätigkeiten und Themen auseinandersetzt. Wirtschaftsprüfer sollten kein Monopol auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten haben, sondern diese konstruktiv begleiten.

Der Hinweis zur Vermeidung doppelter Berichtspflichten bezieht sich auf die Verwendung von Verweistechniken. Niemand möchte Informationen doppelt erstellen, da dies stets das Risiko von Konsistenzbrüchen birgt. Beispielsweise kann in der deutschen Corporate Governance Erklärung etwas festgehalten werden, während im Vergütungsbericht, im Anhang oder im Nachhaltigkeitsbericht ähnliche, aber möglicherweise abweichende Informationen erscheinen. Dies führt zu einem erheblichen Prüfungsaufwand für Wirtschaftsprüfer, die sicherstellen müssen, dass in allen Dokumenten übereinstimmende Informationen stehen. Es wäre effizienter, die Informationen an einer Stelle zu erfassen und in allen weiteren Berichten darauf zu verweisen.

Offene Digitalisierungsfragen

Klingt unbürokratisch, aber daran gibt es einen Haken: Das geplante Gesetz enthält eine digitale Lösung XBLR (siehe dazu unseren Bericht), die über zehn Jahre alt und folglich veraltet ist und nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht. Die Idee dahinter ist, dass Informationen elektronisch getaggt werden, um maschinenlesbar zu sein. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Verschlankung eines Nachhaltigkeitsberichts. Die Bestrebung, auch aus Sicht der Wirtschaftsprüfer, sollte dahin gehen, einen integrierten Bericht zu erstellen, der durch Verlinkungen doppelte Aufzählungen vermeidet. Die Verpflichtung zum Tagging zwingt jedoch dazu, sämtliche Informationen in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen.

Die elektronische Erstellung bedeutet letztlich, dass Berichte nicht mehr primär als PDF-Dokument gelesen werden, sondern auf einer XML-Basis. Dies führt dazu, dass der Bericht, den man erstellt, für Menschen nicht direkt lesbar ist, sondern immer erst zurückübersetzt werden muss, um ihn verständlich zu machen. „Das ist total verfehlt“, findet Jens Freiberg. „Ich würde davon ausgehen, dass wir bis 2026 bessere Lösungen finden, damit wir kein elektronisches Tagging machen müssen.“ Besonders problematisch ist aus seiner Sicht, dass dieser Prozess sehr arbeitsintensiv ist, da Mitarbeiter die Verweise manuell setzen müssen.

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Prüfverfahren

Im aktuellen Regierungsentwurf ist vorgesehen, dass nur Wirtschaftsprüfer die Nachhaltigkeitsberichte prüfen dürfen, wobei besondere Bedingungen daran geknüpft sind, wie etwa die Zertifizierung der Wirtschaftsprüfer. Diese Zertifizierung kann jedoch, da das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, erst Ende 2026 nachgereicht werden. Dies führt dazu, dass Wirtschaftsprüfer im Jahr 2024 bereits mit der Prüfung beginnen, obwohl die Zertifizierungsanforderungen noch nicht erfüllt sind.

Mangels besserer Regeln kommt daher der sehr generische International Standard on Assurance Engagements 3000 (ISAE 3000) zum Einsatz: Üblicherweise enthält der ISAE 3000 keine Vorgaben, wie eine Einschränkung erfolgen soll. Eine Einschränkung bedeutet, dass ein Fehler festgestellt wurde, über den der Prüfer gesondert berichten möchte, oder dass eine Versagung erfolgt. Dies tritt ein, wenn aufgrund eines Prüfungshemmnisses kein Urteil abgegeben werden kann, oder wenn der Nachhaltigkeitsbericht derart fehlerhaft ist, dass der Prüfer keine Aussage dazu machen kann. Diese Varianten werden unterschieden. Nach ISAE 3000 kann ein besonderer Hinweis, wie zum Beispiel darauf, dass ein Unternehmen nicht in der Lage war, Scope 3-Emissionen auf sinnvolle Weise zu ermitteln und diese geschätzt hat, als „Emphasis of Matter“ (Hervorhebung von Sachverhalten in einem Bestätigungsvermerk) eingefügt werden. Dies ermöglicht es dem Wirtschaftsprüfer, sich von Haftungsfragen freizustellen.

Bei Streitfragen empfiehlt es sich, anstatt auf einer Position zu beharren, zu vereinbaren, dass ein Prüfungshemmnis vorliegt. Ein Prüfungshemmnis bedeutet, dass das Unternehmen nicht genügend Dokumentation bereitstellen konnte, damit der Wirtschaftsprüfer ein abschließendes Urteil fällen kann. Dies ermöglicht beiden Seiten, gesichtswahrend aus der Situation herauszukommen, obwohl dann jedoch kein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird.

Ausblick: Seit dem 30.09.2024 gibt es eine Empfehlung der Europäischen Wirtschaftsprüferaufsichtsbehörden (CEAOB) für Nachhaltigkeitsberichte (siehe separaten Bericht dazu).

Prüftiefe

Was braucht es in ein paar Jahren für eine hinreichende Prüfung? Unternehmen brauchen dann ein effektives, wirksames Kontrollsystem. Effektiv wirksam bedeutet nicht nur, dass sie einen Prozess beschreiben. Sie brauchen eine Risikoeinschätzung, sie brauchen Kontrollen. Das scheitert bei den meisten Firmen aktuell bei Nachhaltigkeitsaspekten und erhöht das Risiko für einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk oder sogar einen Versagungsvermerk. „Sie werden meist kein Segregation of Duties hinkriegen. Das ist schon das Erste, wo die meisten Unternehmen im Finanzbereich auf die Bretter gehen“, so Freiberg beim Haufe ESRS Summit. Sobald die Prozesse formalisiert, verschriftlicht und dokumentiert sind, wird der Wirtschaftsprüfer diese überprüfen; vorher erübrigt sich eine Diskussion über die Prozesse.

„Die DAX 40 Firmen werden bestrebt sein, den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erzielen. Ob das bei allen klappt, würde ich mit einem Fragezeichen versehen. Und das liegt nicht daran, dass die Prüfer besonders streng sind, sondern es liegt einfach daran, dass wir mit hoher Unsicherheit und einer Geschwindigkeit, die seinesgleichen sucht, hier Regeln auf die Unternehmen loslassen, die die Unternehmen fast gar nicht erfüllen können.“

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Gesetzeslage

Aktuell läuft in Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, da Deutschland die Umsetzung der relevanten Richtlinie verzögert hat. Dies liegt nicht an der Richtlinie selbst, die ausreichend lange zur Verfügung stand, sondern daran, dass Deutschland das Thema zu lange unbeachtet ließ. Andere Länder haben die Richtlinie vollständig umgesetzt, während in Deutschland noch kein fertiges Umsetzungsgesetz vorliegt, sondern lediglich ein Entwurf. Während in Frankreich und anderen Ländern die Umsetzung abgeschlossen ist und nationale Vorgaben, zum Beispiel im Umgang mit der Wesentlichkeitsanalyse und der Prüfung, vorhanden sind, gibt es in Deutschland bisher keine entsprechenden Regelungen.

Aufgrund der politischen Irrungen und Wirrungen ist dieses wichtige Thema zu einem Spielball der Politik geworden. Der aktuelle Stand ist eine Stellungnahme des Bundesrates vom 20. September 2024, in der eindringlich gefordert wird, den Prüfermarkt für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für andere Anbieter wie etwa den TÜV zu öffnen. Es wird betont, dass die Berichtslast für Unternehmen zu hoch ist und doppelte Berichtspflichten vermieden werden sollten. Außerdem wird empfohlen, eine engere europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich anzustreben.

Quelle: UD
 

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